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Wohin du auch fliehst - Thriller

Wohin du auch fliehst - Thriller

Titel: Wohin du auch fliehst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haynes Elizabeth
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der richtige Zeitpunkt gewesen, ihm einen flotten Dreier vorzuschlagen.
    »Ach, jetzt hör schon mit dem verdammten Geheule auf«, schrie er. »Wage es ja nicht zu weinen.«
    Ich schluckte meine Tränen herunter. »Lee! Ich habe meinen Slip im Klo ausgezogen, weil ich vorhatte, zu dir zu gehen.«
    »Na klar, und woher soll ich das wissen? Du hättest dort mit jedem vögeln können, du dreckiges Flittchen.«
    Das traf mich. »Beschimpf mich nicht, nur weil du plötzlich so supermoralisch bist! Du hast dich auch nicht beschwert, als du mich draußen im Garten vögeln konntest.«
    »Und hast du auch noch deine kleine Freundin rausgelockt, damit sie alles mit anhört?«
    »Ich hatte doch keine Ahnung, dass sie auch da war!«
    »Das macht ihr wohl öfter, was? Rausgehen und euch beim Vögeln gegenseitig zusehen?«
    »Nein!« Das war ein wenig gelogen. Wir hatten das ein- oder zweimal aus Spaß getan. Irgendwie war es eine Herausforderung für uns zu sehen, wer zuerst jemanden aufriss und auf den Spielplatz mitnahm. Aber nicht heute Abend …
    »Lee …«, ich berührte zärtlich seinen Arm und versuchte, ihn zurückzugewinnen, ihn zu beruhigen, doch er schüttelte meine Hand ab.
    »Komm schon, es tut mir leid. So war es doch nicht gemeint, Lee.« Ich versuchte es erneut, doch diesmal schubste er mich grob mit beiden Händen von sich. Ich fiel rücklings aufs Sofa, sodass es mir den Atem verschlug.
    Er holte tief Luft und wandte sich von mir ab.
    »Ich sollte jetzt gehen.«
    Ich richtete mich auf dem Sofa auf und war plötzlich ganz erstaunt über seine rasende Wut und am Boden zerstört vor Angst, ihn zu verlieren.
    »Ja, das ist wohl besser.«
    Nachdem er gegangen war, verbrachte ich die erste Stunde mit einer heißen Dusche. Dann ging ich von Zimmer zu Zimmer und dachte über seine Worte nach, darüber, wie er mein Verhalten interpretiert hatte.
    Ich hatte keinen anderen gevögelt, ich hatte noch nicht mal mit einem anderen geflirtet, und Sylvia konnte man nicht mitzählen, sie war meine beste Freundin. Er war völlig gestört. Doch dann musste ich daran denken, dass er außer mir niemanden dort gekannt hatte und dass ich ihn allein gelassen und den Abend damit verbracht hatte, mich unters Volk zu mischen, zu lachen, Scherze zu machen, meine Haare in den Nacken zu werfen und mit den Wimpern zu klimpern. Ganz zu schweigen davon, dass ich Sylvia auf der Tanzfläche abgeknutscht hatte. Oh Gott!
    Die zweite Stunde verbrachte ich zusammengekauert auf dem Sofa. Ich hielt meine Knie umklammert und starrte geistesabwesend in den Fernseher. Die Wirkung des Alkohols hatte auch nachgelassen, und mir war nur noch schlecht.
    Als ich gerade überlegte, ins Bett zu gehen, obwohl ich wusste, dass ich kein Auge zutun würde, hörte ich ein leises Klopfen an der Tür. Dann war die Welt wieder in Ordnung, denn er stand da. Das Flurlicht fiel auf sein Gesicht, auf die Tränen und den Schmerz, diesen schrecklichen, nackten Schmerz in seinen Augen. Er taumelte auf mich zu und sagte: »Es tut mir leid, Catherine, es tut mir so leid …«
    Ich nahm ihn in den Arm und zog ihn herein, küsste ihn zärtlich, küsste die Tränen von seinen Augen. Er war vollkommen unterkühlt. Er musste meilenweit gelaufen sein. Ich zog ihm seine Sachen aus und stellte ihn unter die Dusche, fast wie in der ersten Nacht, als er mit blutender Braue und drei gebrochenen Rippen in meine Wohnung gestolpert war.
    »Es tut mir so leid«, flüsterte er, als ich mich neben ihn ins Bett legte und ihn mit meinem Körper wärmte.
    »Nein, Lee, du hattest recht – ich war völlig gestört. Es tut mir leid. Ich werde dich nie wieder so bloßstellen.«
    Und als er mit mir schlief, tat er es überaus zärtlich.
    Stunden später lagen wir in der Dunkelheit des Schlafzimmers, und ich lauschte seinen gleichmäßigen, tiefen Atemzügen. Seit geraumer Zeit brannte mir eine Frage auf den Lippen, die sich nun leise geflüstert ihren Weg bahnte. »Wer hat dir das Herz gebrochen, Lee? Wer war das?«
    Er brauchte so lange für die Antwort, dass ich schon dachte, er sei eingeschlafen … Dann kam ein Wort, das wie einen Zauberspruch, wie eine geflüsterte Beschwörung klang: »Naomi.«
    Am nächsten Morgen hatte ich vergessen, woher ich die Schrammen an den Armen hatte. Doch diesen Namen vergaß ich nie mehr und auch nicht die Ehrfurcht, mit der er ihn ausgesprochen hatte: ein Hauch, ein Seufzer.
    Dienstag, 25. Dezember 2007
    Als ich wieder nach oben ging, hörte ich schon die Stimmen,

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