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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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stehen, daß sie von neuem erschrickt.
    »Jott, wat ham Se denn bloß, Herr Pajel?! Ick versteh Se nich!« Und rasch, da er wieder losgehen will: »Es is bloß, ick habe Ihre Bude wieda vamietet. An eene Freundin von de Ida. Sie is jetzt drin, nich alleene. Se vastehn schon! – Wat kieken Se mir so an?! Se wollen mir wohl angst machen?!Det ham Se nich nötich, ick hab schon so Angst genug! Wenn bloß Willem kommen wollte! Wo Se doch jar keene Sachen drin haben und Ihre Kleene von de Polente abjeholt is …«
    Sie ist wieder mal in Gang gekommen, die Pottmadamm. Aber Pagel hört nicht mehr. Er stößt die Tür seines Zimmers auf – wenn sie abgeschlossen gewesen wäre, hätte er sie aufgebrochen, aber sie ist es nicht – und tritt ins Zimmer.
    Auf dem Bett sitzt halbnackt ein Frauenzimmer, eine Nutte natürlich – es ist dasselbe schmale Eisenbett, in dem er an diesem Morgen noch mit Petra lag. Im Zimmer steht ein Jüngling, der gerade seine Hosenträger abknöpft.
    »Raus!« sagt Pagel zu den Zusammenfahrenden.
    Und die Thumannsche jammernd unter der Tür: »Herr Pajel, ick muß doch sehr bitten, jetzt platzt der Krajen aber! Ick rufe die Polizei. Det is mein Zimmer, und wo Se nich bezahlt haben, ick brauche meinen Zaster ooch. – Nee, Lotte, red nischt, der Mann is ja varückt, dem ham se seine Kleene mit uff de Wache genommen, davon hat sein Vogel heute Ausgang …«
    »Maul halten!« sagt Pagel scharf und stößt den Jüngling mit der Faust ins Kreuz. »Wird’s bald?! Raus hier aus meinem Zimmer! Aber dalli!«
    »Ich bitte doch sehr …«, sagt der Jüngling und pustet sich auf, aber nur zaghaft.
    »Ich …«, sagt Pagel leise, aber sehr deutlich, »ich bin grade in der Stimmung, Sie ganz elend zu verhauen. Wenn Sie nicht in einer Minute mit der Hure aus dem Zimmer sind …«
    Plötzlich merkt er, daß er nicht mehr sprechen kann. Er zittert vor Wut am ganzen Leibe. Er hat zwar nie auch nur mit einem Gedanken daran gedacht, dieses verfluchte Dreckloch für sich zu reklamieren. Aber jetzt wäre es ihm recht, wenn dieser verdammte Ladenschwengel nur mit einem Wort widerspräche –!
    Aber das wagt der nicht. Ohne ein Wort, mit einer feigen Hast knöpft er an den Trägern, angelt nach Weste und Jackett …
    An der Tür jammert die Pottmadamm mutlos: »Herr Pajel! Herr Pajel!! Ick vastehe nich! Sie als jebüldeter Mensch! Wo wa imma so gut miteinanda auskamen! Wo ick heute mittach noch dem Mächen ’ne Schnecke und een Pott Kaffee geben wollte, bloß, daß de Ida es nicht jelitten hat … Von de Ida is übahaupt allens jekommen, ick habe doch nie nischt gegen Sie jehabt! – Jotte doch – nu sticht er mich noch die Wohnung an!«
    Pagel hat, ohne auf das Geschwätz zu achten, am Fenster gestanden. Aufmerksam, gedankenlos hat er zugeschaut, wie das Mädchen auf dem Bett sich in fliegender Hast die Bluse angezogen hat. Dann fiel ihm ein, daß er nicht mehr rauchte. Er nahm eine Zigarette, steckte sie an, betrachtete nachdenklich das brennende Streichholz in seiner Hand. Direkt daneben war die Gardine, die widerliche, gelbgraue Gardine, die er immer gehaßt hatte. Er führte das brennende Streichholz daran. Der gesäumte Rand bäumte sich, krümmte sich dann. Nun lief eine helle Flamme daraus hervor.
    Die Thumannsche, das Mädchen schrien. Der Mann machte einen Schritt auf ihn zu, blieb wieder zögernd stehen.
    »So!« sagte Pagel dann, knüllte die Gardine zusammen und löschte dadurch die Flamme. »Dies ist nämlich mein Zimmer. Was bekommen Sie, Frau Thumann? Ich bezahle bis zum Ersten. Hier …«
    Er gab ihr Geld, irgendwas, ein paar Scheine, es kam nicht darauf an. Er war schon im Begriff, den Packen wieder in die Tasche zu stecken, als er den traurig-begehrlichen Blick des Mädchens darauf sah. Wenn du ahntest, dachte er, doch irgendwie von diesem Gedanken befriedigt, daß dies nur einer von sechs Geldpacken ist – und der wertloseste …
    »Da!« sagte er zu dem Mädchen und hielt ihn ihr hin.
    Sie sah das Geld an, dann ihn. Er verstand, daß sie ihm nicht glaubte. »Also nicht!« sagte er gleichmütig und steckte das Geld wieder in die Tasche. »Schön dumm bist du. Hättest du zugefaßt, hättest du’s gehabt. Jetzt nicht mehr.«
    Er geht wieder gegen die Tür.
    »Ich gehe jetzt auf die Polizei, Frau Thumann«, sagt er. »In einer Stunde bin ich mit meiner Frau wieder hier. Sorgen Sie, daß was zum Abendessen da ist.«
    »Wird jemacht, Herr Pajel«, sagt sie. »Aber die Jardine, die müssen Se noch

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