Wolf Shadow Bd. 7 - Verbotene Pfade
»Könnte sein, dass es ein Zufallstreffer war, könnte auch sein, dass es geplant war. Wenn der Portier jemandem einen Tipp gegeben hat … « Die Welt drehte sich einmal langsam. Sie schloss die Augen, um zu sehen, ob der Schwindel dadurch aufhörte.
Als sie sie wieder öffnete, lag sie flach auf dem Rücken, und jemand beugte sich über sie. Eine Frau in den Dreißigern, braune Haare, braune Augen, eckiges Kinn. Kein Cop. »Langsam, Ma’am«, sagte die Frau. »Wir laden Sie in einer Minute ein. Ich muss wissen, wo Sie verletzt sind.«
Eine Sanitäterin. Braunhaar war eine Sanitäterin. »Am Arm. Sonst nirgendwo. Ich muss ein paar Anrufe machen. Mein Handy steckt in der Armbinde. Können Sie es bitte rausholen? Ich komme nicht dran.« Sie hatte es versucht, bekam es aber mit der linken Hand nicht zu fassen.
»Sie dürfen sich nicht bewegen. Sie haben viel Blut verloren.«
Blutverlust? War sie deshalb … sie hatte gedacht, das Band der Gefährten hätte an ihr gerissen und sie wäre deswegen in Ohnmacht gefallen. Denn genauso fühlte es sich an, wenn sie und Rule sich zu weit voneinander entfernten – ihr wurde schwindelig, und wenn sie nicht schnell die Distanz zwischen ihnen verringerten, verlor sie das Bewusstsein. Aber dann lag es wohl doch am Blutverlust. »Durchs Reden verliere ich nicht mehr Blut. Ich muss Rule anrufen und … « Nicht Ruben. Er hatte einen Herzinfarkt gehabt. Gott, ihr Gehirn arbeitete nicht richtig. »Croft. Er muss wissen, was passiert ist. Und Rule auch.«
»Wir können einen Anruf für Sie machen, aber zuerst müssen wir Sie einladen. Warten Sie hier, wir werden jetzt – «
Jemand machte etwas mit ihrem Arm, und eine Sicherung brannte durch. Als ihr Hirn wieder online war, sagte jemand: verdammt, verdammt, verdammt … « Oh, das war ja sie. Anscheinend konnte sie sogar ohne Hirn fluchen. »Rufen Sie jetzt an.«
»Bald. Jetzt transportieren wir Sie erst mal.«
»O negativ.« Lily lag auf einer Bahre hinten im Rettungswagen. Der Motor lief im Leerlauf, die Sirene war stumm. Vorne knallte eine Tür, als der Fahrer einstieg. »Und mehr bekommen Sie erst, wenn Sie anrufen.«
»Special Agent«, sagte Braunhaar, »Sie sind es ohne Zweifel gewöhnt, das Sagen zu haben. Hier nicht. Ich habe gesagt, ich rufe an, und das werde ich auch – wenn wir im Krankenhaus angekommen sind. Jetzt müssen Sie erst einmal ein paar Fragen beantworten. Sind Sie allergisch?«
Lily presste die Lippen aufeinander und starrte zur Decke. Die Frau war viel zu nah. Hier hinten im Rettungswagen war alles zu nah, es war zu voll. Rule würde sich sehr unwohl fühlen.
»Ich muss wissen, ob Sie auf irgendwelche Medikamente allergisch reagieren.«
Der Wagen setzte sich in Bewegung. Gerade als Lily dachte, die Sirene bliebe ihr erspart, sprang sie an. Sie zuckte zusammen. Vermutlich war sie hier drinnen nicht so laut wie draußen, aber das nachdrückliche Heulen ließ ihr Herz von jetzt auf gleich wieder schneller schlagen.
Sie hatten ihren Arm verbunden. Der Druck war notwendig, um die Blutung zu stoppen, aber es tat fürchterlich weh. Der Schwindel war vergangen, dank der Nadel, durch die nun Flüssigkeit in ihre Venen tropfte. Also versuchte sie, ihr Hirn wieder in Gang zu bringen.
Es war kein Profianschlag gewesen, dachte sie. Ein Profi hätte ein Gewehr benutzt oder eine Automatik. Eine Automatik war es ganz sicher nicht gewesen – dafür war sie noch zu lebendig, und es hatte sich eher wie eine Pistole angehört, nicht wie ein Gewehr.
Braunhaar seufzte und gab auf. »Na gut, ich rufe an. Wie, sagten Sie, war sein Name?«
»Rule. Rule Turner.«
Dass die nächste Notaufnahme im Vanderbilt war, kaum fünf Minuten entfernt, war Ironie, kein Zufall; Ida hatte sie genau deswegen im Doubletree eingebucht: weil es nahe am Krankenhaus lag.
Braunhaar hatte Rule nicht erreichen können, aber eine Nachricht hinterlassen. Als der Rettungswagen vor dem Eingang zur Notaufnahme vorfuhr, hatte sie auch Croft benachrichtigt. Sie hatte Lily nicht mit ihm sprechen lassen, aber immerhin hatte sie angerufen. Lily bat sie, Croft von LeBron zu berichten.
Aber Rule ließ sie nichts über LeBron ausrichten. Er sollte es nicht von seiner Mailbox erfahren.
Seitdem waren viele quälende Minuten vergangen. Lilys Zeitgefühl war durcheinander, sie wusste nicht, wie viele. Genug Zeit, um ihr Top aufzuschneiden, obwohl es eigentlich offensichtlich war, dass sie nur am Arm verletzt war. Zeit genug, um ihr noch mehr Blut
Weitere Kostenlose Bücher