Wolf Shadow Bd. 4 - Finstere Begierde
Mundwinkel zuckten. „Möglicherweise. Cynna …“ Die Zeituhr am Herd klingelte. Er zog einen Topfhandschuh an und öffnete die Herdklappe.
Harry hob den Kopf, schnüffelte und sprang auf den Boden, um zum Herd hinüberzustolzieren, wo er seine Bereitschaft kundtat, die Hühner-Enchiladas vorzukosten.
„Du hast recht, Harry. Das riecht fantastisch.“ Cynna seufzte theatralisch. „Der Mann ist nicht nur gut im Bett, er kann auch noch kochen. Wenn Lily doch nur nicht so konservativ wäre! Heutzutage sind Dreier doch nichts Ungewöhnliches mehr.“
Rule ließ die Glasform auf ein Gitter zum Abkühlen gleiten. „Ich sollte dich eigentlich beim Wort nehmen, nur um zu sehen, wie weit du gehen würdest.“
„Na hör mal, eigentlich solltest du so tun, als wüsstest du nicht, dass ich es nicht ernst meine.“ Denn so war es. Jetzt. Und deshalb war der Flirt auch so angenehm. Das Band der Gefährten änderte wirklich alles, selbst die allseits bekannte Abneigung der Lupi gegen Treue.
Natürlich wusste sie auch, woher diese Abneigung kam, warum ihnen beigebracht wurde, dass sexuelles Besitzdenken falsch war und warum die Ehe verboten war. Cynnas gute Laune verflog. Unwillkürlich legte sie die Hand auf ihren Bauch.
Rule musterte sie. „Du denkst darüber nach, ob du nach Edge gehen sollst, ja?“
Das riss sie aus ihren Gedanken. Sie zwang sich, sich wieder auf das Problem zu konzentrieren. „Ja. Wenn sie mich dorthin bringen können, gehe ich mit. Wenn du dir Sorgen um Lily machst …“
„Ich mache mir Sorgen um dich.“
Und das war das Erste gewesen, was ihr damals an Rule aufgefallen war. Er kümmerte sich um andere. „Ich nehme ihnen die Geschichte über Daniel Weaver nicht ganz ab, aber ich glaube … na ja, glauben reicht mir nicht. Ich muss es wissen. Das klingt, äh, als würdest du nicht selbst hinreisen wollen.“ Jetzt hatte sie ein ungutes Gefühl. Sie hatte angenommen, sie würden alle zusammen gehen.
„Ich kann nicht.“
„Aber …“ Sie brach ab. Sie war so mit ihren eigenen Problemen beschäftigt gewesen, dass sie an die anderer keinen Gedanken verschwendet hatte. Wieder einmal. „Die beiden Mächte.“
Er nickte grimmig.
Mithilfe eines Tricks hatte man Rule dazu gebracht, den Anteil des Thronfolgers an der Macht eines anderen Clans zu übernehmen – der Erzfeinde des Clans der Nokolai. Cynna verstand nicht das Prinzip dieser Clanaura und wusste nicht genau, wie und warum es passiert war, aber sie wusste, dass das Leben des Oberhauptes des anderen Clans an einem seidenen Faden hing. Wenn er starb, würde die ganze Macht auf Rule übergehen. „Es wäre wahrscheinlich nicht so gut, wenn du in einer anderen Welt wärst, wenn der Rho des Leidolf-Clans stirbt, nicht wahr?“
„So könnte man es auch ausdrücken. Ich weiß nicht, ob die Macht in eine andere Welt hinüberwechselt, um zu mir zu gelangen. Wenn nicht … würden einige Lupi, die plötzlich ihre Verbindung zu ihrem Clan verlieren, einfach sterben. Die meisten überleben zwar den Todesschock, werden aber zu einsamen Wölfen.“
Cullen war viele Jahre lang ein Einzelgänger gewesen, bevor Rules Clan, die Nokolai, ihn offiziell aufgenommen hatte. „Lupi kommen nicht gut ohne ihren Clan klar.“
„Normalerweise verlieren sie den Verstand. Cullen ist die große Ausnahme. Die meisten clanlosen Lupi bleiben nicht lange Einzelgänger. Rudel sind gefährlich für die Menschen in ihrer Nähe – gefährlicher noch als einsame Wölfe.“
Gefährlicher? Cynna schluckte. „Bist du sicher, dass du mir das alles erzählen solltest?“
Rule lächelte freundlich. „Ja.“
Weil sie die Rhej seines Clans werden sollte. Cynna hatte ihm – und allen anderen – gesagt, dass das auf keinen Fall geschehen würde. Eine Rhej war, unter anderem, die Priesterin des Clans. Cynna war Katholikin. Sie verehrte nicht die Dame der Lupi. Und selbst wenn sie damit hätte leben können, würde doch vermutlich niemand, der bei Verstand war, ausgerechnet sie wählen, um eine Art heilige Frau zu werden.
„Hör zu, Rule …“
„Ich sage nicht, dass du das Angebot der Dame akzeptieren wirst. Nur, dass es in Ordnung ist, dass ich mit dir über diese Dinge spreche. Die Rhej hat mir die Erlaubnis dazu gegeben.“
Das war in Ordnung, fand sie, solange er nicht zuviel von ihr erwartete. Bei ihr waren seine Geheimnisse sicher. „Ich verstehe, dass du hierbleiben musst, aber … es geht mich wahrscheinlich nichts an, aber, äh … bedeutet das
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