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Wohin du auch fliehst - Thriller

Wohin du auch fliehst - Thriller

Titel: Wohin du auch fliehst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haynes Elizabeth
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seinen Päckchen befanden sich vor allem Klamotten, ein Aftershave und ein neues Handy. Er sah zufrieden aus, sehr zufrieden sogar … Aber vielleicht hatte der Wein mir auch die Sicht vernebelt.
    Dann öffnete ich eine Schachtel und fand zwischen Papierlagen Unterwäsche, die ich natürlich sofort anprobieren musste. Unbeholfen versuchte ich, mich auszuziehen, zerrte mit vom Wein tauben Fingern an meiner Jeans, bis er mir dabei half. Woraufhin ich natürlich gar nicht mehr dazukam, die Unterwäsche anzuprobieren, weil wir uns erneut auf dem Fußboden, unter meinem mickrigen, lieblos mit weißen Lichterketten und ein paar Glaskugeln geschmückten Weihnachtsbaum liebten.
    Während er in mich eindrang und ich nach Luft schnappte, schrammten meine Schultern über den Teppich. Ich war völlig von der Rolle, und mir war übel. Mir fiel wieder ein, wie oft ich am Ende einer Nacht Leute gevögelt hatte, die ich kaum kannte.
    Auf einmal wurde ich merkwürdig klar im Kopf und fragte mich, ob das richtig gewesen war. Und ich fragte mich auch, ob er eigentlich der Richtige für mich war. War das nicht bloß die Folge von zu vielen Nächten auf der Piste, in denen ich betrunken mit einem mir im Grunde völlig fremden Mann nach Hause gekommen war? War es richtig, jemanden mit vor lauter Alkohol gefühllosen Lippen und Fingern auf dem Teppich zu vögeln? Nur um dann einen Orgasmus vorzutäuschen, weil ich viel zu müde war, um noch weiterzumachen, und es kaum erwarten konnte, bis er endlich kam, weil ich alleine sein und schlafen wollte. Kotzen wollte.
    Lee muss mein Unbehagen gespürt haben, denn er wurde langsamer und drehte meinen Kopf so, dass er zu ihm zeigte. Ich öffnete die Augen. Er war genau über mir, und seine Miene war undurchdringlich. Sein Haar war schweißnass, seine Stirn glänzte, und die Kerzen warfen Schatten auf seine Wangen.
    »Catherine«, flüsterte er.
    »Hm?« Ich dachte, er würde mich fragen, ob alles in Ordnung sei, also setzte ich mein schönstes, aufmunterndstes Lächeln auf, damit er mich schnell zu Ende vögelte, ich mir ein Glas Wasser holen und mich irgendwo in eine ruhige Ecke verkriechen und in aller Ruhe zusehen konnte, wie sich der ganze Raum um mich drehte.
    »Catherine, willst du mich heiraten?«
    Diese Worte schockierten mich mehr als alles, was er sonst hätte sagen können.
    »Was?«
    »Willst du mich heiraten?«
    Als ich Stunden später mit hämmernden Kopfschmerzen im Bett lag, wurde mir klar, dass die beste Antwort darauf gewesen wäre, ihn zu küssen, wieder die Kontrolle zu übernehmen und ihn dazu zu bringen, mit dem Sex weiterzumachen. Sozusagen als Verzögerungstaktik, damit ich Zeit zum Nachdenken hatte. Doch mein Kopf war ganz schwer von dem vielen Wein, und ich zögerte einen Augenblick zu lange.
    Er zog sich aus mir zurück und lehnte sich mit dem Rücken ans Sofa.
    Ich richtete mich schwankend auf. »Darf ich es mir überlegen?«, fragte ich.
    Lee sah mich an, und zu meinem Entsetzen kullerten ihm Tränen über die Wangen. Er weinte – dieser hartgesottene Kerl, der einen Job hatte, bei dem er Leute in Seitenstraßen herumschubste, dieser Mann, der mich an den Haaren gepackt und mir gesagt hatte, dass Frauen gern hart rangenommen werden wollen, weinte doch tatsächlich.
    »Oh, Lee. Bitte weine nicht.« Ich setzte mich auf seinen Schoß, wischte ihm die Tränen ab und drehte behutsam seinen Kopf, damit ich ihn küssen konnte. »Das Ganze kam nur so überraschend für mich, mehr nicht.«
    Doch ich unterschätzte das Ausmaß seiner Verletzung. Kurz darauf zog er sich an und küsste mich zum Abschied. »Ich muss morgen arbeiten«, sagte er freundlich. »Bis bald.«
    »Aber Lee, du hast getrunken, du kannst jetzt nicht nach Hause fahren.«
    »Ich laufe in die Stadt und nehme mir von dort ein Taxi«, sagte er.
    Im Grunde war es genau das, was ich gewollt hatte – noch vor wenigen Minuten hatte ich mir gewünscht, er würde aufstehen, nach Hause gehen und mich in Ruhe lassen. Jetzt ging er tatsächlich. Pass auf, was du dir wünschst, Catherine, sagte ich mir.
    Pass gut auf.
    Sonntag, 23. Dezember 2007
    Nachdem ich geduscht und zehn qualvolle Minuten damit verbracht hatte, mir zu überlegen, welches Outfit sich wohl am besten für das Frühstück mit jemandem eignete, den ich am letzten Abend geküsst hatte, kam der Duft von gebratenem Speck die Treppe hinunter und schlüpfte unter meiner Wohnungstür hindurch.
    Ich schaffte es, die Tür abzuschließen, sie nur einmal zu

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