Wolf Shadow 01 - Wilks, E: Wolf Shadow 01
war seine Fahrfreude dahin. „Sie sind ja ganz blass! Ich muss wohl doch langsamer fahren.“
„Ab hundertvierzig mutiere ich zu einer Weißen. Kümmern Sie sich nicht darum!“
Er lachte auf und schaute noch einmal in ihre Richtung. Sie runzelte die Stirn und dachte offensichtlich über das nach, was er ihr gerade erklärt hatte.
„Solche Herausforderungen sind nicht mehr zulässig, wenn der Gesetzentwurf durchkommt“, sagte sie.
„Mein Vater meint, dass nur die Kämpfe auf Leben und Tod davon betroffen sind. Auseinandersetzungen, die nur kleinere Verletzungen zur Folge haben, werden einfach nicht gemeldet.“
„Und Sie? Was meinen Sie?“
„Der Lu Nuncio äußert seine Meinung grundsätzlich nicht. Das wäre, als würde ein Armeegeneral öffentlich zu den Entscheidungen seines Oberbefehlshabers Stellung nehmen.“
„Äußern Sie denn Ihrem Vater gegenüber Ihre Meinung?“
„Meinem Vater gegenüber schon, aber nicht dem Rho.“
„Schwierig, wenn es sich um ein und dieselbe Person handelt.“
„Er lässt mich immer wissen, mit wem ich es gerade zu tun habe.“ Sie hatten inzwischen die Stadtgrenze erreicht, und im stetig dichter werdenden Verkehr kamen sie nicht mehr so schnell voran. Rule gab sein Bestes. „Wir müssten in fünfzehn bis zwanzig Minuten am Tatort sein.“
„Gut. Was halten Sie von der Verschwörungstheorie Ihres Vaters? Er glaubt offenbar, das Ja der Nokolai zur Bürgerrechtsreform sei so entscheidend, dass ihn jemand töten würde, um das neue Gesetz zu verhindern.“
„Ohne das Engagement der Nokolai unterstützen die anderen Clans den Gesetzentwurf vermutlich nicht.“
„Aber so groß ist der politische Einfluss der Clans nun auch wieder nicht.“
„Mmm. Nicht alle Lupi gehen so offen mit ihrer Abstammung um wie ich.“
Lily zog die Augenbrauen hoch. „Wollen Sie damit sagen, Lupi haben Leute in hohen Positionen? Leute mit einem kleinen pelzigen Geheimnis?“
Er lächelte.
„Das mit der geheimnisvollen Aura wird allmählich langweilig“, bemerkte sie. „Sie glauben also, dass es Einfluss auf den Lauf der Dinge in Washington haben könnte, wenn jemand Sie und Ihren Vater außer Gefecht setzt?“
„Es ging offensichtlich nicht nur darum, mich aus dem Weg zu schaffen. Man wollte, dass ich festgenommen und eingesperrt werde. Wenn das Aushängeschild der Lupi, wie Sie es so schön nannten, des Mordes überführt wird, unterstützt die Öffentlichkeit dann noch ein Gesetz, das uns zu vollwertigen Staatsbürgern macht?“
„Staatsbürger bringen sich bedauerlicherweise die ganze Zeit gegenseitig um. Aber ich verstehe, was Sie meinen.“
Danach schwieg Lily, und das war gut so. Er musste sich auf das Fahren konzentrieren. Doch selbst der dichte Verkehr verlangte ihm nicht seine ganze Aufmerksamkeit ab.
Sie hatte Rule zu ihm gesagt.
Nur eine Nebensächlichkeit, aber sie hatte ihn noch nie beim Vornamen genannt. Er war ihr in der Aufregung herausgerutscht – was den Verdacht nahelegte, dass sie ihn auch in Gedanken so nannte. Ihr Verhältnis wurde persönlicher, und diese Vorstellung wärmte ihm das Herz. Auch was die Ermittlungen anging, wurde sie immer offener ihm gegenüber. Sie ließ ihn an ihren Überlegungen teilhaben.
Beispielsweise an der, dass vielleicht ein korrupter Cop seine Finger im Spiel hatte. Jemand, den sie kannte, mit dem sie arbeitete und dem sie vertraute. Jemand, der das Gesetz mit Füßen trat, das sie achtete und wahrte – weil er Geld dafür bekam oder wegen irgendeines kranken Ideals, das Mord als Mittel zum Zweck rechtfertigte.
Ein korrupter Cop konnte Beweise manipulieren oder verschwinden lassen. Kein erfreulicher Gedanke, fand Rule, denn schließlich war er derjenige, dem man etwas anhängen wollte. Aber wenn es einen Cop gab, der ihm feindlich gesinnt war, so gab es auch einen anderen, der auf seiner Seite stand – oder wenigstens auf der Seite der Gerechtigkeit.
Wie würde Lily reagieren, wenn er ihr die Wahrheit über sie und ihn offenbarte?
Er hätte nie gedacht, dass ihm das passieren würde. Eigentlich hatte er es auch nie gewollt, nicht einmal in seinen Jugendjahren. Aber er hatte erlebt, wie es bei Benedict gewesen war, und Nettie hatte ihn darauf vorbereitet, also wusste er um die Gefahren. Und auserwählt zu werden kam nur höchst selten vor … Er hatte sich sicher gefühlt. Aber er hatte immer gewusst, dass die Möglichkeit dazu bestand, und man hatte ihn gelehrt, was es bedeutete. Lily wusste nicht einmal, dass es
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