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Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Fjord. Darüber spannte sich ein strahlend blauer Himmel mit langen Streifen weißer Wolken, die über die Gipfel zogen. Immer wieder erscholl dumpfer Hörnerklang, brach sich als Echo an den Berghängen. Man konnte nicht ergründen, woher die Signale kamen. Sie wurden von den Ruderern lautstark erwidert.
    Das Schiff glitt über das Wasser, die Mannschaft hielt die Ruder still, knapp über der Wasserlinie. Thoralfs aufmerksamer Blick richtete sich nach vorn. Noch war nichts zu erkennen außer vorspringenden Landzungen, auf denen beinahe halsbrecherisch dunkle Nadelbäume wuchsen.
    Während der ganzen Fahrt hatte sich Thoralf nicht um Viviane gekümmert. Er war zornig über ihr Verhalten, ihre Flucht, am meisten jedoch, dass sie ihn in seiner Ehre verletzt hatte. Auf seine Ehre legte Thoralf besonders großen Wert. Er war Händler, betrog niemanden und ließ sich nicht betrügen. Auf sein Wort war Verlass, ebenso auf seinen Handschlag. Dass er eine verkaufte Sklavin zurücknahm wie eine mangelhafte Ware, machte ihn wütend. Das würde Gerede geben in Ribe. Dabei waren es gerade die Geschäfte mit dem geraubten Gut, die ihm Reichtum einbrachten. Von einem kleinen rothaarigen Mädchen ließ er sich nicht an der Nase herumführen. So strafte er sie mit Missachtung. Doch genau das schien Viviane ganz recht zu sein.
    Nun jedoch erwachte sie aus ihrer selbst gewählten Lethargie. Noch nie hatte sie so eine gewaltige Landschaft gesehen. War das die Heimat von Thoralf, das Land der Wikinger?
    Der Fjord öffnete sich an seinem Ende zu einem grünen Amphitheater, einem sanft ansteigenden Rund von Wiesen, Feldern, Hainen, unterbrochen von kleinen Felsvorsprüngen. Auf halber Höhe thronte ein gewaltiges Bauwerk aus Holzstämmen, einer Festung gleich. Die übermannshohen Palisaden waren mit bunten Tüchern und Fahnen geschmückt, ein riesiges Tor stand offen. Eine farbenfroh gekleidete Menschenmenge erwartete sie winkend und jubelnd. Und nun erkannte Viviane auch die Hornbläser, die sich auf beiden Seiten des Fjords auf Felsvorsprüngen postiert hatten.
    Jetzt konnte sich auch Thoralfs Mannschaft nicht mehr zurückhalten. Der erste der Ruderer kletterte über die Bordwand und hüpfte waghalsig von Ruderstange zu Ruderstange. Er mochte sechs oder sieben Stangen bereits überwunden haben, als ihn ein Fehltritt unsanft ins Wasser stürzen ließ. Erschrocken schrie Viviane auf, doch der Verrückte hielt sich lachend und prustend an einem Ruderblatt fest, während der Nächste das gleiche Kunststück versuchte und ebenfalls im Wasser landete. Einer nach dem anderen schwangen sie sich nun auf die Ruderstangen, zum Vergnügen der Zuschauer an Land, die die Akteure lautstark anfeuerten. Auch Thoralf ließ es sich nicht nehmen, den Zuschauern sein Können vorzuführen. Ihm gelang es, alle Ruderstangen zu überwinden, ohne ins Wasser zu fallen. Am vorderen Ende blieb er stehen, reckte die Arme jubelnd in die Höhe, um dann mit einem kühnen Kopfsprung ins Wasser zu hechten. Mit kräftigen Stößen schwamm er an Land. Einige junge Männer nahmen ihn dort in Empfang, klopften ihm auf die Schultern und führten ihn dann bergan zu der wartenden Menge. Sie waren besonders prächtig gekleidet. Viviane vermutete, dass es sich dabei um vornehme Menschen handeln musste. Thoralf näherte sich ihnen ehrerbietig, ohne demütig zu wirken. Viviane kam nicht dazu, das Geschehen weiter zu beobachten. Das Schiff hatte angelegt, die Fracht wurde ausgeladen. Auch sie musste das Schiff verlassen.
    Urplötzlich kamen in Viviane wieder die Angst und der Hass auf die Seeräuber auf. Sie feierten ihren Raubzug, ihren Sieg, das Unglück der Besiegten. Jeden Jubelschrei empfand sie wie einen Peitschenhieb. Doch sie konnte weder flüchten noch sich verweigern. Ein Blick auf die umgebenden Berge und Wälder ließ Viviane schnell mutlos werden.
     
    Niemand kümmerte sich um sie. Sie wurde hin und her gestoßen, abgedrängt und blieb schließlich in der Nähe des Gesindes stehen, das sich auf beiden Seiten des Weges hinauf zur Holzburg aufgestellt hatte. Weiter vorn standen festlich gekleidete Männer und Frauen, die Männer mit prächtigen Waffen, die Frauen mit reichem Schmuck. Kein Zweifel, die Wikinger waren wohlhabend, selbst das Gesinde trug saubere, ordentliche, wenn auch nicht so farbenfrohe Kleidung.
    Ihrer aller Herr war ein älterer Mann, der auf einen Stock gestützt dastand. Viviane bemerkte auch schnell den Grund. Der Alte besaß nur ein Bein. Unter

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