Wohin die Liebe führt
»Ich weiß bisher nichts, als was Sie mir telefonisch sagten und was ich in den Zeitungen gelesen habe. Vielleicht können Sie die Lücken ausfüllen.«
»Natürlich.« Er sah mich neugierig an. »Ich glaube, über Noras Beziehungen zu Riccio brauche ich nichts zu sagen?«
Ich schüttelte den Kopf. Ich kannte Nora.
»Sie hatten den ganzen Tag gestritten«, sagte er. »Soweit ich unterrichtet bin, wollte Nora diese Beziehung lösen - persönlich und geschäftlich. Sie forderte ihn auf, das Haus sofort zu verlassen. Er lebte einen guten Tag und wollte nicht fort.«
»Hatte Nora einen andern Jungen gefunden?« fragte ich.
Wieder der Seitenblick. Er zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht, und ich habe nicht danach gefragt. Die Polizei war schon am Tatort, als ich eintraf. Ich hielt es für unklug, danach zu fragen.«
»Ich verstehe«, sagte ich.
Wir fuhren wieder nach rechts, in die Market Street. »Allem Anschein nach war Riccio Nora aus ihrem Zimmer hinunter ins Atelier gefolgt - sie stritten sich immer noch. Dani war in ihrem Zimmer und machte Schularbeiten, als sie ihre Mutter aufschreien hörte. Sie rannte hinunter und sah Riccio drohend auf Nora zugehen. Sie griff nach dem Meißel, der auf dem Tisch lag, stürzte sich zwischen die beiden und stieß ihn Riccio in den Bauch. Als Riccio blutend zu Boden fiel, bekam das Kind einen Nervenzusammenbruch und fing an zu schreien. Charles kam ins Atelier gelaufen, hinter ihm Noras Zofe. Nora befahl Charles, über das Haustelefon den Arzt anzurufen, dann rief sie mich vom Ateliertelefon aus an. Ich sagte ihr, sie müsse sofort die Polizei benachrichtigen und ihr in jeder Weise behilflich sein, aber keine Aussage machen, ehe ich nicht dort sei. Zwanzig Minuten später war ich da. Die Polizei war schon zehn Minuten vor mir gekommen.«
Ich zerdrückte meine Zigarette im Aschenbecher. »Und nun die große Frage.«
»Ob Nora ihn getötet hat? Daran haben Sie doch gedacht?«
Ich nickte.
Er antwortete sehr langsam. »Ich glaube es nicht. Ich habe mit beiden gesprochen, ehe sie vernommen wurden. Das, was beide gesagt haben - jede allein -, war zu übereinstimmend, als daß man es in Frage stellen könnte.«
»Sie hatten Zeit zu verabreden, was sie aussagen.«
Er schüttelte wieder den Kopf. »Ich habe in solchen Dingen zuviel Erfahrung, um mich täuschen zu lassen. Außerdem waren beide nicht in der Verfassung, eine frisierte Geschichte zu fabrizieren. Nora und Dani waren nahe am Zusammenbrechen. Unmöglich konnten sie sich in diesem Zustand etwas Logisches ausdenken.«
»Und es gibt keine anderen Zeugen?«
»Nein. Keine.«
»Und was geschah weiter?«
»Dr. Bonner war noch vor mir gekommen. Er brachte Nora hinauf und gab ihr eine Spritze. Dann ließ ich Sergeant Flynn bei Ihnen anrufen, während ich mit Dani zum Polizeipräsidium fuhr, wo sie ihre Aussage machte. Ich las sie ihr vor, und obwohl ich ihr abriet, bestand sie darauf, sie zu unterschreiben. Vom Polizeipräsidium fuhr ich zum Jugendgewahrsam, wo Dani der Obhut des Jugendamts übergeben wurde. Zum Glück gelang es mir, den Bewährungshelfer dort zu bewegen, daß er den Jugendrichter selbst anrief, der auch auf Dr. Bonners Empfehlung hin Dani für die Nacht heimschickte. Ich brachte sie zu ihrer Großmutter - und von dort aus rief ich Sie dann an.«
Jetzt waren wir am Portola Drive und fuhren bergan. Ich sah mich um. Noras Jaguar war direkt hinter uns, und zur Linken konnte ich fast die ganze Stadt sehen, die sich dort unten ausbreitete. Rechts hatte ich den mir wohlbekannten Anblick eines Baugeländes. Wir kamen zu einer großen Tafel:
DIAMOND HEIGHTS
Hier hatte ich einst unseren Christbaum gekauft, damals, als Nora und ich jung verheiratet waren. Damals - daran dachte ich jetzt hatte ich dieses Gelände für mein erstes Bauprojekt vorgesehen. Aber das Problem der Abstützung am Hang war sehr schwierig, und deshalb hatte die Stadt ihre Zustimmung nicht gegeben. Nun war Baugelände rarer und deshalb teurer geworden. Offenbar war den Behörden ein Licht aufgegangen. Mit kritischem Blick betrachtete ich die fertigen Häuser. Man hatte gute Arbeit geleistet.
Ich blickte Gordon an. »Ehrlich: Aus welchem Grund haben Sie mich angerufen?«
Er zuckte die Achseln. »Ehrlich, ich weiß es nicht. Ich glaube, es ah rein gefühlsmäßig. Ich dachte, es ist gut, in einer solchen tät einen Mann wie Sie zur Seite zu haben.«
»So. und das dachten Sie trotz der Dinge, die Nora gesagt hat, als wir das letztemal vor
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