Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung
keiner bin.“
Sie hatten die automatische Tür erreicht, die nach draußen führte. Sie ging als Erste hindurch. „Also gibt es einen Unterschied zwischen einem echten Alpha und einem alten Alpha?“
„Ja“, sagte er entschieden. „Du verstehst unter Alpha etwas anderes als die Lupi. Für dich ist er eine Art Macho, jemand, der andere dominieren will. Wir meinen damit aber jemanden, der sich nicht dominieren lässt. Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Schlägertypen müssen andere dominieren, lassen sich aber einschüchtern, wenn du härter bist als sie.“
Sie nickte und blinzelte in die Sonne. Wo …? Oh, ja. „Ich habe in Abschnitt C geparkt. Aber da gibt es doch noch mehr, oder nicht?“, fragte sie, als sie sich durch die wartenden Taxis hindurchschlängelten. „Denn wenn du mich fragst, hast du es auch nicht schlecht drauf, dich nicht dominieren zu lassen.“
„Schön, dass du das bemerkt hast. Ob da noch mehr ist …“ Er schüttelte den Kopf und verfiel in Schweigen, als sie über den Parkplatz liefen.
Lily ließ das Thema fallen. Warum fühlte sie sich nicht wohl bei dem Gedanken, das Kommando zu übernehmen, sobald sie durch waren? Es lag nicht nur an ihren mangelnden Kenntnissen. Sie fühlte sich … schuldig, gestand sie sich ein. Ihr wurde ein wenig übel. Sie fragte sich, ob die anderen wirklich gut daran taten, ihr ihr Leben anzuvertrauen. Dass sie bereit war, es aufs Spiel zu setzen, hatte sie doch bereits bewiesen, indem sie sie mit in diese Sache hineingezogen hatte.
Und da war noch die Art, wie sie wieder zu Kräften kam. Oder besser, nicht zu Kräften kam. Die Brandwunde sah besser aus, aber sie wurde immer noch so verflucht schnell müde. Sie machte sogar mitten am Tag ein Nickerchen, um Himmels willen. Das war nicht normal. Wenn sie nicht …
„Rule hat es.“
„Es?“ Er hatte ihr einen Schrecken eingejagt. „Was hat er?“
„Die Alpha-Eigenschaft. Den Teil, den ich nicht habe. Und Benedict. Mick nicht.“
Der Bruder, der gestorben war. „Mick habe ich nicht richtig gekannt. Er war bereits unter Helens Herrschaft geraten, als wir uns begegnet sind. Seine wahre Persönlichkeit habe ich nie kennengelernt.“
„Der wahre Mick war nicht das Scheusal, das du kennengelernt hast, aber er war auch alles andere als ein Engel. Er wollte der Lu Nuncio werden. Diesen Wunsch hatte ihm nicht Helen eingepflanzt. Sie profitierte nur davon. Wohin jetzt?“, fragte er, als sie bei Abschnitt C angekommen waren.
„Da lang.“ Sie war sich fast sicher, dass sie auf den richtigen Gang zeigte.
Cullen folgte ihr. „Mick hat sich immer eingeredet, dass er besser für die Nokolai gewesen wäre als Rule. Dabei ging es eigentlich nur darum, was er für sich wollte. Oder was er nicht wollte. Er hasste die Vorstellung, sich seinem jüngeren Bruder unterordnen zu müssen. Isen wusste das. Deswegen hat er Mick nicht zum Thronfolger ernannt.“
„Isen hat es auch“, sagte er, offenbar ebenso zu sich selber wie zu ihr. „Isen ist ein skrupelloser Mistkerl, aber nur, wenn es um die Belange seines Clans geht. Oder manchmal auch zum Wohle aller Lupi, in allen Clans. Ein echter Alpha denkt instinktiv zuerst an den Clan. Das tue ich nicht. Ich kann es“, sagte er mit einem leichten Lächeln, „aber nur, wenn ich mich anstrenge. Bei Rule geschieht das automatisch.“
Ja, das stimmte. Lily wurde die Kehle eng. Sie nickte und unterdrückte die Tränen. „Hier ist mein Wagen“, sagte sie unnötigerweise und entriegelte die Türen per Fernbedienung.
„Du hast es auch.“
„Ich?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin vielleicht eine Oberzicke. Aber ich denke nicht instinktiv als Erstes an den Clan. Die meiste Zeit denke ich gar nicht daran, dass ich zum Clan gehöre.“
„Das meinte ich nicht. Wenn du das Kommando hast, wenn wir auf der anderen Seite sind, wirst du immer zuerst an die Gruppe denken, nicht an deine eigenen Bedürfnisse. Du kannst nicht anders. So wie jetzt“, sagte er, öffnete die Wagentür und warf seine Tasche hinein. „Du willst mir etwas beichten. Du hast Angst, dass du mich eventuell opfern wirst, um Rule zu retten.“
Sie starrte ihn an. „Und du findest, dass mich das zu einer guten Anführerin macht?“
Er lächelte und tätschelte ihre Wange. „Ganz genau, Liebes.“ Er stieg ein und zog die Tür zu.
Verblüfft den Kopf schüttelnd, ging sie um den Wagen herum zur Fahrerseite.
Erst als sie mitten im dichten Verkehr auf der I-5 waren, ergriff er wieder das
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