Wogen der Sehnsucht
hüllte sie ein in diesem von Spannung erfüllten, riesigen hohen Raum, und Tristan war sich bewusst, wie heftig sein Herz klopfte, während er auf ihre Antwort wartete.
Und dann löste sie sich ganz langsam von ihm und machte einen Schritt zurück.
Und dann noch einen.
Und noch einen.
Tristan spürte, wie sein Magen sich zusammenzog und die Luft aus seinen Lungen wich. Adrenalin pumpte durch seine Adern. Lily hatte sich umgedreht und ging von ihm weg, den Mittelgang entlang auf die Tür zu, und für einen Moment konnte er nur einen Gedanken festhalten: wie wunderschön sie war, wenn das Licht der Lampen ihr Haar glänzen ließ, sodass es in der nach Weihrauch duftenden düsteren Kirche wie ein Heiligenschein leuchtete.
Und dann realisierte er endlich, was gerade passierte. Was er sah. Was sie tat.
Sie verließ ihn.
8. KAPITEL
Schmerz durchfuhr Tristan von irgendwo her, und vage wurde ihm klar, dass ihm sein Kiefer wehtat – von der Anstrengung, ihr nicht hinterherzurufen und sie aufzuhalten. Er fuhr herum und starrte wütend auf das imposante Altarbild, während er auf den Augenblick wartete, in dem die Tür am anderen Ende der Kirche hinter ihr zuschlagen und ihm signalisieren würde, dass es vorbei war und dass er sein normales Leben wiederaufnehmen konnte. Die Frauen und die Partys. Das Alleinsein, das er so schätzte.
Oder etwa nicht?
Die Tür schlug nicht zu.
Steif drehte er sich um.
Lily stand im Schatten am Ende der Kirche und sprach mit der Frau mit den Blumen. Während er zusah, legte sie eine Hand sanft auf ihren Arm und deutete auf das Kind. Das kleine Mädchen hatte aufgehört zu spielen und blickte schüchtern und mit einem beinahe ehrfürchtigen Ausdruck auf dem Gesicht zu Lily auf.
Die Mutter lächelte und nickte. Lily ging vor dem kleinen Mädchen in die Hocke, schob ihm das Haar aus dem Gesicht und machte aus den herumliegenden Blumen einen hübschen kleinen Strauß. Dann zeigte sie ihm, wie es die Blumen halten sollte, und das kleine Kindergesicht strahlte vor Freude und Stolz, als Lily sich wieder aufrichtete und es an die Hand nahm.
Und plötzlich verstand Tristan. Sie verließ ihn nicht. Sie machte es nur auf ihre Art, auf ihre störrische und entschlossene liebenswerte Weise, die ihn abwechselnd ärgerte und ihm Schuldgefühle bereitete.
Er spürte, wie die Anspannung aus seinem Körper wich, und merkte, dass seine Hände ein bisschen zitterten. Nicht vor Erleichterung, sagte er sich heftig. Er fühlte sich nur bestätigt, das war alles. Es war sein Stolz. Keine Frau hatte ihn bis jetzt jemals verlassen, und es fühlte sich ungewohnt an. Die Mutter des Kindes, die ihre Aufregung kaum verbergen konnte, holte schnell eine langstielige Rose aus ihrem Arrangement und gab sie Lily. Tristan beobachtete, wie sie sie akzeptierte und die Frau kurz umarmte, bevor sie mit dem kleinen Mädchen an ihrer Seite zu ihnen herüberkam.
Sie würde eine fantastische Mutter sein.
Der Gedanke tauchte ungebeten in seinem Kopf auf und sorgte für ein merkwürdiges Ziehen in seiner Brust. Sie hatte einen natürlichen Instinkt für Liebe und Freundlichkeit, der seine eigene Gefühllosigkeit wettmachen würde. Und, dachte er, während sie durch den Mittelgang auf ihn zuging, sie hat eine innere Stärke, mit der sie sich mir entgegenstellt.
Lily hob den Kopf, und ihr Blick suchte seinen. Ihre Augen waren weich wie Kaschmir und schimmerten entschlossen, als sie ihn ansah, und obwohl er es wollte, konnte er sich nicht von ihnen lösen.
Der Priester räusperte sich, offensichtlich versessen darauf, endlich mit der Zeremonie zu beginnen, und Tristan bewegte sich langsam zurück zu ihm, den Blick immer noch auf Lily gerichtet. Sie war jetzt so nah, dass er den dunklen Mittelpunkt in dem Grau ihrer Iris sehen konnte, nah genug, um ihren süßen Duft wahrzunehmen.
Nah genug, um sie zu berühren.
Seine Finger brannten vor Verlangen danach, und als der Priester über den heiligen Stand der Ehe zu sprechen begann, war sein Kopf angefüllt mit einem höhnischen Kaleidoskop von Bildern und Erinnerungen, die völlig unpassend für eine Kirche waren: Lily auf dem Feld in Stowell, golden und wunderschön in ihrem Kleid, das um ihre nackten Beine weht; Lily nackt im Turm, mit einer Haut, die silbern im Mondlicht glänzt und sich seidenweich anfühlt unter seinen Lippen …
Deswegen standen sie jetzt hier.
„Señor Romero?“
Alle blickten ihn an: der ältere Priester, das kleine Mädchen und Lily. Sie warteten
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