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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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sanfter wurde, wurde er härter.
    »Ich möchte keinesfalls«, sagte er, schon ärgerlich, »daß Studmann von diesen Dingen erfährt. Wenn er nicht aufgefordert wurde, so wird das schon seine Ursache haben. Und was deinen Papa angeht …«
    »Nun gut«, lenkte sie ein, »lassen wir den Papa. Aber Herr von Studmann muß Bescheid wissen. Er ist der einzige, der eine Übersicht über unsere Geldverhältnisse hat, der sagen kann, ob wir den Wagen vielleicht doch bezahlen können …«
    »Verstehst du mich nicht, Eva?!« rief er zornig. »Ich lehne Studmann als Begutachter meiner Maßnahmen ab. Er ist nicht mein Kindermädchen!«
    »Es ist nötig, ihn zu fragen«, beharrte sie. »Wenn der Putsch mißlingt …«
    »Höre!« rief der Rittmeister zornig. »Ich verbiete dir, ein Wort mit Studmann über die Sache zu sprechen! Ich verbiete es dir!«
    »Und mit welchem Recht sprichst du Verbote gegen mich aus? Warum soll ich tun, was du für richtig hältst, da du doch alles, alles falsch machst? Gewiß werde ich mit Herrn von Studmann reden …«
    »Du hast bei deinem Freunde Studmann eine Hartnäckigkeit …«, sagte er argwöhnisch.
    »Ist er denn nicht auch dein Freund –?«
    »Ein Klugschnacker ist er, ein Besserwisser! Ein ewiges Kindermädchen!« rief er zornig. »Wenn du ein Wort mit ihm von dieser Sache sprichst, werfe ich ihn dieselbe Stunde hinaus!« Er machte sich ganz starr, er rief: »Wir wollen doch sehen, wer hier der Herr ist!«
    Lange, lange sah sie ihn mit stillem, weißem Gesicht an. Wieder wurde er unsicher unter diesem Blick. »Sei doch vernünftig, Eva«, bat er. »Sieh endlich ein, daß ich recht habe!«
    Kein Wort von ihr. Dann plötzlich drehte sie sich rasch um, im Fortgehen sagte sie: »Gut, mein Freund, ich werde Studmann nichts sagen. Ich werde überhaupt nichts mehr sagen.«
    Ehe er ihr antworten konnte, war er allein. –
    Er sah unzufrieden um sich. Ein Gefühl der Leere war nach diesem langen Streit in ihm geblieben, etwas Unbefriedigtes. Er hatte seinen Willen bekommen, aber das freute ihn diesmal nicht. Er wollte es abschütteln: es war nichts, ein endloser Schwall Worte, Streitigkeiten um gar nichts, warum denn –? Weil er ein Auto gekauft hatte! Wenn er über zwanzigtausend Goldmark Pacht zahlen konnte, konnte er sich auch ein Auto leisten. Es gab Bauern, die hatten einen Wagen! In Birnbaum war ein Bauer, der hatte ein Auto
und
einen Motorpflug! Es gab einen Bauern, der hatte fünfundzwanzig Nähmaschinen auf der Scheunendiele stehen, bloß um sein Geld anzulegen! Sachwerte!!!
    Und er hatte sich nicht einmal den Wagen um seines Vergnügens willen gekauft; hätte Major Rückert es ihm nicht befohlen, hätte er nie daran gedacht. Er hatte es um der guten Sache willen getan! Aber sie verstand das nicht. Sie wollte es nicht verstehen. Sie hatte in ihrem Toilettentisch ein Fach, mindestens einen Meter lang, vierzig Zentimeter tief, ganz voller Strümpfe! Aber alle Augenblicke kaufte sie sich neue Strümpfe! Dafür sollte immer Geld dasein! Er hatte jetzt durch Wochen kaum einen Pfennig ausgegeben – nur die paar Patronen, die er für die Karnickel gebraucht, und der tägliche Wein, den er zu Tisch gehabt hatte – aber bei seiner ersten Ausgabe erhob sie ein Geschrei!
    Leise und melodisch rief vor der Tür das Auto, sein Auto, sein so glänzend lackierter Horch! Froh über die Ablenkung, fuhr der Rittmeister von Prackwitz mit seinem Kopf aus dem Fenster. Seine Tochter Violet saß am Steuer und spielte mit dem Druckknopf der Hupe. »Willst du das mal lassen, Weio!« rief er. »Du machst die Pferde scheu!«
    »Der Wagen ist knorke, Papa! Du bist doch der Allerbeste. Es ist sicher der schönste Wagen im ganzen Kreis!«
    »Er ist auch schön teuer!« flüsterte der Rittmeister, indem er den Kopf zum oberen Stockwerk verdrehte.
    Weio kniff lachend die Augen zu. »Keine Angst, Papa! Mama ist auf den Hof gegangen. Sicher wieder mal ins Büro!«
    »Ins Büro? So!« ärgerte sich der Rittmeister.
    »Wie teuer, Papa –?« fragte Weio wieder.
    »Schrecklich! – Siebzehn.«
    »Siebzehnhundert? finde ich nicht viel, für so ’nen Klassewagen!«
    »Aber, Weio! Siebzehntausend!«
    »Na, Papa, dafür haben wir auch den schönsten Wagen im Kreis!«
    »Nicht wahr? Das sage ich auch! Wenn man was kauft, soll man auch was Anständiges kaufen!«
    »Mama ist wohl nicht ganz einverstanden?«
    »Noch nicht ganz! Aber warte man, wenn sie erst einmal darin spazierenfährt, wird sie auch ein anderes Gesicht

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