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Wohin du auch fliehst - Thriller

Wohin du auch fliehst - Thriller

Titel: Wohin du auch fliehst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haynes Elizabeth
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trank einen Tee. Normalerweise setze ich mich in Cafés so weit wie möglich von der Tür weg, damit ich jeden sehen kann, der hereinkommt, und zwar bevor er mich sieht. Ich setzte mich ans Fenster. Zum Glück standen draußen Tische, an denen Leute saßen, sodass ich mich nicht zu verletzlich fühlte. Trotzdem war mir nicht ganz wohl dabei.
    Stuart hatte mir schon drei Nachrichten geschickt, vermutlich zwischen einem und dem nächsten Patienten. Wie es mir ginge, was ich so machte, so was eben. Ich schickte ihm eine Antwort.
    S, stell dir vor, ich bin shoppen in Camden! Soll ich dir was mitbringen? C x
    Er antwortete sofort.
    Soll das heißen, dass wir nächstes Wochenende gemeinsam shoppen gehen können? S x
    Ich musste lachen. Er hatte mich schon seit Ewigkeiten gebeten, mit ihm shoppen zu gehen. Und das ging nur, wenn er es als Ausflug tarnte, so wie damals, als wir nach Brighton gefahren waren.
    Ich musterte die Passanten, rechnete damit, jemanden zu sehen, der wie Lee aussah. Ich hoffte sogar darauf, um meine Reaktion zu testen. Doch kein Mann, der vorbeiging, keiner mit einer ähnlichen Statur schien diese Angst auslösen zu können.
    Es wurde Zeit, nach Hause zu gehen.
    Ohne groß darüber nachzudenken, ging ich zurück. Ich betrat den Laden. Die Verkäuferin lächelte mich an. »Hi«, sagte sie, »ich dachte mir schon, dass Sie zurückkommen.«
    Ich lächelte zurück. »Ich konnte einfach nicht widerstehen«, sagte ich, nahm das Oberteil und legte es auf den Ladentisch.
    »Welche Schuhgröße haben Sie?«, fragte sie und legte nachdenklich den Kopf schräg.
    »Neununddreißig, warum?«, fragte ich.
    »Die habe ich gerade reinbekommen.« Sie holte einen Schuhkarton unter dem Ladentisch hervor und hob den Deckel. Darin lagen rote Wildlederpeeptoes mit Riemchen. Echtes, kirschrotes Wildleder. Sie waren neu, vorne steckte sogar noch Papier drin. »Probieren Sie sie an!«, sagte sie. »Das ist zwar Größe achtunddreißig, aber man kann ja nie wissen.«
    Ich zog Turnschuhe und Socken aus und schlüpfte hinein. Sie passten. Es fühlte sich komisch an, wieder Stöckelschuhe zu tragen. Ich blickte auf meine Füße. Wie seltsam das alles war. Wie seltsam, dass ich solche Schuhe trug und mich wohl darin fühlte – ein wenig benommen vielleicht, aber wohl.
    »Ich nehme sie!«, sagte ich.
    »Wären zehn okay? Ich habe sie noch nicht ausgezeichnet.«
    »Klar.«
    Es war auch komisch, das Oberteil und die Schuhe in einer großen Tüte nach Hause zu tragen. Mir fiel Erins Geschenk wieder ein, das ich hatte loswerden müssen, ohne es berühren zu dürfen. Jetzt hatte ich sogar ein Oberteil, ein rotes Seidentop gekauft. Die Tüte war schwer, ich stellte sie im Bus auf den Sitz neben mir. Ich sah sie nicht an. Ich musste mutig sein und sie mitnehmen, wenn der Bus wieder auf der High Street war und ich ausstieg. Die ganze Rückfahrt über hatte ich große Angst, sie maß bestimmt um die fünfzig Punkte auf der Skala. Ich wartete darauf, dass sie weniger wurde, doch sie ließ nicht merklich nach.
    Ich nahm den Umweg über die Gasse, allerdings ohne zu trödeln. Ich schaute nur. Ich hatte jetzt Angst, Angst vor dem, was ich getan hatte. Ich kontrollierte die Eingangstür. Mrs Mackenzies Tür, während die Einkaufstasche am Fuß der Treppe stand und auf mich wartete. Ich stellte mir das rote Top vor, das zuckte, als wäre es lebendig.
    Es ist bloß Stoff, dachte ich. Es kann mir nichts anhaben.
    Trotzdem nahm ich die Tüte mit nach oben zu Stuarts Wohnung und ließ sie bei ihm im Flur stehen.
    Ich ging nach Hause und kontrollierte. Alles war in Ordnung. Sofort ging es mir besser. Die Besteckschublade ließ ich aus, auch das Badezimmer kontrollierte ich nicht. Ich machte mir einen Tee, aß einen Keks und fühlte mich gut.
    Das war schon mal ein Anfang.
    Sonntag, 13. Juni 2004
    Ich schlief nicht viel, mir war kalt. Keine Position war angenehm; alles tat mir weh. Als ich das Licht durch die Vorhänge fallen sah, wusste ich, dass ich ein wenig geschlafen hatte, konnte mich aber nicht daran erinnern.
    Ich schluchzte leise bei dem Gedanken, was nur aus mir geworden war. Ich hatte jeglichen Kampfeswillen verloren. Ich wollte aufgeben, wollte nur noch, dass es vorbei wäre. Ich schämte mich.
    Und als sei das alles nicht schon schlimm genug, konnte ich nur noch an Naomi denken.
    »Naomi?«, fragte ich.
    »Ich kannte sie von der Arbeit. Sie war eine Informantin und war mit dem Typen verheiratet, hinter dem wir her waren. Ich hatte sie

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