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Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Speere, Messer und als Krönung ein Schwert. Diese Art zu schmieden war eine Kunst, die nur wenige Schmiede beherrschten. Klingen aus Damaszener Stahl waren begehrt und kaum zu bezahlen. Zudem hatte bereits Karl der Große aus dem Frankenland die Ausfuhr der im Rheinland hergestellten Schwerter verboten. Ein Schmied, der diese Kunst beherrschte, wurde von jedem König hofiert, oftmals aus fernen Ländern entführt, um ihn in die eigenen Dienste zu stellen. Und er besaß diesen Schatz, ohne es zu ahnen!
    Doch es war nicht allein die Schmiedekunst, die Viviane so einmalig machte. Es war ihre uneigennützige Liebe, ihre Hingabe, ohne sich aufzugeben, ihr Können, ohne sich damit zu brüsten. Es gab wohl keine Frau, die sich mit Viviane messen konnte.
    Er richtete es so ein, dass er immer wieder einen Blick ins Gesindehaus werfen konnte, wo Viviane fest schlief. Da lag sie, so sinnlich, mit entspanntem Gesicht, die dunklen Kränze ihrer Wimpern ruhten wie kleine Feenflügel auf den Unterlidern. Ihre Wangen hatten sich gerötet, sie hielt ihre Lippen leicht geöffnet, dass die Zähne wie verborgene Perlen dahinter schimmerten. Ihre Brüste hoben und senkten sich in tiefen Atemzügen. Wie ein unsichtbares Band zog es Thoralf zu ihr hin. Gleichzeitig durchströmte ihn eine feurige Welle.
    Nein, es schreckte ihn nicht ab, dass sie stark, selbstbewusst und klug war. Es gefiel ihm. Es gefiel ihm immer besser, je länger er darüber nachdachte. Am liebsten hätte er sie sofort in seine Arme genommen, um sie nie wieder loszulassen. Im Augenblick wirkte sie tatsächlich schutzlos. Der Schlaf hatte ihr den Panzer genommen, den sie sich hatte zulegen müssen, um all die Widrigkeiten ihres Lebens bestehen und überstehen zu können. Auf Zehenspitzen schlich er näher, beugte sich zu ihr hinab und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Dort war noch immer der schmutzige Streifen vom Schmiedefeuer. Liebe kleine Skolli!
    Sie bewegte sich etwas, murmelte im Schlaf, drehte sich auf die andere Seite und schlief weiter. Mit einem stillen Lächeln verließ er die Hütte.
     
    Der Mond rundete sich von einer schmalen Sichel zu einer fast vollkommenen Scheibe. Jede Nacht arbeitete Viviane an dem Schwert, schmiedete immer wieder neue Lagen aus Eisen auf das Blatt, formte es immer perfekter und tauchte es zuletzt in einen ätzenden Sud aus Eichenrinde. Auf wundersame Weise wurde eine feine Streifung des Metalls auf der Klinge sichtbar, so wie sie die Lagen geschmiedet hatte. Unablässig polierte sie das Schwert, bis es glänzte wie der Mond selbst.
    Oleif bekam die ehrenvolle Aufgabe, den Schwertgriff zu gestalten. Aus einem harten Stück Holz schnitzte er den Griff, glättete ihn und versah ihn mit Odins und Thors Zeichen. Mit feinen Lederstreifen wurde er dann so umwickelt, dass er geschmeidig in Thoralfs Hand lag.
    Am Tag, als sich der Mond rundete, trat Viviane vor Thoralf, das Schwert auf den Händen. Es war ein feierlicher Augenblick. Das spürten alle Bewohner von Skollhaugen. Sie versammelten sich schweigend, bildeten einen Kreis um Viviane und Thoralf.
    Viviane streckte die Arme vor. »Thoralf, Herr über Skollhaugen, hiermit übergebe ich dir das Schwert, das die Nornen prophezeit haben. Es soll dir zu deinem Recht und deinem Sieg verhelfen. Ich habe es gefertigt, wie es mein Vater mich lehrte. Der Stein vom Himmel aber verleiht ihm magische Kraft. Möge diese Kraft in deinen Arm fahren und ihn unfehlbar werden lassen.«
    Sie neigte den Kopf, während Thoralf mit angehaltenem Atem das Schwert in Empfang nahm. Er konnte seinen Blick nicht von Viviane wenden. Jedes Detail ihres Gesichts hatte sich ihm eingeprägt, die kleine steile Falte zwischen den geschwungenen Augenbrauen, wenn sie sich konzentrierte, die beiden kleinen Grübchen auf den Wangen, wenn sie lächelte, die feuchten roten Lippen, wenn sie nachdenklich mit ihren perlengleichen Zähnen darauf nagte, ihre Wimpernkränze wie Elfenflügel, wenn sie schlief.
    Doch dann richtete er den Blick auf das Schwert. Es war ihm noch immer unbegreiflich, dass Viviane es gefertigt haben sollte, auch wenn er es Nacht für Nacht mit eigenen Augen gesehen hatte.
    »Seit alters her wurden den Herrschern über das Schmiedefeuer und den Hammer hohe Ehren gezollt. Wer ein derartiges Schwert herzustellen vermag, der ist nicht nur ein Künstler, sondern bestimmt auch das Schicksal des Kämpfers in der Schlacht. In diesem Sinne besitzt er göttliche Macht. Ich stehe in Ehrfurcht und Dankbarkeit vor

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