Wogen der Sehnsucht
auf ihn.
„Lo siento . Tut mir leid.“
Vater Angélico blickte ihn streng über den Rand seiner Brille an. „ Repetid después de mi. Yo, Tristan Leandro, te recibo a ti, Lily, como esposa y me entrego a ti .“
Beinahe zögernd nahm Tristan Lilys Hand in seine. Der Diamantring, den er ihr geschickt hatte, glitzerte an ihrem Finger, und er merkte plötzlich, dass er ganz falsch für sie war – zu protzig, zu kalt –, genau wie die Ehe, die sie im Begriff war einzugehen, dachte er verzweifelt. Wusste wie wirklich, auf was sie sich da einließ?
Natürlich wusste sie es nicht. Sie verstand ja nicht einmal das Ehegelübde. Er zögerte, dann sagte er auf Englisch: „Ich, Tristan Leandro, nehme dich, Lily, zu meiner Frau.“
Ein leises Lächeln erschien auf ihren erdbeerfarbenen Lippen.
Vater Angélico fuhr mit nüchterner Stimme fort, so als lese er einen Bericht aus dem Wirtschaftsteil der Zeitung vor. Tristan konnte die Worte nur mühsam herausbringen, die er niemals hatte sagen wollen. Und während er sie zu der Frau sagte, die vor ihm stand, wurde seine Stimme hart und sarkastisch.
„Ich verspreche, dir treu zu sein in guten wie in schlechten Zeiten, in Gesundheit und Krankheit.“ Sein Mund verzog sich zu einem ironischen Lächeln. „Dich zu lieben und zu ehren, bis dass der Tod uns scheidet.“
Lügen, alles Lügen. Während er vor dem Angesicht Gottes unter dem imposanten Marmoraltarbild mit all den Heiligenstatuen stand und Lily den einfachen goldenen Ring an den Finger steckte, fragte Tristan sich, welche Strafe ihn für diese Blasphemie erwartete.
Es gab immer eine Strafe. Das hatte er sehr früh lernen müssen.
Der Priester sprach jetzt mit Lily, langsam und betont, und Tristan hielt den Blick auf einen besonders streng blickenden Engel auf einem vergoldeten Sockel gerichtet, während sie die Worte in langsamem, stockendem Spanisch wiederholte.
Ihre Stimme war leise, aber sie schien bis an die hohe, zugige Decke der Kirche zu hallen, während sie ihm Liebe und Treue versprach. Leere Versprechen, erinnerte er sich erneut, aber als er den Priester ansah und dann die Frau mit den Blumen, konnte er sehen, dass sie alle aufmerksam lauschten, dass sie alle gerührt waren von der Zärtlichkeit in Lilys Stimme. Selbst der alte Mann mit dem Rosenkranz beobachtete sie, und auf seinem faltigen Gesicht lag ein merkwürdig trauriger Ausdruck.
Tristan wandte sich wieder ab und starrte in das Gesicht desselben verdammten Engels, wütend und verzweifelt darüber, dass er für den Namen seiner Familie, für seine Blutlinie und seine Geschichte bei dieser Scharade mitmachen musste.
Und dann berührte sie ihn.
Als sie die Worte sprach, die sie aneinander banden, hob sie die Hand und legte sie an seine Wange.
Er sah ihr in die Augen und spürte, wie Hitze in ihm aufstieg und die brüchige Kruste seiner äußeren Maske sprengte. Ihre Augen waren wie Mondlicht, sanft und doch so hell, dass es ihm wehtat, hineinzusehen, und sie schienen bis in die dunkelsten Orte in seinem Kopf zu leuchten. Als sie ihr Gelübde zu Ende gesprochen hatte, entstand eine kleine Pause, während das Echo ihrer atemlosen, leicht stockenden Stimme in der alten Kirche verhallte. Aber der Zauberbann, den ihre Zärtlichkeit über sie gelegt hatte, blieb.
In der Stille beugte Tristan langsam den Kopf und küsste sie ganz leicht auf die Lippen.
Es war eine Geste, nichts weiter. Teil des Schauspiels, um die romantischen Vorstellungen ihrer wenigen Zuschauer zu befriedigen. Doch als seine Lippen ihre berührten, spürte er, wie sich jede Faser und jeder Muskel in seinem Körper anspannte, während Feuer durch ihn hindurchlief. Er hörte, wie sie scharf die Luft einsog, spürte, wie sie sich ihm entgegenwölbte und die Lippen einladend öffnete. Die Rose, die sie in der Hand gehalten hatte, glitt ihr aus den Händen, als sie die Arme um seinen Hals schlang und seinen Kopf hielt; zärtlich, großzügig und liebevoll. Und dann war der Kuss keine Geste mehr.
Er war heiß und wirklich.
Wie aus großer Entfernung hörte Tristan Applaus. Er brach in die dunkle, private Welt, in die er sich zurückgezogen hatte, und riss ihn wieder zurück in die Realität. Er spürte, wie Lily an seinen Lippen lächelte, während sie sich sanft von ihm löste. Dann beugte sie den Kopf, ging in die Hocke und umarmte das kleine Blumenmädchen. Vater Angélico schüttelte Tristans Hand und wartete dann, bis Lily auch noch die Mutter des Mädchens umarmt hatte,
Weitere Kostenlose Bücher