Wohin das Herz uns trägt
eine solche Idiotin. Da, jetzt ist es raus. Wir warten schon so lange darauf, dass du endlich aufwachst und siehst, was sich direkt vor deiner Nase abspielt, aber es schaut nicht danach aus, als würde etwas Derartiges passieren. Kaum taucht ein attraktiver Gauner hier auf, hast du für nichts anderes mehr Augen. Ich höre schon die Hochzeitsglocken. Wen kümmert es, dass er Alice von Julia wegreißen und uns allen das Herz brechen wird? Wo er doch so ein tolles Lächeln und so einen großen Pimmel hat - und genau weiß, wie er beides am besten zur Geltung bringt.«
»Erstens war es nur ein Kuss, ich war nicht an seiner Hose. Und zweitens ...«
Wortlos drehte Peanut sich um und ließ Ellie stehen.
Ellie rannte ihr nach. »Komm zurück, verdammt. Du kannst mir doch nicht so was an den Kopf werfen und dann einfach weglaufen.« Sie packte Peanut am Arm und zwang sie, sie anzusehen. Überall standen Reporter herum, aber das interessierte Ellie momentan nicht im Geringsten. »Ich hab mich nicht an ihn rangemacht, Peanut.«
»Nach allem, was ich gehört habe ...«
»Hast du verstanden, was ich gesagt habe? Ich hab mich nicht an ihn rangemacht. Nichts. Null. Nada. Er hat mich geküsst - und ich hätte was daraus machen können, doch das hab ich nicht. Er nimmt uns Alice weg, um Himmels willen! Wie kannst du nur denken, ich würde mit ihm schlafen?«
Aber Peanut runzelte die Stirn. »Wirklich? Du hast nicht ...?«
»Ich hab den Reißverschluss zugelassen, wie mein Vater zu sagen pflegte.«
»Warum?«
Jetzt war es an Ellie, die Stirn zu runzeln. »Alice ist wichtiger.«
»Für dich war doch sonst nichts wichtiger als ein gut aussehender Mann, Ellie.«
»Tja, die Dinge können sich ändern, oder nicht?« Ellie dachte darüber nach und musste grinsen. Plötzlich fühlte sie sich so frei!
»Ich bin stolz auf dich.« Lächelnd legte Peanut den Arm um sie, und zusammen gingen sie zu Peanuts Schreibtisch.
»Hey, wen hast du eigentlich vorhin mit ›wir‹ gemeint? Du hast gesagt, ihr habt beide darauf gewartet, dass ich endlich aufwache.«
Peanut zuckte die Achseln. »Irgendwann solltest du mal an all die Leute denken, die dich lieben, Ellie.« Sie warf einen raschen Blick auf ihre Armbanduhr. »Hey, musst du nicht zum Gericht?«
Erschrocken sah auch Ellie zur Uhr. »Verflucht! George ist schon weg.« Sie rannte zur Tür.
Als sie beim Gericht ankam, hatte es zu regnen begonnen. Kalte, eisige Tropfen fielen aus einem traurigen grauen Himmel. Sie parkte vor dem Gebäude und hastete die Stufen hinauf.
Fast in der Ecke, neben einer riesigen Topfpflanze, stand Julia. Die beiden Anwälte saßen am Richtertisch, George Azelle war ganz allein auf der linken Seite des Raums.
»Anscheinend sind alle anwesend«, stellte die Richterin fest und setzte die Brille auf. »Seit Sie das letzte Mal hier waren, hat sich einiges verändert.«
»Ja, Euer Ehren«, antwortete Azelles Anwalt.
Die Richterin sah Julia an. »Ich weiß, wie sehr Ihnen Brittany am Herzen liegt, Dr. Cates. Aber Sie wissen auch, wie das System funktioniert.«
»Ja.« Das Wort kostete sie alle Kraft, und sie kam sich plötzlich seltsam klein vor. »Ich weiß, dass Mr Azelle genauso ein Opfer ist wie Alice, und ich möchte nicht, dass er noch mehr leiden muss, aber ...« Sie hielt inne, nahm ihren Mut zusammen und sah die Richterin fest an. »Aber seine Bedürfnisse müssen hinter denen des Kindes zurückstehen.«
Stirnrunzelnd fragte die Richterin: »In welcher Hinsicht?«
»Alice sollte nicht von mir weggerissen werden. Sie liebt mich ... und vertraut mir. Ich kann ...« Ihre Stimme versagte, fing sich jedoch wieder. »Ich kann sie retten.«
Ellie trat neben Julia.
»Wird sie denn immer eine besondere Förderung brauchen?«, erkundigte sich die Richterin mit sanfter Stimme.
»Das weiß ich nicht«, antwortete Julia. »Sie hat so viel durchgemacht. Aber sie ist extrem intelligent. Ich glaube, sie kann ihre Vergangenheit überwinden, allerdings wird sie noch viele Jahre konstante Fürsorge und Behandlung brauchen.«
»Es gibt doch bestimmt Schulen für Kinder wie sie«, warf Azelle ein.
»Selbstverständlich«, bestätigte sein Anwalt. »Und auch andere Therapeuten, die sie behandeln können. Euer Ehren, Mr Azelle hat genug gelitten, wir dürfen seine Tragödie nicht noch verschlimmern, indem wir ihm ein zweites Mal seine Tochter wegnehmen.«
»Nein«, antwortete die Richterin. »Und ich bin sicher, dass Dr. Cates das weiß.«
Nun wandte sich Julia
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