Wohin der Wind uns trägt
vergnügt, und Jo fiel ein gewaltiger Stein vom Herzen.
Während Simon ihr von Weihnachten in England und von seiner Familie erzählte, hellte sich ihre Stimmung auf und ihre Zuversicht wuchs, dass alles ein gutes Ende nehmen würde.
»Ich liebe dich«, flüsterte sie noch einmal.
Nachdem sie aufgelegt hatte, machte sie sich auf die Suche nach Elaine. »Du wirst Simon bestimmt sympathisch finden, da bin ich ganz sicher, Gran«, sagte sie. »Er ist geduldig und verständnisvoll, und er fehlt mir so sehr.«
Elaine drückte Jo fest an sich.
»Du hast einen ganz besonderen Mann verdient«, erwiderte sie fröhlich. »Denn du bist ein ganz besonderes und mutiges Mädchen. Aber du musst dir ein wenig Ruhe gönnen, damit du dich nicht überforderst.«
»Ja, Gran«, entgegnete Jo lächelnd und trollte sich.
Nachdenklich ging Elaine in die Küche, um sich eine Tasse Tee einzuschenken. Sie machte sich Sorgen um Jo. Ihrer Ansicht nach hätte Bertie mehr Verantwortung in den Ställen übernehmen sollen, anstatt sich mit seinen reichen Freunden herumzutreiben. Zu viel Verantwortung lastete auf den Schultern des armen Mädchens, und obwohl Nina sich inzwischen wieder beruhigt hatte, war sie für Jo nicht unbedingt eine Unterstützung. Elaine runzelte die Stirn und wünschte sich, sie hätte mehr tun können. Offenbar trat Bertie zunehmend in die Fußstapfen seines Onkels Wayne, doch wenn sie Nina darauf ansprach, bekam diese nur wieder einen hysterischen Weinkrampf, und damit war Jo ganz und gar nicht gedient.
Eines sonnigen Nachmittags im März – es war einer von Jos seltenen freien Tagen – schlenderte sie mit ihrer Freundin Dianne Gibbs die Strandpromenade von Manly entlang. Die beiden alten Freundinnen aus dem Ponyclub hatten es vor einigen Wochen endlich geschafft, sich zu treffen. Dianne machte eine Ausbildung zur Hotelfachfrau in einem der großen neuen Hotels, die kürzlich am Strand von Manly eröffnet hatten. Die beiden jungen Frauen erzählten einander, was sie in den letzten drei Jahren alles getrieben hatten.
Jo stellte fest, dass sie schon lange nicht mehr so gelacht hatte wie heute. Es war wunderschön, einmal nicht an die Probleme des Alltags denken zu müssen. Das blaue Wasser glitzerte in der Sonne, und die Wellen brachen sich sanft an dem hellgelben Strand. Dünner Schaum säumte den Sand an der Wasserlinie. An einem Tag wie diesem erschien es Jo fast möglich, Simon zu heiraten und Australien zu verlassen. Sie holte das Foto heraus, das er ihr geschickt hatte. Es zeigte seine neueste Entdeckung, ein verfallenes altes Pfarrhaus am Stadtrand von Norwich. Das Haus war im typischen Norfolkstil aus rotem Backstein und Flintstein erbaut und besaß einen verwilderten Garten. Jo sah auf den ersten Blick, was Simon an diesem Haus begeistert hatte. Wenn man es gründlich renovierte und viel Mühe und Liebe hineinsteckte, würde es ein Schmuckstück werden. Das Beste war, dass es hinter dem Haus genug Platz für Ställe gab.
Die beiden jungen Frauen erreichten das Hotel, in dem Dianne arbeitete. Sie umarmten einander zum Abschied und verabredeten sich für Anfang der kommenden Woche. Jo schlenderte zurück zum Fährhafen und dachte dabei über ihre Freundin nach.
Dianne war schon immer sehr praktisch veranlagt und ehrgeizig und stellte Jo einige forschende Fragen über ihre Zukunftspläne, die sie nicht hatte beantworten können. Nicht bereit, sich den schönen Tag verderben zu lassen, beschloss Jo spontan, mit der Fähre zum Circular Quay, dem Hauptfähranleger im Zentrum von Sydney, und wieder zurück zu fahren.
Vergnügt überquerte sie die Gangway der Mary Jane, ging zum Bug des Schiffes und lehnte sich über die Reling, um das aufgewühlte Wasser zu betrachten. Die Sonne brannte auf sie hinunter, der Wind zauste ihr Haar, und die Gischt wehte ihr um die Nase, als das Boot ablegte. Jo fand diese Pause vom Alltag sehr erfrischend. Es waren nur wenige Passagiere an Bord, sodass sie ungestört die Ellenbogen auf die Reling stützen und die Boote aller Formen und Größen beobachten konnte, die gemächlich durch den belebten Hafen segelten. Zwei Windsurfer glitten über die Wellen, und in der Ferne tuckerte ein riesiger Tanker, begleitet von einem Lotsenschiff, langsam auf die berühmten Felsen der Sydney Heads und das offene Meer zu. Es war so schön, die Eindrücke in Ruhe auf sich wirken zu lassen und seinen Gedanken nachzuhängen.
In den Ställen hatte sich ein reibungsloser Ablauf eingespielt. Pete und
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