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Wohnraum auf Raedern

Wohnraum auf Raedern

Titel: Wohnraum auf Raedern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Bobrow, und ich erhielte eine andere Stelle.«
    »In einem anderen Theater?«
    »Nein, das war in einer Genossenschaft. Ich erhielt den Posten des Kassiers. Um es kurz zu machen: ich arbeitete dort keine zwei Wochen, als mir in derselben Straßenbahn, an derselben Stelle 670 Rubel Staatsgelder gestohlen wurden.«
    »So etwas!« rief ich nervös.
    »Aber das ist nicht alles«, sagte Suworow, »ich fuhr nach Moskau. Man half mir, und ich bekam wieder eine Stelle.«
    »In einer Genossenschaft?«
    »Nein, wieder im Theater. Ich arbeite in meinem Fach, als Administrator. Ich erzitterte vor Freude, wä h rend ich Ihre Stadt bewunderte, ich lüge nicht: mehr als einmal weinte ich in meinem Hotelzimmer bei der Vo r stellung, wie Moskau in fünf Jahren aussehen wird ...«
    »Erlauben Sie«, unterbrach ich ihn, »warum weinten Sie?«
    »Es waren Tränen des Glücks«, erklärte Suworow, dann füllten sich seine Augen plötzlich mit Tränen, die sich buchstäblich auf seinen Rock ergossen. Er heulte und fiel auf die Knie. In meinem Kopf drehte sich alles.
    »Retten Sie mich!« schrie Kotomkin auf wie eine Dampfmaschine, und im Nachbarzimmer begann ein Hund zu bellen.
    »In der Straßenbahn No. 34 wurden mir am dritten Tag 200 Rubel Staatsgelder gestohlen!«
    »Weiß der Teufel, was das soll ...«, sagte ich stumpf.
    Eine Pause trat ein. Kotomkin erhob sich und rang die Hände.
    »Ihr Smaragd ...«, begann ich.
    »Schauen Sie ihn im Licht an«, schlug Kotomkin vor.
    Ich schaute genauer und sagte nichts mehr über den Smaragd.
    »Im ganzen Haus ...«, begann ich, doch Kotomkins Gesicht wurde so entsetzlich, daß ich so fortfuhr: »Im ganzen Haus gibt es fünfzehn Rubel, ich übergebe I h nen zehn davon.«
    »Hundertneunzig! Noch hundertneunzig!« flüsterte Suworow.
    »Können Sie sich mich als Angeklagten vorstellen?«
    »Unklar.«
    In meinem Kopf reifte ein Plan.
    »Warum spricht Walja nie so gut von mir wie Bobrow? Wart nur, ich geb’s dir ...«
    Und ich sagte: »Ich kenne da jemand ...«
    »O ja!« rief Kotomkin feurig. »O ja, rufen Sie ihn an.«
    Ich rief Walja an und sagte ihm, ein Administrator wolle ihn sprechen.
    Kotomkin nahm die zehn Rubel und ging.
    Nach einer Stunde klingelte das. Telefon.
    »Das ist eine Schweinerei«, sagte Walja finster und hustete.
    »Haben Sie ihn an jemand weitergegeben?«
    »An Jura«, antwortete Walja.
    Schließlich läutete abends das Telefon.
    »Ich möchte Ihnen ...«, sagte die Schriftstellerin Na-talja Albertowna, »einen Administrator schicken ...«
    »Nicht nötig«, antwortete ich, »er war schon bei mir.«
    »Was Sie nicht sagen?! Mhm ... Sagen Sie bitte, wer ist eigentlich Bobrow?«
    Und jetzt kam der Augenblick, wo ich mich bei Bobrow revanchieren konnte.
    »Bobrow? Ihn einen anständigen Menschen zu ne n nen, würde nicht ausreichen«, sagte ich mit Nachdruck in den Telefonhörer, »ein hochanständiger Mensch und ein wunderbarer Menschenkenner! Das ist Bobrow!«
    Nachdem ich den Hörer aufgehängt hatte, hörte ich niemals wieder etwas von Bobrow oder dem unglückl i chen, vom Schicksal verfolgten Kotomkin-Suworow.

Wieviel Brockhaus verträgt der Organismus?
     
     
    In einer Provinzstadt scherten sich der Faulpelz von Bibliothekar und die Faulpelze vom lokalen Kulturref e rat einen Dreck um die Arbeit und kümmerten sich überhaupt nicht mehr um eine irgendwie durchdachte Versorgung der Arbeiter mit Büchern.
    Ein junger Arbeiter, ein hartnäckiger Mensch, der von der Universität träumte, machte dem Bibliothekar das Leben sauer, indem er ihn immer um Rat fragte, was er lesen solle. Um ihn loszuwerden, erklärte ihm der Bibliotheksmensch, in der Brockhaus Enzyklopädie stehe »alles, was es überhaupt gebe«.
    Da begann der Arbeiter den Brockhaus zu lesen. Beim Buchstaben A.
    Es war bewundernswert, daß er bis zum fünften Band kam (Banken-Berger).
    Zwar fing der Schlosser schon nach dem ersten Band an, schlecht zu essen, er verfiel irgendwie und wurde zerstreut. Als er wieder einen Band gegen den nächsten austauschte, fragte er den Kerl vom Kulturreferat, der hinter verstaubten Bücherbarrikaden saß, mit einem Seufzer, »ob es noch viel sei«. Beim fünften Band b e gannen seltsame Dinge mit ihm vor sich zu gehen. So erblickte er einmal am hellichten Tag beim Eingang der Werkstatt den berühmten arabischen Mathematiker Bana-Abdul -Abas-Achmed-Ibn-Mohammed-Otman- Ibn-Ali im weißen Turban.
    Am Tag der Erscheinung des Arabers, welcher den ›Talme-Amal-Ali-Hisop‹ verfaßt

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