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Wohin du auch fliehst - Thriller

Wohin du auch fliehst - Thriller

Titel: Wohin du auch fliehst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haynes Elizabeth
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dem nassen, schaumbedeckten Sand. Lee wickelte sich den tropfnassen, eiskalten Stoff um die Finger und brachte ihn mir zurück.
    Wir gaben uns geschlagen und liefen Hand in Hand zum Dorf zurück. Der Meerduft war allzu verlockend, also suchten wir in einer Pommesbude Unterschlupf. Die Stille, die uns plötz lich umgab, war fast ohrenbetäubend. Wir kauften uns eine Portion Fritten, die wir uns teilten, und setzten uns mit geröteten Wangen an den Resopaltisch am Fenster, sahen durch die beschlagenen Scheiben den Leuten zu, die mit wehenden Mänteln und Hosen herumliefen.
    »Ich wünschte, alle Tage wären so«, sagte ich.
    Lee beobachtete mich nachdenklich wie so oft. »Du solltest deine Arbeit aufgeben«, sagte er.
    »Was?«
    Er zuckte die Achseln. »Die Arbeit aufgeben. Dann könnten wir immer, wenn ich frei habe, solche Tage verbringen.«
    Ich lachte. »Und wovon soll ich dann leben?«
    »Ich habe genug Geld für uns beide. Wir könnten uns eine gemeinsame Wohnung nehmen.«
    Zuerst dachte ich, er scherze, doch er meinte es ernst. »Ich liebe meine Arbeit«, sagte ich.
    Das brachte ihn zum Lachen. »Du beschwerst dich doch ständig über sie«, rief er mir ins Gedächtnis.
    »Ich möchte sie trotzdem nicht aufgeben. Aber danke, das klingt verlockend.«
    Draußen fuhr langsam ein Streifenwagen vorbei, der vor der Tür des nächsten Ladens stehen blieb, doch niemand stieg aus. »Ich frage mich, was die hier zu suchen haben«, sagte ich.
    Er richtete seine strahlend blauen Augen auf mich.
    »Was ist?«, sagte ich lächelnd.
    »Ich muss dir etwas gestehen.« Er nahm noch eine Fritte und kaute darauf herum, ohne den Blick abzuwenden.
    »Nun sag schon!«, ermunterte ich ihn. Gut klang das nicht.
    »Das bleibt aber zwischen uns, okay?«
    »Ja, natürlich.«
    Ich wusste nicht, was er eigentlich sagen wollte. Ich wusste nur, dass es etwas war, das alles ändern würde. Ich hatte einfach so ein Gefühl, dieses Vorher-nachher-Gefühl, so als wäre dies das Ende einer Ära und der Beginn einer neuen.
    Mein Haar fiel mir strähnig auf die Schultern, es war ganz verklebt vom salzigen Wind, voller Sandkörner und zerzaust wie dunkelbraune Zuckerwatte. Er streckte die Hand aus und versuchte, mir mit den Fingern durchs Haar zu fahren, aber das ging nicht. Er musste lachen. Sein Blick wanderte auf die Straße, zu dem Streifenwagen hinüber, der draußen parkte, und in den Regen hinaus, der nun ans Fenster prasselte. Dann sah er mich wieder an und nahm meine Hand.
    »Es ist nämlich folgendermaßen, ich liebe dich«, sagte er. »Das ist alles.«
    Das Herz ging mir über, ganz klar, und von da an machte es immer einen Satz, wenn ich ihn ansah und daran dachte, wie er das gesagt hatte. Am liebsten hätte ich mein Glück strahlend in alle Welt hinausgeschrien. Doch gleichzeitig wurde ich das Gefühl nicht los, dass er mir noch etwas anderes, etwas vollkommen anderes, etwas Schlimmes hatte sagen wollen und es sich im letzten Moment anders überlegt hatte.
    Mittwoch, 5. Dezember 2007
    Ich wollte gerade zu Bett gehen, beging aber den Fehler, einen letzten Kontrollgang zu machen. Ich gestattete ihn mir nur mit schlechtem Gewissen, wollte mich aber völlig sicher fühlen, bevor ich zu Bett ging. Doch war es keine gute Idee, dies auf nüchternen Magen und nach mehreren schlaflosen Nächten zu tun. Irgendwas ging immer schief, entweder ich verzählte mich, oder ich hielt die richtige Reihenfolge nicht ein oder aber ließ meine Hand nicht lange genug auf der Tür liegen − nichts fühlte sich richtig an.
    Stunde um Stunde musste ich wieder von vorne anfangen … Gegen ein Uhr nachts duschte ich, um mich ein wenig wachzurütteln, schlüpfte zitternd in eine Jogginghose und ein T-Shirt und fing wieder bei der Wohnungstür an.
    Doch ich schaffte es nicht. Irgendwann kauerte ich mich gegen die Wohnungstür, legte den Kopf auf meine Knie, bebte am ganzen Leib und schluchzte dabei so heftig, dass ich nicht hörte, wie er die Treppe heraufkam. Er klopfte an meine Tür, und ich zuckte zusammen.
    »Cathy? Ich bin’s. Alles in Ordnung?«
    Ich brachte kein Wort heraus, rang nach Luft und schwieg erschrocken. Er stand offenbar genau vor meiner Tür.
    »Was ist los?«, sagte er ein wenig lauter. »Cathy? Darf ich reinkommen?«
    Nach einer Weile sagte ich: »Es ist alles in Ordnung, geh! Bitte, geh einfach.«
    Ich wartete, dass die Schritte nach oben gingen, doch nichts passierte. Kurz darauf hörte ich, wie er sich vor meiner Tür auf den Boden setzte.

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