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Wohin der Wind uns trägt

Wohin der Wind uns trägt

Titel: Wohin der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCullagh Rennie
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einem Krüppel bekommt«, kreischte das Mädchen. Sie griff nach ihrem Pullover, trat die beiden umstrittenen Eimer um, erwischte dabei zwei weitere und stürmte hinaus.
    Angespannt machte Jo die Futterkammer sauber. Dann rief sie Les, damit er ihr half, allen Pferden neues Futter zuzuteilen. Zu guter Letzt zog Jo sich in ihr Büro zurück und zermarterte sich das Hirn, wie ausgerechnet Sally ihr so etwas hatte antun können. Sie verstand die Welt nicht mehr. Sahen wirklich alle in ihr die verwöhnte Göre, die sich nur ein bisschen mit den Pferden amüsieren wollte?
    Sie schüttelte den Kopf. Nein, sie durfte sich nicht unterkriegen lassen, aber es wurmte sie dennoch.
    Wie gerne hätte Jo jetzt zum Telefon gegriffen und Phillip von dieser Kränkung erzählt. Doch seit der Heimfahrt aus Tamworth war es zwischen ihnen nicht mehr dasselbe. Phillip behandelte Jo zwar wie immer – respektvoll und einfühlsam. Seine Sanftheit und Stärke sowie sein gesunder Menschenverstand vermittelten ihr nach wie vor Geborgenheit, aber sie spürte, dass er sich von ihr zurückzog. Sie konnte es nicht in Worte fassen, denn er war fröhlich und tüchtig wie stets und arbeitete härter als jemals zuvor. Aber er war stiller und ernster geworden. Ein paar Mal hatte sie ihn dabei ertappt, wie er – einen ihr fremden, wehmütigen Ausdruck in den Augen – in die Ferne blickte. Da sie nicht wusste, wie sie diese Entwicklung einordnen sollte, vertraute Jo sich ihm weiter an und fragte ihn um Rat, wenn es um die Pferde ging. Aber sie konnte nicht abstreiten, dass sich zwischen ihnen etwas verändert hatte.
    »Ich habe gehört, wie Sally sich vor den anderen Pferdepflegern damit gebrüstet hat, sie hätte etwas mit Dennis Cook, der häufig für Rosy reitet«, erklärte Pete ernst, als Jo ihm von Sallys fristloser Kündigung erzählte. »Es könnte Zufall sein, aber man weiß ja nie.«
    »Vermutlich«, erwiderte Jo nickend und ging mit finsterer Miene hinaus.
    Es war ihr zwar gelungen, eine Katastrophe abzuwenden, doch ihr Vertrauen in ihre Mitarbeiter hatte schwer gelitten.
    »Wem vertraust du eigentlich, Winks?«, erkundigte sich Jo bei dem alten Mann, als sie ihm abends beim Abschließen half. Winks schien ebenso ratlos wie sie.
    »Offenbar bist du jemandem auf den Schlips getreten. Ich würde auf der Hut sein, mein Kind.«
    »Ich dachte eigentlich, ich wäre vorsichtig genug«, entgegnete Jo bemüht zuversichtlich. Sie war fest entschlossen, sich nicht von diesem Zwischenfall entmutigen zu lassen. Dennoch fragte sie sich bedrückt, was wohl als Nächstes geschehen würde.
    Die Antwort erhielt sie drei Wochen später, und sie entpuppte sich als herber Schlag. Zuerst wurde Damien wegen zweimaliger Behinderung eines Gegners bei den Samstagsrennen für drei Monate gesperrt. Und als ob das nicht genug wäre, setzte jemand das Gerücht von Charlies Tod in Umlauf, worauf die Besitzer scharenweise der Kingsford Lodge den Rücken kehrten. Sie beschwerten sich, sie hätten dafür bezahlt, dass Charlie ihre Pferde trainierte, nicht eines seiner Kinder – und schon gar kein Mädchen.
    »Warum sind sie nicht schon früher gegangen, wenn das ihre Meinung ist?«, tobte Jo. Sie lief in Charlies Arbeitszimmer auf und ab, und ihre Wut wuchs mit jedem Schritt. »Auch wenn du nicht persönlich dabei bist, gewinnen wir doch die meisten Rennen, und … und …«
    Sie wirbelte zu ihrem Vater herum. »Himmel noch mal, Dad, wie lange muss ich noch beweisen, dass ich etwas kann, bevor sie mich endlich ernst nehmen? Ich habe es satt, mir anhören zu müssen, dass in Wirklichkeit Pete das Sagen hat. Verdammt, bin ich wirklich so unfähig?«
    »Du kennst die Antwort, Jo. Außerdem sind nur ein paar der Besitzer gegangen. Du kannst froh sein, dass du sie los bist. Es werden neue kommen, die ihre Pferde von dir ausbilden lassen wollen. Der Name Kingsford ist immer noch etwas wert. Das gilt für den Vater und für die Tochter. Mach einfach deine Arbeit, und überlass die Gerüchteküche und die Gefühlsausbrüche den anderen.«
    »Du hast leicht reden, Dad. Ich muss mich Tag für Tag mit den Problemen herumschlagen … und da wäre noch etwas. Ich weiß, dass Damien ein paar Mal wegen Behinderung verwarnt wurde, aber ich habe mir die Videos angesehen. Aus den Aufnahmen geht einwandfrei hervor, dass er in beiden Fällen von dem anderen Jockey abgedrängt wurde.«
    Zwar kam keines der beiden Pferde aus der Phantom Lodge, doch der zweite Reiter war Sallys Freund Dennis Cook

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