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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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Die Creme de la Creme. Früh am Morgen, lange vor seinen Kumpels, war er allein in den Wald gegangen. Immer allein. So oft kam einer seiner Freunde - ebenfalls Holzschneider - ums Leben, dass es schon fast keine Überraschung mehr war. Doch er liebte es, sich die Steigeisen anzuschnallen, ein Seil zu packen und auf einen sechzig Meter hohen Baum zu klettern. Natürlich war dieser Job nur etwas für einen Abenteurer. Jeden Tag dem Tod ins Auge blicken und dazu die entsprechende Bezahlung.
    Sie hatten alle gewusst, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis es auch ihn erwischen würde.
    Julia trat aufs Gaspedal, viel zu heftig. Die alte Schrottmühle ruckte nach vorn, der Motor stotterte und starb. Sie ließ den Wagen wieder an. Fand den ersten Gang und fuhr weiter in Richtung des alten Highway.
    Kein Wunder, dass sie so lange im Krankenhaus geblieben war. Sie hatte sich eingeredet, dass es ihr um das Mädchen ging, darum, ihre Sache richtig gut zu machen, aber das war nur einer von vielen Gründen. In erster Linie hatte sie den Moment hinauszögern wollen, da sie zu dem Haus zurückkehren musste, das für ihren Geschmack viel zu viele Erinnerungen beherbergte.
    Sie parkte den Wagen und betrat ihr Elternhaus. Überall empfingen sie vertraute Umrisse und Schatten. Ellie hatte das Treppenhauslicht für sie angelassen, genau wie Mom es früher stets getan hatte, und der Anblick - wie das Licht sanft und golden über die abgenutzten Eichenstufen herabfiel - erfüllte ihr Herz mit Sehnsucht. Ihre Mutter war immer wach geblieben und hatte auf sie gewartet. In diesem Haus war sie nie ohne einen Gutenachtkuss zu Bett gegangen - ganz gleich, wie heftig Mom und Dad sich stritten. Erst mit dreizehn hatte sie den Schleier gelüftet; jedenfalls dachte sie inzwischen so darüber. Von einem Tag zum anderen hatte sie die Wahrheit über ihre angeblich so glückliche Familie erkannt. In dieser Nacht hatte ihre Mutter sie mit rot geränderten Augen und tränennassen Wangen empfangen. Julia hatte nur ein paar Fragen gestellt, da fing ihre Mutter auch schon an zu reden.
    Es ist dein Vater, hatte sie geflüstert. Ich dürfte es dir eigentlich nicht erzählen, aber ...
    Die folgenden Worte waren wie gut platzierte Sprengladungen. Sie zerrissen Julias Familie - und ihre ganze Welt. Am schlimmsten war, dass Mom so etwas Ellie nie erzählt hatte.
    Julia ging die Treppe hinauf, putzte sich in dem winzigen Bad neben ihrem Mädchenzimmer die Zähne, wusch sich das Gesicht, schlüpfte in den Seidenpyjama, den sie von Beverly Hills mitgebracht hatte, und ging in ihr altes Zimmer.
    Auf dem Kopfkissen lag ein Zettel. In Ellies raumgreifender Handschrift stand darauf: Sechs Uhr morgen früh Versammlung in der Kongregationskirche, um Unterbringung des Mädchens zu besprechen. Bitte sei um Viertel vor fertig.
    Gut. Ihre Schwester war also nicht untätig gewesen.
    Julia blieb noch eine Stunde auf und füllte die Formulare aus, die nötig waren, um als temporäre Pflegemutter zugelassen zu werden. Danach kletterte sie ins Bett und machte das Licht aus. Fast sofort war sie eingeschlafen.
    Um vier wachte sie mit einem Ruck auf.
    Einen Moment wusste sie nicht, wo sie war. Dann sah sie die Spieluhr mit der Ballerina auf dem weißen Schreibtisch, und die Erinnerung kam zurück. Und auch ihr Traum. Sie war wieder ein Kind gewesen - die klapperdürre, schüchterne Tochter von Big Tom Cates.
    Kurz entschlossen schlug sie die Decke zurück und stolperte aus dem Bett. In Windeseile war sie in ihre Joggingsachen geschlüpft und rannte den alten Highway entlang, vorbei am Eingang zum Nationalpark.
    Viertel nach fünf war sie zurück, außer Atem zwar, aber immerhin fühlte sie sich wieder erwachsen.
    Das blasse Licht vor der Morgendämmerung, so wässrig wie alles andere in diesem Regenwaldklima, funkelte durch die Hemlocktannen am Flussufer.
    Sie fasste nicht bewusst den Entschluss, sie wollte es auch gar nicht, doch ehe sie sich’s versah, marschierte sie durch den Garten zum Lieblingsangelplatz ihres Vaters.
    Geh ein Stück zurück, Kleine. Aus dem Weg. Ich kann mich nicht auf die Fische konzentrieren, wenn du da neben mir rumhängst.
    Kein Wunder, dass sie von hier weggezogen und nicht mehr zurückgekommen war. Alles war hier voller Erinnerungen - anscheinend gediehen sie genau wie die Bäume in dieser verregneten Gegend besonders gut.
    Entschlossen machte sie kehrt und ging zurück ins Haus.
    * * *
    Julia und Ellie waren vor allen anderen an der Kirche. Sie

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