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Wohin der Wind uns trägt

Wohin der Wind uns trägt

Titel: Wohin der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCullagh Rennie
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entgegenzunehmen und sich wieder einmal eine Siegerschleife überreichen zu lassen. Es war zwar ein verhältnismäßig kleines Rennen, aber alle einflussreichen Leute waren gekommen. Sleepers Sieg – gemeinsam mit zwei weiteren ersten und einem zweiten Platz für ein anderes Kingsford-Pferd – hatte Jos Position in der Renngemeinde wieder gefestigt.
    »Mum und Dad scheinen in letzter Zeit sehr glücklich zu sein«, meinte Jo auf der Heimfahrt zu Phillip.
    Sleeper und die anderen Pferde wurden unter Petes Obhut im Pferdetransporter zurück nach Sydney gebracht.
    »Mein Gott, bin ich müde.«
    Sie streckte sich, lehnte den Kopf an Phillips Schulter und schloss die Augen. Ein zufriedenes Lächeln spielte um ihre Lippen, und aus dem Kassettenrecorder tönte leise Musik, während sie die Landstraße entlangrollten.
    Für Jo war es ein langer und anstrengender Monat gewesen, in dem sie sich abgemüht hatte, neue Besitzer anzuwerben und die Pferde zu Höchstleistungen anzuspornen. Dabei erinnerte sie jeder Blick auf den Kontoauszug daran, wie gefährlich nah sie vor dem Verkauf des Stalls gestanden hatten.
    Dann waren da die Szenen mit Bertie gewesen: Vergeblich versuchten sie ihn zu überreden, sich wegen seiner Spielsucht an einen Fachmann zu wenden. Nina stand die ganze Zeit am Rand eines Weinkrampfes.
    Dass Charlie inzwischen fast wieder der Alte war, vermittelte Jo jedoch neues Selbstbewusstsein. Sie unterstützte seine Auffassung, dass Bertie selbst für seine Fehler geradestehen musste, anstatt sich ausschließlich auf seine Familie zu verlassen. Deswegen herrschten unterschwellig ständig Spannungen, und Jo fragte sich, wie lange ihr Vater das wohl aushalten würde.
    Außerdem machte sie sich Sorgen um Bertie. Zumindest hatte sie in einem fünfminütigen Gespräch mit ihrem Anwalt klarstellen können, dass Berties Drohung, den Stall auch gegen ihren Willen zu verkaufen, absolut aus der Luft gegriffen war. Allerdings hatte er ihr nie verziehen, dass sie ihm vor dem Überfall die Hilfe verweigert hatte. Und beim Betreten eines Zimmers ertappte sie ihn häufig dabei, wie er hastig den Telefonhörer auflegte. Trotz ihrer Schuldgefühle und der Angst vor einem erneuten Überfall rieten ihr all ihre Instinkte davon ab, ihm jemals wieder Geld zu geben, auch wenn es ihr unmöglich erschien, ihm das ins Gesicht zu sagen. Manchmal fühlte sie sich von der Verantwortung erdrückt.
    Aber dann kamen Tage wie der heutige, die alle Mühe wert erscheinen ließen, dachte Jo glücklich und sog Phillips warmen, männlichen Geruch ein. Sein weiches Baumwollhemd kitzelte sie an der Nase, sie kratzte sich und kuschelte sich enger an ihn. Phillip war eines ihrer Probleme – oder auch nicht. Sie döste ein.
    Phillip, der – immer auf der Hut vor Känguruhs – in der Dämmerung die malerische Putty Road entlangfuhr, warf hin und wieder einen Blick auf Jo. Ihr Atem ging regelmäßig, und ihr warmer Duft stieg ihm in die Nase, wenn sie sich bewegte. Ihr langes Haar flutete wie Seegras über seinen Arm. Sehnsuchtsvoll erinnerte er sich an ihren kurzen Kuss. Im Siegestaumel um Sleepers ersten Platz hatte er sie in den Armen gehalten, sie herumgeschwenkt und ihre salzig-süßen Lippen geschmeckt. Alles war so selbstverständlich, so liebevoll gewesen, als wären sie füreinander bestimmt.
    Sanft legte er ihr den Arm um die Schulter, sodass sie sich in seine Armbeuge schmiegte. Als sie etwas brummelte und sich noch enger ankuschelte, steigerte sich sein Verlangen. Er besuchte mit ihr gern Rennen auf dem Land, denn sie fühlten sich einander stets näher, wenn sie zusammen die Stadt verließen.
    Fast wie ein altes Ehepaar, dachte er unruhig und war ärgerlich auf sich selbst, weil er es einfach nicht über sich brachte, Jo seine wahren Gefühle zu offenbaren. In seiner Gegenwart wirkte sie entspannt und zufrieden. Und dennoch stand Simons Schatten stets zwischen ihnen. Obwohl Jo ihn nie erwähnte, wusste Phillip, dass er auch weiterhin einen Platz in ihrem Herzen hatte. Phillip wünschte diesen Mann zum Teufel und beneidete ihn gleichzeitig. Wie war es ihm nur gelungen, eine so tiefe und dauerhafte Liebe in Jo zu wecken? Dennoch war er selbst, wie Phillip sich immer vor Augen hielt, der größere Glückspilz. Schließlich befand sich Simon am anderen Ende der Welt und glänzte durch Abwesenheit, während Jo sich warm und lebendig in seine, Phillips, Arme schmiegte. Er hielt am Straßenrand neben einem Koppeltor.
    »Aufwachen, Schneewittchen.

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