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Wohin du auch fliehst - Thriller

Wohin du auch fliehst - Thriller

Titel: Wohin du auch fliehst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haynes Elizabeth
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schon.« Abgesehen davon, dass es völlig aus heiterem Himmel kommt, dachte ich. Warum fragte er mich das, wo er doch wissen musste, dass es zu kurzfristig für mich war? Vorausgesetzt, ich hätte überhaupt mitfahren wollen. »Außerdem habe ich am Freitag meinen ersten Termin.«
    »Oh – natürlich. Das hatte ich ganz vergessen.«
    Das hast du nicht vergessen!, dachte ich, denn ich habe es dir noch gar nicht erzählt. Und Alistair hat es dir bestimmt nicht erzählt – warum sollte er? Ich war wieder mal dabei, ihm im Nachhinein etwas zu unterstellen, und grundlos stinksauer.
    »Ich möchte nur, dass du weißt, dass ich über das, was du mir gesagt hast, nachgedacht habe.«
    Ich antwortete nicht und leerte meine Tasse, um mein Unbehagen zu verbergen. Ich war nervös, meine Haut kribbelte, als trüge ich einen um zwei Nummern zu kleinen Pulli.
    »Ich denke, wir sollten es ganz langsam angehen lassen«, sagte er. »Ich möchte mir vorher sicher sein, dass es dir besser geht.«
    »Oh, wie zuvorkommend«, zischte ich.
    »Cathy …«
    »Was hältst du davon, wenn wir es so langsam angehen lassen wie jetzt gerade?«, sagte ich und stand so überstürzt auf, dass der Stuhl fast umgefallen wäre. »Oder wie wäre es, wenn wir es noch langsamer angehen und es gleich bleiben lassen?«
    »Das möchte ich nicht.«
    »Wie schön für dich. Hast du eigentlich schon mal überlegt, was ich vielleicht möchte?«
    »Was du möchtest?«
    »Ich möchte … ich möchte mich einfach normal fühlen. Nur ein einziges Mal. Ich möchte mich wieder wie ein normaler Mensch fühlen.«
    Ich ertrug es nicht mehr, mit anzusehen, wie er so gelassen und selbstsicher dasaß, also wandte ich mich ab und ging zur Tür.
    »Cathy, warte! Bitte.«
    Ich drehte mich um und sah ihn an. »Ich weiß nicht einmal, was du eigentlich empfindest«, sagte ich.
    »Wenn ich den Eindruck habe, dass du in der richtigen Verfassung dazu bist, werde ich dir sagen, was ich empfinde.«
    »Manchmal kannst du wirklich verdammt herablassend sein, Stuart.«
    »Okay«, sagte er, machte erst einen Schritt auf mich zu und dann noch einen. »Du möchtest wissen, was ich empfinde.«
    Ich nickte, rührte mich nicht von der Stelle, hob mein Kinn und war wütend genug, alles, was er für mich in petto hatte, über mich ergehen zu lassen, sei es nun verbaler oder körperlicher Art.
    »Hörst du mir zu?«
    Ich nickte. »Spuck’s endlich aus.«
    Und dann küsste er mich.
    Das kam völlig überraschend für mich. Er küsste mich, drückte mich in seinem zugigen Flur leicht gegen die Wand und legte seine Hand auf meine Wange. Sobald ich dachte, es wäre vorbei, küsste er mich erneut. Sein Körper war warm und fest an meinen gepresst. Er war viel größer als ich, größer als Lee, und sein Körper war athletischer. Ich hätte panisch Angst haben müssen. Ich hätte genau so reagieren müssen wie damals, als Rob vor zwei Monaten mehr oder weniger genau dasselbe auf der High Street getan hatte. Stattdessen schmolz ich dahin, entspannte meine verkrampften Lippen, und meine kalten Finger wurden warm.
    Nach einem langen Augenblick machte Stuart plötzlich einen Schritt zurück und sah mich mit hochgezogenen Brauen triumphierend an.
    »Oh«, sagte ich.
    Er ging noch einen Schritt zurück, Richtung Küche, und machte mir Platz.
    »So empfinde ich«, sagte er.
    »Aha.«
    Dann lächelte er breit und glücklich.
    Ich räusperte mich. »Nun, ich denke, das Thema sollten wir vertiefen – ein anderes Mal.«
    »Ja«, sagte er.
    »Vielleicht, wenn du aus Schottland zurück bist.«
    »Gern.«
    »Ich gehe jetzt nach Hause.«
    »Gut. Wir sehen uns nächste Woche.«
    Montag, 5. April 2004
    Heute wäre meine Mutter fünfundsechzig geworden. Ich habe mich oft gefragt, wie es wohl gewesen wäre, wenn sie noch gelebt hätte. Ob wir zusammen essen gegangen wären, ob ich sie zu einer Kosmetikbehandlung eingeladen hätte. Oder ob wir übers Wochenende irgendwohin gefahren wären. Dann fragte ich mich, ob wir wohl gute Freundinnen geworden wären, ob ich sie angerufen hätte, um mit ihr zu plaudern, um Trost zu suchen oder weil ich einfach nur eine freundliche Stimme hören wollte.
    Ich vermisste sie.
    Hätte sie noch gelebt, hätte mein Leben vermutlich eine andere Wendung genommen. Wären meine Eltern nicht beide in meinem letzten Jahr an der Uni gestorben, hätte ich mich vielleicht anders verhalten. Dann hätte ich mich vielleicht nicht jeden Abend betrunken und mit x-beliebigen Kerlen geschlafen, Drogen

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