Wohin du auch fliehst - Thriller
sagen?«
»Dafür gibt es viele Gründe.«
»Wirst du es mir irgendwann erzählen?«
»Vielleicht. Aber nicht jetzt.«
»Ist es was Schlimmes?«
»Manchmal.«
Er verstummte. Ich spürte, wie er mit seiner Hand über mein Haar fuhr und es mir liebevoll aus dem Gesicht strich.
»Jede andere Frage beantworte ich dir gern«, sagte er.
»Bist du verheiratet?«, fragte ich.
»Nein.«
»Mit jemandem zusammen?«
»Nein.«
Ich dachte einen Augenblick darüber nach. »Werde ich es irgendwann bereuen, mich in dich verguckt zu haben?«
Er lachte kurz und küsste mich sanft auf die Wange. »Vermutlich. Sonst noch was?«
»Bist du ein guter oder schlechter Mensch?«
»Das hängt ganz davon ab, ob du gut oder schlecht bist.«
Ich dachte über seine Antwort nach und beschloss, dass sie ziemlich schlau war.
»Wirst du jetzt regelmäßig mit Verletzungen vor meiner Haustür stehen?«
»Ich hoffe nicht.«
»Und was ist dem anderen Kerl passiert?«
»Welchem anderen Kerl?«
»Der, mit dem du dich geprügelt hast.«
Schweigen.
»Er ist im Krankenhaus.«
»Oh.«
»Aber er wird es überleben.«
»Werde ich dich meinen Freunden vorstellen können?«
»Noch nicht, aber bald. Wenn du das möchtest.«
Er fuhr mit seiner Hand über meine Wange, dann seitlich über meinen Hals und streichelte mich sanft. »Sonst noch irgendwelche Fragen?«
»Würdest du noch einmal mit mir schlafen?«
Seine Lippen berührten die meinen. »Ich könnte es versuchen.«
Samstag, 24. November 2007
Kurz vor vier Uhr früh bekam ich eine Panikattacke. Zuerst hatte ich versucht, ein wenig zu schlafen, doch das war mir natürlich nicht gelungen. Ich lag im Bett, dachte über alles nach und versuchte gleichzeitig, nicht darüber nachzudenken. Ich hatte mich in Gefahr gebracht, weil ich das Haus verlassen hatte. Und die Wohnung war auch nicht mehr unversehrt, genau wie ich, auch wenn das alles draußen auf der Straße passiert war. Ich konnte seine Anwesenheit überall spüren. Es gab nur eines, wodurch ich mich vermutlich besser fühlen würde, also stand ich auf und begann, die Wohnung zu kontrollieren.
Doch der erste Kontrollgang linderte die Angst nicht. Da wurde mir klar, dass das daran lag, weil ich mich immer noch schmutzig fühlte. Also riss ich mir die Kleider vom Leib und warf sie in einen schwarzen Müllsack. Ich leerte meine Handtasche auf der Arbeitsplatte in der Küche aus, stopfte auch sie in den Müllsack und stellte diesen ins Treppenhaus.
Dann ging ich unter die Dusche, schrubbte mich von Kopf bis Fuß ab und versuchte, Robin abzuwaschen. Als ich damit fertig war, war meine Haut gerötet. Ich putzte mir die Zähne, bis mein Zahnfleisch blutig war, gurgelte mit Mundwasser und schlüpfte in eine frische Jogginghose und ein Sweatshirt.
Danach kontrollierte ich noch einmal die Wohnung. Ich machte es nicht gut. Als ich eine halbe Stunde später immer noch auf dem Toilettendeckel stand und das blöde Badezimmerfenster kontrollierte, das sowieso nicht aufging, wurde mir klar, dass ich mich nach wie vor schmutzig fühlte. Die Tränen, die über meine Wangen liefen, beschmutzten meine warme Haut.
Ich zog alles wieder aus. Die Klamotten, die ich soeben aus dem Schrank geholt hatte, landeten im Wäschekorb.
Ich stellte mich wieder unter die Dusche. Volle dreißig Minuten ließ ich das Wasser über meine Haut laufen, die von der letzten Dusche noch wund war, und versuchte mir einzureden, dass ich sauber war.
Es ist nichts zurückgeblieben, sagte ich mir. Er ist weg, spurlos verschwunden.
Aber ich fühlte mich immer noch nicht sauber, holte erneut meine Nagelbürste und die antibakterielle Seife und begann mich zu schrubben. Als ich fertig war, lief rosafarbenes Wasser in den Abfluss. Das rief Erinnerungen in mir wach, die wie eine alte Wunde schmerzten.
Ich saß in ein sauberes Handtuch gehüllt auf dem Badewannenrand und zog ein frisches Oberteil und frische Leggings an, die ich vom Wäscheständer genommen hatte. Eine schlimme Panikattacke, ich kam nicht weiter. Der Drang, wieder von vorne zu beginnen, es diesmal richtig zu machen, nur noch ein einziges Mal, um auch ganz sicher zu sein, dass die Wohnung absolut sicher war, war überwältigend.
Mir war kalt, ich zitterte, und meine Kleider kratzten auf der Haut, statt den Schmerz zu lindern.
Ich tat das Einzige, was mir in dieser Situation übrigblieb: Ich kehrte zur Wohnungstür zurück und begann erneut, sie zu kontrollieren.
Um halb acht war ich so müde, dass ich es
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