Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung
bewegen konnte, bei Benedict zu bleiben, solange ich nicht da bin? Gestern wurde sie von einem verfluchten Dämon attackiert, aber nein, sie braucht keinen Schutz. Hört sich das etwa vernünftig an?“
Sie waren oben angekommen und betraten den offenen, unmöblierten Raum, der sich über die gesamte Längsseite des Gebäuderückteils erstreckte. Alle Sitzkissen waren in die Ecken des Raumes geschoben worden, der mit Teppich ausgelegt war, um Platz zu schaffen. Es brannten keine Lampen. Das einzige Licht drang aus dem Club unter ihnen hoch.
Mit einem kurzen Blick auf Rule zündete Cullen zwölf schwarze Kerzen an, die in einem großen Kreis angeordnet waren. Dann sah er Rule an. „Vielleicht mag sie Benedict nicht. Ich kann ihn auch nicht leiden.“
Rule schnaubte.
Jemand kam die Treppe hoch und machte dabei mehr Lärm, als notwendig gewesen wäre. Aus Höflichkeit. Rule verbannte seine Reue – und ja, auch sein schlechtes Gewissen – dorthin, wo sie ihn an diesem Abend nicht ablenken würden.
Cullen nahm eine weiße Kerze, die noch nicht entzündet war, aus einer kleinen Schachtel und ging zur Treppe. Er stellte sich neben Rule und legte ihm eine Hand auf den Arm – eine Geste, die bei ihm eher selten war. In der Regel berührten sich Lupi gern und oft, aber Cullen hatte die meiste Zeit seines Lebens außerhalb ihrer Gemeinschaft verbracht. Schon vor Jahrzehnten hatte er aufgehört, auf Zuneigung zu hoffen. So leise, dass Rule ihn kaum verstand, murmelte er: „Es ist sinnlos, dich selbst bestrafen zu wollen. Das wird Lily schon zur rechten Zeit übernehmen.“
Ein Lächeln huschte über Rules Gesicht. „Das Komische daran ist, dass du mich damit trösten willst.“
Darauf antwortete Cullen mit einem ebenso flüchtigen Lächeln, als schon der erste der Teilnehmer am Treppenende erschien. Es war Ben Larson von Ansgar, dem größten der skandinavischen Clans. Ben war ein guter Kämpfer, aber manchmal konnte er auf der – freilich vergeblichen – Bestätigung nach hundertprozentiger Gewissheit übervorsichtig sein.
Als er Cullen erblickte, runzelte er die Stirn. Vielleicht hatte er gehofft, Rule hätte den Torwächter gewechselt. Nun, dann hatte er eben Pech gehabt. Sie würden sich alle an gewisse Veränderungen gewöhnen müssen. Die Welten verschoben sich, und Sie war wieder aktiv.
„Einen Moment“, sagte Cullen zu Ben. Er wedelte mit der Hand über der Kerze und murmelte ein paar Worte, bis eine Flamme den Docht hochleckte. Das Theater – denn nichts anderes war es – war Rules Idee gewesen. Er wollte zwar, dass die anderen sich an Cullen gewöhnten, aber sie nicht mit der Nase darauf stoßen, wie anders sein Freund tatsächlich war. Manche hatten die Gabe, Feuer mittels eines Rituals herbeizurufen. Cullen entfachte es allein durch Konzentration.
Er streckte Rule die Kerze als Erstem entgegen. „ Accipisne alios in pace? “
„ Accipio in pace. “ Rule hielt die Handfläche so über die Flamme, dass er sie beinahe berührte, und zählte langsam bis drei – lange genug, um das Gelöbnis zu besiegeln, und nur so kurz, dass die Verbrennung geheilt sein würde, wenn er den Club heute wieder verlassen würde. Dann trat er zu der nächststehenden schwarzen Kerze und setzte sich mit dem Rücken zu ihr im Schneidersitz hin.
Nun hielt Cullen wieder die weiße Kerze hin. „ Accipiaris in pace. “
„ Advenio in pace. “ Wie Rule hielt auch Ben die Hand über die Flamme und nahm dann seinen Platz inmitten des Kerzenkreises ein.
Einer nach dem anderen trat nun vor, hielt die Hand über die Flamme und versprach, in Frieden gekommen zu sein. Con McGuire von den Cynir. Stephen Andros, der Lu Nuncio der Etorri, mit den für sein Geschlecht typischen merkwürdig blassen Augen und staubfarbenem Haar. Ito Tsegaye von den Mendoyo. Randall Frey, aus dem Clan der Leidolf, lächelnd, aber gefährlich. Javiero Mendozo von den Ybirras, fast ebenso dunkelhäutig wie Ito. Rikard Demeny von den Szos. Der Thronfolger der Kerberos, Jon Sebastian, der wie ein Buchhalter aussah, aber ein echtes Kämpferherz hatte. Und Sean Masters vom Clan der Kyffin.
Zusammen waren fünfzehn der dreiundzwanzig herrschenden Clans direkt vertreten und acht durch ihre Lu Nuncios. Um am ersten Zirkel teilzunehmen, hatten einer der Thronfolger und zwei der Söhne der nonheris den Ozean überquert. Stephen Andros war beinahe ebenso weit gereist – die Ländereien der Etorri lagen in Nordkanada.
Rule wollte nicht daran Anstoß nehmen,
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