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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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ganzen Persönlichkeit haftete etwas ausgesprochen Verführerisches an. Vielleicht war es seine Stimme, so leise und selbstbewusst, oder der Südstaaten-Singsang, der jedes Wort klingen ließ, als wäre es sorgfältig gewählt. »Haben Sie selbst Ihre Verteidigung übernommen?«
    »Nein, natürlich nicht. Die Anwälte haben gemeint, es gäbe zu viele Themen, bei denen ein Kreuzverhör lohnt. Ich wollte mich verteidigen und wäre bestimmt überzeugend gewesen. Darüber habe ich im Gefängnis viel nachgedacht. Da drin hat man viel Zeit, Dinge zu bereuen. Ich habe ein Vermögen für Privatdetektive ausgegeben. Der beste Hinweis kam von diesem Blumenmenschen, der ausgesagt hat, dass er einen Mann in einem gelben Regenmantel und einer Batmankappe in einem Lieferwagen auf der anderen Straßenseite vor meinem Haus hat sitzen sehen.«
    »Und?«
    »Wir haben ihn nie gefunden.«
    »Dann wünschen Sie sich also, Sie hätten ausgesagt?«
    »Ich weiß natürlich nicht, wie es ... wie es angekommen wäre. Die Leute halten mich bekanntlich für ein Monster.«
    »Sind Sie deshalb hier? Wollen Sie Alice - Entschuldigung, Brittany - dafür benutzen, Ihre Unschuld zu beweisen?«
    Er sah sie an, ohne den Ansatz eines Lächelns. Er wirkte so ehrlich, wie man es sich von einem Mann mit einer so problematischen Vergangenheit nur vorstellen konnte. »Wenn die Welt sieht, dass sie lebt, dann müssen doch alle ihre vorgefasste Meinung infrage stellen.«
    »Aber sie hat so viel durchgemacht.«
    »Ja«, meinte er leise und traurig. »Ich auch.«
    »Aber sie ist ein Kind.«
    »Mein Kind«, betonte er, und auf einmal sah sie durch das Bedauern, durch die Traurigkeit hindurch einen verletzten Mann, der bereit war, alles zu tun, um seinen Willen zu bekommen.
    »Ich glaube, Sie verstehen nicht ganz, wie traumatisiert sie ist. Als wir sie gefunden haben, war sie praktisch wie ein wildes Tier. Sie konnte nicht sprechen und ...«
    »Ich habe die Zeitungsberichte gelesen und mir die Videos angeschaut. Was glauben Sie, warum ich mit Ihnen spreche? Ich weiß, dass Ihre Schwester Brittany gerettet hat. Und trotz allem ist das Mädchen meine Tochter. Sie wissen doch selbst, was das bedeutet. Ich werde die besten Therapeuten für sie finden. Das verspreche ich Ihnen.«
    »Meine Schwester ist die Beste, genau das versuche ich Ihnen ja dauernd klarzumachen. Wenn Sie Alice wirklich lieben ...«
    Er stand auf. »Ich sollte jetzt gehen. Ich dachte, Sie sind eine richtige Polizistin und wissen, wie sehr ich meine Tochter liebe. Aber Sie sind hauptsächlich Julias Schwester, stimmt‘s? Anscheinend werde ich auch hier keine Gerechtigkeit finden.«
    Ellie wusste, dass es zu weit ging, seine Liebe zu seiner Tochter infrage zu stellen. »Sie werden das Kind zerstören«, sagte sie leise.
    »Tut mir leid, dass Sie so empfinden, Chief Barton. Ehrlich.« Er ging zur Tür und riss sie auf. Dann hielt er plötzlich inne und sah sich noch einmal um. »Dann sehe ich Sie - und Brittany - also morgen.«
    Ellie stieß einen Seufzer aus. Seine Worte - ich dachte, Sie sind eine richtige Polizistin - klangen ihr noch lange in den Ohren.
    In dem ganzen Chaos von Fakten und Gefühlen und Ängsten der letzten Tage hatte sie sich ganz auf Alice und Julia konzentriert und vergessen, dass sie auch einen Job zu erledigen hatte. Sie war Polizeichefin. Ihre Aufgabe war es, für Gerechtigkeit zu sorgen.
    * * *
    Die Nacht erschien Julia endlos. Schließlich, gegen drei Uhr, gab sie es auf, einschlafen zu wollen, und machte sich an die Arbeit. Stundenlang saß sie am Küchentisch, im Schein einer einzigen Lampe, und las über George Azelle.
    Sein Leben war ein Geflecht aus Andeutungen und Spekulationen. Nichts war jemals bewiesen worden.
    Frustriert schob sie die Papiere beiseite, schlüpfte in ihre Joggingschuhe und ging nach draußen, in der Hoffnung, die kühle Luft würde ihr guttun und ihren Kopf klarer machen. Schließlich musste sie heute auf Draht sein. Sie lief ein paar Meilen durch die Straßen, bis ihr alles wehtat und sie ganz außer Atem war. Es dämmerte schon fast, als sie wieder auf ihrer eigenen Auffahrt ankam, zu Hause.
    Gemächlich schlenderte sie zum Lieblingsangelplatz ihres Vaters, blieb dort eine Weile schwer atmend stehen und beobachtete, wie die Sonne langsam über die Baumwipfel stieg. Obwohl die Welt noch dunkel und kalt war, konnte sie sich gut daran erinnern, wie sie im Sommer hier mit ihm gewesen war, wie ihre kleine Hand fast in seiner großen, schwieligen

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