Wolf Shadow 01 - Wilks, E: Wolf Shadow 01
überprüfen. Ein paar kleben auch an ihrer Hand, aber die meisten sind auf dem Boden. Sie hat ihm offenbar ein Büschel ausgerissen.“
Lily sah ihn skeptisch an. „Sie hat ihm ein Fellbüschel ausgerissen, während er ihr die Kehle herausgerissen hat?“
O’Brien zuckte mit den Schultern. „Sie hat ihn reingelassen. Keine Anzeichen für gewaltsames Eindringen oder einen Kampf, also war er vermutlich ein Kunde von ihr. Vielleicht hat sie ihn gekrault, während sie sich in Stimmung gebracht haben. Man hört doch immer wieder, dass es Frauen gibt, die es mit ihnen treiben wollen, wenn sie in Wolfsgestalt sind. Vielleicht stehen manche Wölfe ja auch darauf.“
„Sie hat nicht gearbeitet.“
„Wieso?“
„Von ihrem T-Shirt ist zwar nicht mehr viel übrig, aber ich bin ziemlich sicher, dass sie es auch getragen hat, als ich mit ihr gesprochen habe. Das sind ihre Freizeitklamotten, kein Arbeitsoutfit.“
„Also war er kein Kunde, sondern ein Freund.“
„Möglich.“ Lily ging näher an das Sofa heran. Der blutdurchweichte Teppich schmatzte unter ihren Schuhen. „Was klebt denn da an ihrer Seite? Papier?“ Sie legte den Kopf schräg. „Sieht aus wie ein Stück von einer Anzeige. Könnte aus einem Hochglanzmagazin sein.“
„Bingo! Sie war ein Cosmo -Girl.“ O’Brien grinste flüchtig. „Den Rest davon habe ich schon eingetütet.“
„Sie hat also auf dem Sofa gelegen und die Cosmo gelesen und dabei ihren Wolfsfreund gekrault. Der plötzlich auf die Idee kam, ihr die Kehle und die Eingeweide herauszureißen – eigentlich so gut wie alles, bis auf ihr Gesicht. Ohne sich mit Blut zu beschmieren.“
„Sieh mich nicht so an! Meine Aufgabe ist es, Sachen am Tatort zu finden, sie ins Labor zu bringen und einen Bericht darüber zu verfassen. Du bist diejenige, die sich einen Reim darauf machen muss.“
Und das konnte sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. „Sieht nicht nach Messerstichen aus.“
„Überlegst du, ob jemand versucht hat, einen Wolfsangriff zu fingieren?“ O’Brien legte die Pinzette weg und verschloss sorgfältig die Beweismitteltüte. „Ich halte das nicht für sehr wahrscheinlich. Die Haut ist zerfetzt; Messerstiche sehen anders aus.“
„Aber warum hat er weitergemacht, nachdem er sie getötet hatte? Das war bei Fuentes nicht der Fall.“
„Fuentes wurde im Freien getötet. Hier in der Wohnung hatte der Mörder seine Ruhe und konnte ungestört tun, was er wollte.“
Lily schüttelte den Kopf. „Das sieht doch nach Hass aus. Er wollte sie nicht nur töten, er wollte sie in Fetzen reißen. Arme, Beine und Gesicht hat er allerdings unversehrt gelassen.“
„Vielleicht ist er ein Frauenhasser.“
Rule hatte gesagt, dass ein Lupus, der eine Frau tötete, als geistesgestört galt. Hatten sie es mit so etwas zu tun? Gab es vielleicht gar keine große Verschwörung, sondern nur einen einzelnen durchgeknallten Lupus? Der sich für seinen zweiten Mord zufällig ihre Zeugin ausgesucht hatte?
Lily sah sich um. Die Kollegin von der Spurensicherung war in dem winzigen Badezimmer verschwunden, und sie war mit O’Brien allein. „Ich muss mal kurz etwas überprüfen.“
„Okay.“ O’Brien erhob sich. „Ich beschrifte das hier schnell.“
Während er demonstrativ in die andere Richtung schaute, zog Lily einen Handschuh aus, atmete rasch durch den Mund ein, hielt die Luft an und berührte Thereses Schulter.
Die magischen Schwingungen schossen ihren Arm hoch. Sie zog sofort die Hand zurück, weil sie so intensiv waren – und weil sie noch etwas anderes gespürt hatte. Etwas Irritierendes, das sie nicht einzuordnen wusste. Sie biss sich auf die Lippen. Vielleicht lag es nur daran, dass diese Schwingungen stärker waren als alles, was sie jemals an Lupus-Magie gespürt hatte, doch irgendetwas war sonderbar. Sie musste es noch einmal versuchen, und das widerstrebte ihr merkwürdigerweise sehr.
Sie ging in die Knie und legte ihre Hand auf eine Stelle an Thereses Hüfte, wo das Blut trocken und die Haut intakt war. Und da war es wieder, dieses kratzige, unangenehme Gefühl, als griffe sie in Brennnesseln. Sie zwang sich, dem Gefühl aufmerksam nachzugehen, obwohl sie sich am liebsten sofort abgewendet hätte, körperlich wie geistig.
Was sie spürte, war nur ein vager Hauch von Lupus … und darunter lag etwas anderes. Etwas Intensives, Verstörendes, das sich falsch anfühlte.
Sie atmete erschaudernd aus und schüttelte die Hand, um das unangenehme Gefühl zu vertreiben. Was
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