Wogen der Sehnsucht
Gebäuden standen. Neben dem Auto öffnete sich dunkel ein Torbogen. Ihr Herz fing an zu rasen. Der wortkarge Chauffeur stieg aus, und seine Schritte hallten von den hohen Wänden wider, während Lily zitternd im Fond sitzen blieb. Einen Moment später öffnete er die Tür und trat zurück.
Lily keuchte erschrocken auf, als sie einen Mann in dem dunklen Torbogen stehen sah. Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie aus dem Auto aussteigen sollte, um vielleicht noch die Chance zu haben, wegzulaufen, deshalb stolperte sie im gleichen Moment auf die Straße, in dem der Fremde in das schwindende Licht des grauen Nachmittags trat. Er war groß, schlank und muskulös gebaut, aber selbst in der Dämmerung konnte man seine scharf geschnittenen Wangenknochen und seinen sinnlichen Mund nicht übersehen.
„Tristan!“
Lilys Atem stockte, sodass sein Name wie ein ersticktes Krächzen herauskam, und plötzlich lag sie in seinen Armen, vergrub ihr Gesicht an seiner harten Brust, während Erleichterung sie durchströmte. Sie atmete seinen sauberen, warmen Duft ein, während sie darauf wartete, dass ihr Herzschlag sich beruhigte.
Er beruhigte sich nicht.
Tief in ihrem Becken spürte sie eine innere Hitze über ihre Nervenbahnen laufen, als sich seine Hände fest und stark um ihre Schultern legten.
„Was für eine unerwartet herzliche Begrüßung“, sagte er mit leisem Spott. „Kann ich davon ausgehen, dass du dir die Entscheidung über die Bedingungen unserer Ehe anders überlegt hast?“
„Nein!“, rief sie, und ihre Wangen glühten, während sie einen Schritt zurücktrat und ihren Kaschmirschal enger um ihre Schultern zog, um das Zittern zu unterdrücken, das durch ihren Körper lief. „Ich bin nur froh, dass du es bist und kein kaltblütiger Entführer mit einer Waffe und einem Erpresserbrief.“ Plötzlich kam ihr die Angst, die sie gerade noch empfunden hatte, dumm und kindisch vor. „Ich wusste nicht, wo wir hinfahren, und dein Fahrer war nicht gerade gesprächig.“
„Dimitri ist Russe. Er spricht kein Englisch und auch kaum Spanisch.“ Tristan wandte sich zu ihm um und sprach kurz in schnellem, fließendem Russisch mit ihm, was ein kurzes Lächeln über Dimitris düsteres Gesicht huschen ließ. „Er kümmert sich um dein Gepäck. Wir gehen von hier aus zu Fuß.“
Lily musste beinahe rennen, um mit seinen langen, schnellen Schritten mitzuhalten.
„Wohin gehen wir?“
„In die Kirche.“
„In die Kirche, in der wir heiraten werden?“
„Natürlich.“
Ein Schauer rann Lily über den Rücken, und eine Mischung aus Aufregung und Sorge überkam sie, als die Realität dessen, was sie dabei waren zu tun, ein bisschen näher rückte. Tristan lief ein Stückchen vor ihr über die schmale Straße, die Hände tief in den Taschen seines schwarzen Jacketts vergraben, den Kragen hochgeklappt.
Allein ihn anzusehen machte Lily weiche Knie.
Ein weiterer Steinbogen, durch den sie gingen, schluckte für einen Moment das Licht, und dann standen sie plötzlich auf einem kleinen Platz, der von allen Seiten von alten Gebäuden eingefasst wurde, die sich gegeneinanderzulehnen schienen. In der Mitte befand sich ein sechseckiger Brunnen, und Bäume streckten ihre Zweige in den zinnfarbenen Himmel.
„Oh!“ Lily blieb stehen und sah sich um. Abgesehen von einem Paar, das an einem der Tische vor einem Hotel in einer Ecke Kaffee trank, war der Platz leer. Die einzigen Geräusche waren das sanfte Plätschern des Brunnens und das Gurren der Tauben. Es war, als wären sie durch ein magisches Tor in eine andere Zeit getreten.
Ihr Blick kehrte zu Tristan zurück, der neben einer riesigen, mit überladenen Verzierungen versehenen Türöffnung stand, die in eine Wand voller verwitterter Steine eingelassen war, und sie lächelte. „Das ist wunderschön – so romantisch.“
Er verzog spöttisch den Mund. „Romantisch?“ Er schob eine schmale Tür in dem großen, imposanten Eingangsportal auf. „So hatte ich das bisher noch nicht betrachtet.“
„Tatsächlich? Du überraschst mich“, meinte Lily trocken und blickte unter ihren langen Wimpern zu ihm auf, während sie durch die Tür trat, die er für sie aufhielt. Für einen Moment blickte er sie düster an, dann lächelte er zögernd.
„Sie sollten es nicht zu weit treiben, Señorita Alexander“, murmelte er. „Denk dran, was ich dir gesagt habe. Wenn du mit dem Feuer spielst …“
„Ich habe es nicht vergessen.“
Lily betrat ein Gewölbe mit einem hohen Kuppeldach, und
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