Wohnraum auf Raedern
Kredit mit allem Komfort.
Es ähnelte ausländischen Häusern auf Schweizer A n sichtskarten mit einem spitzen Dach. Vor allem aber war bewundernswert, daß sich das Haus als feuerfest erwies, was ein Baufieber und Ansuchen an das Exek u tivkomitee hervorrief (jetzt sind alle zurückgezogen).
Die Dummköpfe unserer Stadt lachten Petrow aus und schlugen ihm vor, das Haus einer Petrolprobe zu unterziehen, der aber stellte sich dagegen, und wie sich herausstellte, völlig grundlos, sonst ginge er jetzt, wo der Sommer kommt, nicht im Pelz, mit einem Kale n der in der Hand!
Das ganze Wohnbaubüro übersiedelte mit seinen Kindern und dem Hausrat am 5 . April (das Haus hatte die Farbe von Zigarettenasche), und Petrow ging sogar soweit, Telephon einleiten zu lassen.
Am ersten Feiertag aber, am 19 ., zu Ostern, wurden in der Nacht unserer aufmerksamen Feuerwehr durch eine schicksalhafte Mitteilung über Petrows Telephon Beine gemacht: »Feuer!!«
Unser Brandmeister Salow antwortete durchs Tel e phon: »Sie werden wegen falschen Alarms und trunk e ner Osterscherze gestraft. Das kann nicht sein.«
Da sprang Petrow mit weinerlicher Stimme vom T e lephon weg und tat nichts mehr, weil die Leitung schon durchbrannte.
Als auf Grund der Feuersbrunst unsere bravourösen Feuerwehrleute vom Wachturm ankamen, fanden sie die ganze amerikanische Wohnbaugesellschaft in wa r men Pelzen auf der Straße vor, während das Haus wie eine Fackel brannte, wobei gerade noch die Ringe seiner Frau, der Reservepelz des Oberamerikaners Petrow, eine Pfanne und ein Abreißkalender mit dem Bild des allrussischen Starosten gerettet werden konnten. Jetzt wird ein Prozeß geführt: »In Sachen Brand des feuerfe s ten Hauses«. Meiner Meinung nach ist das ein dummer Prozeß. Er wird auch zu nichts führen, da Salow fes t stellte, daß Selbstentzündung der Leitungen auf dem Dachboden vorlag.
Solche bewundernswürdigen Dinge passieren bei uns in der Provinz. In Moskau wäre es wahrscheinlich nicht abgebrannt.
Korrespondent Kaporzew
Zweiter Bericht: Der falsche Demetrius Lunatscharskij
(Aus der Provinz, von Kaporzew)
In unserem wohlbekannten Blagodatsker Amt gibt es einen hervorragenden Sekretär. Unserer Meinung nach wird er es noch weit bringen.
Natürlich sollte er eigentlich in Moskau sitzen oder wenigstens in Leningrad, um so mehr, als er Verbi n dungen hat, wie er sagte.
Über sich hat er Sprüche aufgehängt: »Händeschü t teln überträgt Krankheiten«, »Wenn ein Mensch b e schäftigt ist, störe ihn nicht«, »Private Telephongespr ä che sind streng verboten«. Außerdem hat er ein Gitter aufstellen lassen, so eines wie um unser Karl-Liebknecht-Denkmal herum, und hat sich solcherart völlig von den Massen abgesondert.
Wer immer durch das Gitter den Mund aufmacht, bekommt von ihm nur ein Wort zu hören: »Kürzer!« Kürzer. Kürzer. Er krächzt wie eine Krähe auf dem Ast.
Eines schönen Tages erschien vor dem Gitter ein junger Mann. Gut angezogen, im Raglanmantel. Rötl i che Haare, Schnurrbart. Statt Krawatte eine Fliege. Nahm einen Stuhl und setzte sich. Der Sekretär hatte krächzend einen nach dem anderen vom Gitter wegg e scheucht und wandte sich nun an ihn: »Sie wünschen, Genosse? Kürzer!«
Der antwortete: »Nichts, Genosse, ich warte. Sie sind beschäftigt.«
Eine wunderbare, intelligente Stimme.
Der runzelte die Stirn und sagte: »Nein, sprechen Sie. Kürzer.«
Der antwortete: »Sehen Sie, Genosse, ich bin zu I h nen herbeordert worden.«
Der hob die Brauen: »Wie ist Ihr Name?«
Darauf der: »Lunatscharskij.«
Der junge Mann hüstelte bescheiden. Höflich.
»Lunatscharskij.«
Da öffnete der das Gitter, kam heraus und sagte: »Hierher bitte« (»kürzer« sagt er schon nicht mehr) – und fragt: »Entschuldigung (merken Sie etwas: En t schuldigung‹), sind Sie mit Anatolij Wassiljewitsch verwandt?«
Darauf der: »Das spielt keine Rolle. Ich bin sein Bruder.«
Klingt gut »spielt keine Rolle«! Zum Teufel mit dem Gitter. Einen Stuhl.
»Rauchen Sie? Nehmen Sie Platz! Gestatten Sie die Frage, an welche Stelle Sie beordert sind?«
Darauf der: »Als stellvertretender Leiter.«
Gruß und Wunsch.
Dabei ist unser Leiter gerade nach Moskau vorgel a den worden, um die Sache mit der Dampfmühle aufz u klären, und wir wissen, daß ein anderer kommt.
Was da mit dem Sekretär und allen anderen vor sich ging, ist schwer zu beschreiben – so eine Begeisterung. Es stellte sich heraus, daß Dmitrij
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