Wogen der Sehnsucht
bevor er sie auf beide Wangen küsste.
Alle hatten feuchte Augen und lächelten.
Außer ihm natürlich. Alle außer ihm.
Draußen war es jetzt dunkel geworden, und das Licht der Laternen zu beiden Seiten der Kirchentür spiegelte sich wie zwei goldene Pfützen auf dem nassen Kopfsteinpflaster des Platzes. Die kalte Abendluft war angefüllt mit köstlichem Knoblauchgeruch aus dem Hotelrestaurant gegenüber.
Tristan ließ Lilys Hand in dem Moment los, in dem sie aus der Kirche traten, und sie spürte, wie das bisschen Hoffnung schwand, das in ihr aufgekeimt war, als er sie in der Kirche geküsst hatte. Beklommen dachte sie an das gerade abgelegte Gelübde, und ihre Kehle wurde eng, als ihr das Ausmaß dessen klar wurde, was sie da getan hatte. Für ihr Baby.
An diesen Gedanken musste sie sich klammern. Das hier war eine praktische Regelung für das Kind. Die glühende Hitze, die ihr Inneres in einen Vulkan aus heißem Verlangen verwandelt hatte, als Tristan sie küsste, hatte damit überhaupt nichts zu tun.
Er hielt ihr die Rose hin, die sie fallen gelassen hatte. Lily nahm sie und wagte nicht, ihn anzusehen, weil sie befürchtete, er könnte bemerken, wie sehr sie sich nach ihm sehnte. „Und was passiert jetzt?“
Er schob die Hände tief in die Taschen seines Jacketts und ging hinüber zum Brunnen. „Ich glaube, dass die Hochzeitsnacht normalerweise Champagner und Leidenschaft bedeutet“, erklärte er höflich. „Aber unsere Hochzeit kann man wohl kaum als normal bezeichnen.“
Enttäuschung durchzuckte Lily.
„Nein“, sagte sie, unfähig, die Traurigkeit aus ihrer Stimme zu halten, als sie ihm folgte und sich auf den steinernen Rand des Brunnens setzte. „Oder unsere Ehe.“
„Zweifel, Marquesa?“
Als er den ungewohnten Titel benutzte, hob sie überrascht den Kopf. Er stand vor ihr und blickte sie an. Seine Augen schimmerten im Licht der Laternen. Aber es war sein Mund, der ihre Aufmerksamkeit fesselte – sein geschwungener, sinnlicher Mund, den sie während der kurzen Hochzeitszeremonie die ganze Zeit angesehen hatte. Er bewegte die Lippen auf eine bestimmte Art, wenn er etwas sagte, sodass es aussah, als würde er die Worte liebkosen oder etwas unglaublich Sinnliches sagen, selbst wenn seine Stimme dabei kalt blieb.
„Ja“, erklärte sie heftig.
Tristan runzelte düster die Stirn und öffnete den Mund zu einer scharfen Erwiderung, aber Lily hob schnell die Hand und legte die Finger an seine Lippen.
„Ja“, wiederholte sie flüsternd. „Aber nicht an der Heirat. Sondern daran, was für eine Art Ehe wir führen werden.“
Einen Moment lang stand Verwirrung auf Tristans Gesicht, aber dann schien er zu verstehen, was sie damit sagen wollte, und seine Augen verdunkelten sich. Langsam, wortlos nahm er ihre Hand und zog sie zu sich heran.
„Bist du sicher? Du willst es, obwohl …“
„Ich weiß. Ich dachte, ich könnte es nicht ertragen, das Bett mit dir zu teilen … meinen Körper … wenn ich doch weiß, dass du mich nicht liebst. Ich dachte, das könnte ich nicht, aber jetzt weiß ich, dass ich es nicht ertragen könnte, wenn ich es nicht tue.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und fuhr mit den Lippen über sein Ohr, atmete den klaren, maskulinen Duft seines Haares ein, als sie hauchte: „Und ich will es jetzt sofort.“
„Tja, dann“, sagte er mit einer Stimme, die sie ganz schwach vor Sehnsucht machte, während seine Hände unter ihren Kaschmirschal und unter die Bluse glitten, die sie darunter trug. Lily keuchte auf, als seine Finger langsam über ihre nackte Haut nach oben fuhren und sich über ihre Brüste legten, sodass die aufgerichteten Knospen sich in seine Handflächen drückten. „Wie praktisch, dass direkt da drüben ein Hotel ist.“
Er ergriff ihre Hand und lief schnell über den Platz. „Hast du ein Zimmer gebucht?“, fragte sie atemlos.
„Nein, aber ich glaube nicht, dass das ein Problem ist.“
„Aber es ist Wochenende …“
Tristan blieb stehen und blickte sie ein paar Sekunden mit einem ernsten Ausdruck auf seinem schönen Gesicht an.
„Lily, du musst noch viel darüber lernen, was es bedeutet, eine Romero zu sein. Es hat viele, viele Nachteile“, er küsste sie lange auf den Mund, „… deshalb musst du versuchen, das Beste aus den Vorteilen zu machen. Glaub mir, sie haben ein Zimmer für uns.“
9. KAPITEL
„Okay. Also, erklär’s mir.“
Lily lehnte an der Wand des Hotelzimmers und unterdrückte ein Seufzen und den Drang, wieder
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