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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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ich gern eine alte Familientradition der Cates auffrischen. Fasst ihr euch bitte alle an den Händen?«
    Mit der rechten Hand ergriff Max Amandas Hand, mit der linken die von Julia, ohne sie dabei anzusehen.
    Als alle miteinander verbunden waren, lächelte Ellie Cal zu. »Fängst du bitte an?«
    Einen Moment schaute er nachdenklich drein, dann lächelte er. »Ich bin dankbar für meine wunderschönen Töchter. Und dafür, zu Thanksgiving mal wieder in diesem Haus zu sein. Bestimmt vermisst Lisa uns alle sehr. Es gibt doch nichts Schlimmeres als eine Geschäftsreise an einem Feiertag.«
    Dann waren seine drei Töchter an der Reihe.
    »Ich bin dankbar für meinen Daddy ...«
    »... meinen kleinen Hund ...«
    »... meine tollen neuen Stiefel ...«
    Als Nächste kam Ellie. »Ich bin dankbar, dass meine Schwester wieder hier ist.«
    Julia lächelte. »Und ich bin dankbar für die kleine Alice hier, von der ich so viel gelernt habe.« Sie küsste die Kleine auf die Wange.
    Max konnte nur daran denken, wie warm sich Julias Hand in seiner anfühlte, wie gut ihm ihre Nähe tat. »Max?«, fragte Ellie schließlich.
    Alle schauten ihn an und warteten. Er sah Julia an. »Ich bin dankbar dafür, dass ich hier sein darf.«

Kapitel 19
    Der Winter brach über den Regenwald herein wie eine Horde gieriger Verwandter, die jeden verfügbaren Platz beanspruchen und alles Licht wegnehmen. Der Regen machte ernst in dieser dunklen Zeit des Jahres, und aus dem sanften, geheimnisvollen Nebel wurde ein beständiges Nieseln.
    Doch mitten in diesem trüben Wetter blühte Alice auf. Man konnte es nicht anders ausdrücken. Wie eine zarte Orchidee gedieh sie in diesem Haus, das sich Tag für Tag mehr wie ein Zuhause anfühlte. Zielstrebig und mit unermüdlichem Eifer widmete sie sich dem Erlernen der Sprache. Inzwischen reihte sie regelmäßig zwei Wörter aneinander manchmal sogar drei. Sie wusste genau, wie sie den beiden Frauen, die ihre Welt geworden waren, ihre Gedanken und Wünsche vermitteln konnte.
    So bemerkenswert Alices Veränderung auch war, konnte man die von Julia fast als noch erstaunlicher bezeichnen. Sie lächelte leichter und öfter, sie erzählte beim Essen entsetzlich schlechte Witze und tanzte beim geringsten Anlass ausgelassen herum. Irgendwann hörte sie auf, jeden Morgen zu joggen, und legte ein paar Pfunde zu, die sie dringend nötig hatte. Am wichtigsten aber war, dass sie ihr Selbstbewusstsein wiedergefunden hatte. Sie war ungeheuer stolz auf Alices Errungenschaften. Noch immer verbrachten die beiden nahezu jeden wachen Moment gemeinsam - sie stürzten sich in künstlerische Projekte, arbeiteten mit Buchstaben und Zahlen, machten lange Spaziergänge im Wald. Fast schien es so, als kommunizierten sie telepathisch, so nahe waren sie sich. Alice folgte Julia wie ein Schatten, und sie steckte nach wie vor ihre kleine Hand gern in Julias Hosentasche oder unter ihren Gürtel. Doch immer häufiger wagte sie selbstständig kleine Ausflüge. Ab und zu ging sie auch zu »Lellie«, um ihr etwas zu zeigen, was sie gemacht oder gefunden hatte. Beinahe jeden Abend las Ellie ihr eine Gutenachtgeschichte vor, während Julia ihre Beobachtungen notierte. In letzter Zeit hatte Alice sich angewöhnt, sich beim Vorlesen gemütlich an Ellie zu kuscheln. An besonders guten Abenden tätschelte sie Ellies Bein und sagte: »Mehr, Lellie, mehr.«
    Das alles hätte Ellie glücklich machen sollen, das wusste sie. So etwas hatten sich Mom und Dad immer für ihre Töchter erträumt, und dass diese familiäre Verbundenheit nun endlich in das Haus an der River Road zurückkehrte - nun, was konnte man sich Schöneres wünschen?
    Es machte Ellie glücklich.
    Aber dann auch wieder nicht.
    Die Traurigkeit war blass und selten zu sehen, wie ein Spinnennetz im tiefen Wald. Nur wenn man danach Ausschau hielt oder vom Weg abkam, stieß man darauf. Die neue und zärtliche Verbindung zu den beiden anderen unterstrich manchmal die Einsamkeit, die sie empfand. Eine Frau, die sich so oft verliebt hatte, rechnete doch nicht damit, ganz allein auf die vierzig zuzugehen. Obwohl sie sich für Julia freute, beobachtete Ellie manchmal das immer stärker werdende Band zwischen ihr und Alice, und das Herz tat ihr weh. Ob Julia es wusste oder nicht - oder ob sie es sich eingestand sie wurde für Alice mehr und mehr eine Mutter. Eines Tages würden die beiden das Haus verlassen, sich eine eigene Bleibe suchen, und Ellie würde wieder allein sein, wie zuvor. Nur würde es dann

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