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Wohin der Wind uns trägt

Wohin der Wind uns trägt

Titel: Wohin der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCullagh Rennie
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Bemerkung, die Winks vor einigen Wochen gemacht hatte, umso lauter in den Ohren wider.
    Jo kochte vor Wut auf ihre Mutter und war fest entschlossen, den Preis für Rick zu gewinnen. Allerdings hatte sie sich noch immer nicht auf Fizzys Rücken gewagt.
    »Wir beide schaffen das schon«, seufzte Jo, streichelte die starke Schulter des Wallachs, legte ihm das Zaumzeug um und führte ihn zur Stalltür. Seine Hufe klapperten auf dem Steinboden. Ihre größte Stärke war das Turnierspringen, solange Fizzy die Ruhe bewahrte. Jo winkte Pete zu, einem jungen Pferdepfleger, der für sie schwärmte.
    »Fizzy mag seine neue Satteldecke«, rief sie ihm zu.
    Die Decke war dick und cremefarben und in einer Ecke mit dem gestickten Monogramm »BF« versehen. Pete errötete heftig und trollte sich.
    »Du musst reiten, um zu gewinnen.«
    Jo zuckte zusammen, als Winks hereinkam, einen Striegel in der Hand. Fizzy, der Jos Nervosität spürte, warf tänzelnd den Kopf hin und her und bewegte heftig seinen Schweif.
    »Winks! Ich habe dich gar nicht gehört«, rief Jo. Ihr Herz klopfte heftig.
    »Tja, hier bin ich, und du wirst jetzt auf dieses Pferd steigen. Also dreh ihn um, sattle ihn, und dann rauf mit dir.« Einen so strengen Tonfall hatte Jo bei Winks noch nie gehört. Da es schon später Nachmittag war, standen die anderen Pferde in ihren Boxen, und der Hof lag verlassen da. Winks rückte näher an Jo heran.
    »Es hat sich nämlich bereits herumgesprochen. Und wenn du dir schon Ärger einhandelst, dann gewinn wenigstens den verdammten Pokal.«
    Jo starrte Winks mit offenem Mund an.
    »Ich war auch einmal jung. Und ich kann schweigen wie ein Grab. Jetzt tu, was ich dir sage.«
    Lachend reichte Jo ihm Fizzys Zügel und ging Sattel und Trense holen.
    »Du brauchst einen Hilfszügel, damit er den Kopf unten hält. Schließlich habt ihr schon eine Weile nicht mehr zusammen gearbeitet. Er ist zwar ein sehr freundliches Pferd, aber manchmal ein bisschen verspielt«, rief Winks ihr nach und tätschelte Fizzys goldene Flanke.
    Mit einem Nicken hastete Jo in die Sattelkammer und kam mit den Ausrüstungsgegenständen wieder zurück auf den Hof gelaufen. Beobachtet von den anderen Pferden, sattelte Jo Fizzy rasch, zog den Gurt fest und vergewisserte sich, dass der Ring des Hilfszügels nicht über die Stopper rutschen und sich im Zaum verfangen konnte.
    »Also los. Rauf mit dir«, befahl Winks.
    Jo stellte einen Fuß in den Steigbügel und hielt inne. Ihr Puls hämmerte, und das Blut rauschte ihr in den Ohren.
    »Mach schon, Mädchen.«
    Jo war aschfahl geworden.
    Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie es nicht schaffte, sich am Sattel festzuhalten.
    »Steigst du allein auf, oder soll ich dir Beine machen?«
    Jo nahm den Fuß aus dem Steigbügel und drehte sich mit gequältem Blick zu Winks um.
    »Ich kann nicht«, murmelte sie und lehnte sich, mit den Tränen kämpfend, an den weichen, warmen Leib des Pferdes. Ihre eigene Stimme hallte ihr in den Ohren, wie sie damals Rick die Warnung zurief, und sie sah ihn vor sich auf dem Boden liegen. Winks legte den Arm um ihre bebenden Schultern und wartete ab. Er roch tröstlich nach Heu und abgestandenem Tabakrauch. Endlich hob Jo den Kopf.
    »Ich kann nicht«, wiederholte sie resigniert.
    Winks schloss ein Auge und öffnete es langsam wieder.
    »›Kann nicht‹, gibt’s nicht«, entgegnete er kopfschüttelnd. »Die Jugend von heute hat einfach keinen Mumm mehr in den Knochen.«
    Er ließ Jo los und reichte ihr die Zügel.
    »Und jetzt rauf auf den Gaul und Schluss mit dem Gejammer.«
    Im ersten Moment wusste Jo nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Dann stieg Wut in ihr auf. Der alte Mann verstand offenbar nicht, wovon sie sprach.
    »Ich kann nicht, kapierst du das denn nicht?«, schluchzte sie.
    Doch Winks packte sie am Bein, schob die andere Hand unter ihren Po und gab ihr einen Schubs.
    »Lass mich los! Ich kann nicht! Ich habe Angst!«, kreischte Jo. Trotz ihres Widerstandes gelang es Winks, sie in den Sattel zu hieven. Dann trat er keuchend einen Schritt zurück.
    »Schon besser. Meine Pumpe funktioniert offenbar noch prächtig, mein Kind«, japste er und klopfte sich auf die Brust. Jo zitterte noch immer und stammelte inzwischen mehr vor Wut als vor Angst. Wenigstens hatte sie es geschafft, nicht loszuheulen.
    »An die Arbeit.« Winks nahm Fizzy fest am Zügel und führte Pferd und Reiterin vom Hof zum Übungsgelände im Centennial Park.
    Als sie den Park erreichten, hatte Jo aufgehört zu

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