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Wohin du auch fliehst - Thriller

Wohin du auch fliehst - Thriller

Titel: Wohin du auch fliehst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haynes Elizabeth
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der mich von der anderen Seite des Supermarkts aus angestarrt hat«, fügte ich hinzu.
    »Mit anderen Worten, aus einer beträchtlichen Entfernung.«
    Ich wollte über die zweite Möglichkeit gar nicht nachdenken. Ich versuchte, ihn mit einem langen, intensiven Kuss abzulenken. Er konnte wunderbar küssen, ohne gleich mehr zu wollen.
    »Wirst du es tun?«, fragte er schließlich ganz ruhig und mit seinem Gesicht an meinem.
    »Was?«
    »Mit mir zusammenziehen.«
    »Ich denk drüber nach«, sagte ich. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass er sehr viel mehr erwartet hatte.

    Samstag, 13. Juni 2004
    Er ließ mich fast den ganzen Tag allein. Ab und zu fragte ich mich, ob er ausgegangen war, doch dann hörte ich aus irgendeinem Teil des Hauses Geräusche, und mir wurde klar, dass er es nicht verlassen hatte. Er hämmerte irgendwo herum – in der Garage? Was machte er bloß?
    Ich verbrachte ein wenig Zeit damit, aus dem Fenster zu schauen, in der Hoffnung, dass mich irgendjemand sehen würde. Ich schaute zum Nachbargarten hinüber und hoffte verzweifelt, dass jemand herauskäme. Dann würde ich ans Fenster hämmern. Ich versuchte, mit den Handschellen gegen die Scheibe zu schlagen, aber das Geräusch war so entsetzlich laut, dass ich fürchtete, er würde sofort die Treppe heraufeilen. Aber auch das wäre im Grunde sinnlos gewesen, niemand konnte mich hören – außer ihm.
    Das Wetter war umgeschlagen, es war regnerisch und windig geworden und wirkte eher wie Oktober statt Juni. Ich saß mit dem Rücken zur Wand und wartete darauf, dass er käme. Ich betrachtete meine Handgelenke, den Schorf, der sich als dünne Kruste über die Wunden gelegt hatte, die mir die Handschellen gestern beigebracht hatten. Wenn ich mich zu sehr bewegte, würden die Wunden wieder aufgehen, also hielt ich still. Die drei mittleren Finger meiner rechten Hand ließen sich nicht beugen, die Haut war violett und fleckig, aber die Schwellung war ein wenig zurückgegangen. Ich war froh, dass ich keinen Spiegel hatte. Mein Auge war immer noch fast zugeschwollen, mein Ohr summte.
    Als es langsam dunkel wurde, merkte ich, dass mich Erschöpfung und Durst überwältigten, also legte ich mich wieder hin und hüllte mich in die Decke. Ich musste geschlafen haben, denn als ich erwachte, stand er über mir, und ich roch etwas, obwohl meine Nase gebrochen war.
    »Steh auf!«, sagte er mit fester Stimme, aber nicht wütend. Mir tat alles weh, mühsam setzte ich mich auf. Licht aus dem Flur fiel herein, und ich sah auf dem Boden eine Tüte Pommes und einen Kübel Wasser stehen. Diesmal roch es nicht nach Bleiche. Ich widerstand dem Drang, meinen Kopf hineinzustecken und alles auf einmal auszutrinken.
    Er drehte sich um und zog die Tür hinter sich zu.
    »Danke«, rief ich ihm heiser hinterher, dann hielt ich den Eimer schräg und begann, mir Wasser in den ausgedörrten Mund zu schütten.
    Das Licht ging aus, die Tür wurde abgeschlossen. Nach ein paar Minuten legte ich mich auf den Teppich und zog so gut es ging die Decke um mich. Der Gestank von Pisse, Blut und Bleichmittel stieg mir in die Nase. Ich musste an Naomi denken und überlegte, wie viel Zeit mir wohl noch blieb.
    Montag, 14. Juni 2004
    Als ich die Augen öffnete, war mein erster Gedanke: Heute sterbe ich.
    Ich wusste es aufgrund der Schmerzen. Sie hatten ein neues Ausmaß erreicht und überrollten mich wie ein Zug, als ich die Augen aufschlug.
    Ich schwitzte und zitterte, und obwohl ich über Stunden hinweg immer wieder bewusstlos gewesen sein musste, war ich plötzlich hellwach und wieder völlig klar.
    In der Nacht war das Blut zwischen meinen Beinen dermaßen heftig herausgeflossen, dass ich dachte, er müsste mir innere Verletzungen beigebracht haben, woraufhin ich nun in meinem eigenen Gästezimmer verbluten würde. Er musste gar nichts weiter tun. Ich würde ganz einfach an den Folgen dessen sterben, was er mir schon angetan hatte.
    Obwohl er mir etwas Essen gebracht hatte, war ich zu schwach, um mich zu bewegen, um Halt auf dem Teppich zu finden und aufzustehen. Also blieb ich liegen. Plötzlich war der Schmerz überall, aber vor allem in meinem Unterleib.
    Eine Zeit lang schwankte ich erneut zwischen Bewusstsein und Bewusstlosigkeit und träumte sogar, es bis nach New York geschafft zu haben. Ich schlief in einem breiten Bett vor einem großen Fenster mit Blick auf die Freiheitsstatue, den Central Park, das Empire State Building und den Hoover Dam. Ich hatte Bauchweh, weil ich zu viel

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