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Wohnraum auf Raedern

Wohnraum auf Raedern

Titel: Wohnraum auf Raedern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Müttern für ihre Kleinen die Namen Barrikada und Bebelina vor. Demnach hätte die erste Barrikada Anem-podistowna geheißen und die zweite einfach Bebelina Iwanna, was von beiden Müttern weinend abgelehnt wurde, ja, sie wollten ihre Leibesfrüchte gar zurückziehen.
    Dann tauschte Wanjkin sie gegen zwei andere N a men ein: Messalina und Pestelina, und nur der Vorsi t zende wies ihn mit der Erklärung zurecht, daß Messal i na kein Name sei, sondern der Titel eines Spielfilms.
    Schließlich gab Wanjkin auf, und mit vereinten Krä f ten fanden wir zwei schöne Namen: Rosa und Klara.
    »Es wird eine prima Feier«, sagte unser Vorsitzender und rieb sich die schwieligen Hände, »wenn nur Wan j kin nichts verpatzt.«
    Der Klub – er heißt »Genosse Lunatscharskij-Klub« – war gesteckt voll, alle Lichter brannten, die Losungen prangten. Und die glücklichen Mütter saßen mit den Säuglingen im Steckkissen auf der Bühne und wiegten sie freudig.
    Die Namen wurden bekanntgegeben, der Vorsitze n de bat um Wortmeldungen, und natürlich meldete sich unser schöner Wanjkin. Und spricht:
    »Angesichts dessen und in Anbetracht der Tatsache, teure Genossen, daß wir unseren werktätigen Säugli n gen die Namen Rosa und Klara gaben, schlage ich vor, das Andenken an unsere gefallenen Helden mit einem Trauermarsch zu ehren. Musik!«
    Und unser Kapellmeister, der Leiter der musikal i schen Sektion, spielte auf: ›Im Felde das Leben geo p fert.‹ Alle waren schrecklich aufgewühlt, und da ertönte plötzlich das Weinen der Mutter No. 2 , Darjas, zufolge der Tatsache, daß ihr Säugling Rosotschka in ihren Armen verstorben war.
    Das war eine Szene, kann ich Ihnen sagen! Die erste Mutter sagte zu Wanjkin nur: »Vielen Dank, du Aas« – und raste mit dem Steckkissen zum Popen, welcher das Kind nicht Klara, sondern zu Ehren der Mutter Marja taufte.
    Das ganze verbliebene Altweiberelement verpaßte Wanjkin ein solches Fest, daß dieser sich nur mit Mühe durch den Hinterausgang aus dem Klub retten konnte. Und umsonst erklärte unsere hervorragende Ärztin Olga Michailowna Dinamit der Versammlung, daß das Mädchen an einer unbestimmbaren inneren Krankheit ihres zarten Organismus gestorben sei und schon 39 ° Fieber gehabt habe und daß sie sicherlich gestorben wäre, wie auch immer man sie genannt hätte, – ni e mand hörte ihr zu. Alle gingen und waren überzeugt, daß Wanjkin das Mädchen durch den Trauermarsch mit einem Schlag umgebracht habe.
    Ja, solche Sachen passieren in unserer lieben fernen Abgeschiedenheit ...
    Hochachtungsvoll Kaporzew

Lebenswasser
     
     
    Die Station »Trockengraben« lag verschlafen in den Schneewächten. Die Dampfloks im Depot gaben matte Pfeiftöne von sich. In der Eisenbahnersiedlung zog sich ein trüber ruhiger Wintertag hin.
     
    Alles, was das Aug’ erblickt,
    (wie man so sagt)
    Schläft, die Ruhe schätzend ...
     
    Zu dieser Zeit näherte sich dem Laden der Station ve r stohlen eine unansehnliche Fuhre, geheimnisvoll mit einer Plane zugedeckt. Auf der Plane saß jemand in einem Schafspelz, und dieser Jemand zwinkerte rätse l haft, als er zum Laden kam. Die zwei, die gelangweilt am Eingang lehnten, riß es plötzlich wie bei einem Anfall hoch. Der eine griff in die Tasche, und es ertönte das Klingeln von Silbermünzen. Der zweite begann herumzutanzen und rief mit heiserer Stimme: »Wanjka, sei nicht gemein, gib mir zweiundsechzig Rubel! ...«
    »Schau augenblicklich, daß du fortkommst!« antwo r tete Wanjka, sperrte rasselnd die Ladentür auf und verschwand im Ladeninneren.
    Der Typ, der die Fuhre gebracht hatte, lachte wollü s tig auf und sagte: »Ist euch die Zeit lang geworden, Burschen?«
    Aus dem Laden lief jemand in einer schmutzigen Schürze heraus und schrie: »Du verdammter Kerl, was kommst du über die Hauptstraße daher? Konntest du nicht durch die Hinterhöfe fahren?«
    »Durch die Hinterhöfe ... dort sind Schneeverw e hungen«, begann der Typ sich zu wehren, brach jedoch ab.
    Ein Bürger ohne Mütze und mit leeren Flaschen in den Händen eilte vorbei.
    Mit dem Siegesruf »Erster – hurra!!!« prallte er in der Tür gegen den Bürger in der Schürze, welcher ihm entgegnete: »Verrecken sollst du! Wohin rennst du überhaupt? Der zweite bist du! Wirst noch zurech t kommen! Faddej ist der erste, der hat zwei Tage abg e paßt.«
    Ein dritter lief zu dieser Zeit in Windeseile durch die Straße, trommelte mit den Fäusten gegen die Fenster und rief: »Brüder, der Schnaps ist

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