Wolf Shadow Bd. 8 - Tödlicher Zauber
voller Angst. Nichts tun zu können, außer es zu ertragen …
Du bist laut !
»Lass mich runter!«, schrie sie in Gedanken und mit der Stimme gleichzeitig.
Er gehorchte. Er landete ungefähr zwanzig Meter von dem Gewimmel einer Horde Vier- und Fünftklässler und einigen Erwachsenen entfernt, die deutlich in der Unterzahl waren und verzweifelt versuchten, die Kinder zusammenzuhalten, setzte sie ab und schwang sich wieder in die Lüfte.
Das Gekreisch war ohrenbetäubend. Sie konnte es sich nicht leisten, ihren weichen Knien nachzugeben, sie musste die Miniaturzivilisten beruhigen und … Oh, Mist. Nicht alle diese Schreie waren Angstschreie und hier kam …
»Tawny!«, rief eine der Erwachsenen. »Komm sofort zurück!«
Die Sprinterin mit den Zöpfchen hatte lange Beine für ihr Alter, die ihr einen guten Vorsprung vor der korpulenten, ihr hinterherhastenden Frau verschafften. Da Lily sich vorstellen konnte, wie das enden würde, begann sie, dem Mädchen entgegenzugehen. Dabei rief sie: »Alles in Ordnung. Ich bin, äh, eine Freundin von Mika. Er hat mir nichts getan. Alles in Ordnung, kein Grund zur Sorge.«
Das kleine Mädchen kam mit einem Ruck vor Lily zum Stehen. Ihre Haut war dunkel. Ihre Augen leuchteten vor Aufregung und Begeisterung. »Ich will ihn kennenlernen! Rufen Sie ihn zurück. Ich will mit ihm reden, mit … , mit … er ist Ihr Freund? Dann könnten Sie mich ihm vorstellen. Ich heiße Tawny. Ich muss unbedingt mit dem Drachen reden!«
»Ähm, na ja, ich glaube nicht, dass ich da was machen kann. Aber du hast ihn ja gerade von ziemlich nah gesehen. Das ist doch auch etwas, oder? Ich … oh, oh.« Tawnys Entkommen und die Verfolgung durch ihre Lehrerin hatte die Herde in Aufruhr versetzt, und nun stürmten fünfzig Kinder oder mehr direkt auf sie zu.
Die Lehrerin war als Erste bei ihr, eine große Frau, grauhaarig und außer Atem. »Tawny, du gehst sofort zurück zur Klasse, hast du mich verstanden?«
»Die Klasse ist doch hier, Ms Pearson.« Tawnys Augen waren klar und unschuldig. »Die meisten zumindest.«
Ms Pearsons Hautfarbe färbte sich zu einem tiefen Schokoladenton. Böse funkelte sie Lily an. »Ich weiß nicht, was Sie sich dabei gedacht haben, diesen Drachen so nah an die Kinder heranzufliegen – «
»Ich habe nicht ihn, sondern er mich geflogen.«
»Aber außer Tawny, die von allem, was mit Drachen zu tun hat, übermäßig fasziniert ist, haben sich alle anderen Kinder zu Tode erschreckt, als Sie über uns hinweggeflogen sind! Es war schockierend unverantwortlich von Ihnen, zu – «
»Ma’am, ein Drachen ist kein Pferd. Ich habe Mika nicht gelenkt.«
Die Horde hatte sie erreicht. Alle schrien durcheinander, wollten wissen, ob sie auch einmal mitfliegen konnten und ob es wehgetan hatte und was gewesen wäre, wenn der Drache sie hätte fallen lassen, und was Drachen fraßen und ob seine Klauen wehtaten. Ich sehe gar kein Blut . Wo ist er jetzt hin … Aber es war auch eine Stimme darunter, die Lily fragte, ob sie unversehrt sei.
»Alles in Ordnung«, versicherte sie dem einzelnen Wohlwollenden. »Es tut mir leid, wenn Mika einigen von euch Angst eingeflößt hat. Er ist nicht immer sehr rücksichtsvoll. Oh. Pardon, da muss ich rangehen.«
Selten war Lily so froh gewesen, ihr Telefon klingeln zu hören. Sie zog es aus der Innentasche. »Entschuldigt, den Anruf muss ich annehmen, und dazu muss ich kurz beiseitetreten … Nein, Ma’am, das ist mir vollkommen klar. Ja – « Einer der Lehrer oder Aufsichtspersonen hatte sie erkannt. »Ich bin Special Agent Yu. Geht weiter, bitte. Entschuldigen Sie mich.« Endlich konnte sie sich von der Horde befreien und ans Telefon gehen. »Lily Yu.«
Es war Martin Croft. Sein weicher Tenor war gänzlich monoton. »Ich muss Sie fragen, wo Sie heute zwischen acht Uhr dreißig und zwölf Uhr dreißig waren.«
Einen kurzen Moment war sie wie vor den Kopf geschlagen. Damit hatte sie gar nicht gerechnet. »Aha. Okay. Ich bin um acht Uhr im Hauptquartier angekommen und bin bis fünf nach elf geblieben. Dann habe ich mich auf den Weg zum Rock Creek Park gemacht, wo ich mit Mika verabredet war. Dort bin ich gegen elf Uhr fünfzehn angekommen – was der Wachmann am Tor sicher bestätigen kann –, und bei Mika war ich bis … « Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr; es war ein Uhr. »… zwölf Uhr fünfundvierzig oder fünfzig.«
»Mika.« Crofts Stimme hatte einen seltsamen Unterton. »Ich nehme an, das reicht, obwohl ich nicht derjenige
Weitere Kostenlose Bücher