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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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ist also nichts mir deiner Erklärung, Albert!« sagte einer der Gendarmen laut und ärgerlich.
    »Wieso? Warum nicht?!« verteidigte sich der andere. »Sie kann ja allein hierhergelaufen sein, den Toten gefunden haben. Nimmt den Revolver, läuft weiter …«
    »Unsinn!« sagte der Hundeführer hart. »Wir haben ja immer die zwei Spuren vor Augen gehabt, Mann und Frau – bist du denn blind? – Dies ist eine böse Sache, sie geht weit über unsere Zuständigkeit … Wir müssen die Mordkommission benachrichtigen …«
    »Dies hier ist ein Selbstmord«, widersprach der Arzt.
    »Wir müssen nur das Fräulein suchen«, mahnte Pagel. »Schnellstens!«
    »Junger Herr«, sagte der Hundeführer. »Sie wissen etwas – oder Sie haben einen Verdacht, da Sie eben den Arzt so gefragt haben. Sagen Sie uns doch, was Sie glauben. Lassen Sie uns nicht im Dunkeln herumlaufen …«
    Alle Gesichter sahen auf Pagel. Er schaute hinunter auf den Toten, er dachte an jene Unterredung mit Violet im Park, als sie ihn küßte, später bedrängte sie ihn. Er hätte jetzt gern die feste Hand auf der Schulter gespürt, eine Stimme im Ohr – aber wenn wir uns entscheiden müssen, sind wir allein, und wir müssen es sein.
    Ich weiß ja nichts, klang es verzweifelt in ihm. Er horchte den Worten nach. Dann hörte er die rauhe Stimme wieder, den bösen und doch traurigen Klang, mit dem sie gesprochen hatte: Das Blut will hinab … – Das Blut will hinab …
    Er sah auf von dem Toten, er sah in die Gesichter der Männer. Er sagte: »Ich weiß gar nichts … Aber vielleicht habe ich etwas erraten … Heute früh hat der Herr Rittmeister von Prackwitz seinen Diener entlassen, nach einem schweren Streit. Das Mädchen im Haus hat mir heute abend erzählt, es sei um einen Brief gegangen, den das Fräulein geschrieben … Das Fräulein war sehr jung, und dieser Diener war nach allem, was ich von ihm weiß, ein sehr schlechter Mensch. Ich könnte mir denken …«
    Er sah fragend in die Gesichter.
    »Also irgend etwas wie eine Erpressung – das hört sich schon anders an!« rief ein Gendarm. »Bloß nicht solche verfluchten Geschichten mit Waffenlagern, Verrätern, Feme –!«
    Sein Kollege räusperte sich laut, fast drohend.
    »Los mit dem Hund! Laß ihn am Hemd riechen. Bleibt alle stehen. Geh mit der Minka einen Kreis um den Kessel ab, hier ist alles zertrampelt …«
    Keine fünf Minuten, und der Hund schoß einen kleinen Pfad hinauf, die Leine spannend. Eilig folgten die Männer. Aus dem Kessel heraus, oben ging es klar eine Schneise entlang, immer weiter fort von Neulohe …
    Plötzlich war der Dicke wieder neben Pagel. »Das haben Sie ganz gut gemacht«, sagte er anerkennend. »Haben Sie es also endlich doch erraten?«
    »Ist es denn wirklich wahr?!« rief Pagel erschrocken und blieb stehen. »Es kann doch nicht sein!«
    »Weiter, junger Mann!« mahnte der Dicke. »Jetzt haben wir Eile, obwohl ich überzeugt bin, wir kommen zu spät. – Natürlich ist es wahr – wer soll es denn sonst sein?«
    »Ich glaube es nicht. Dieses graue, fischige Vieh …«
    »Ich muß ihn gestern auf den Straßen von Ostade gesehenhaben«, sagte der Dicke. »Ich habe so eine Ahnung von dem Gesicht … Aber man sieht zuviel Gesichter heute, die nach Verbrechern aussehen, gewesenen und zukünftigen. – Gnade Gott dem Burschen, wenn ich ihn finde –!«
    »Wenn wir sie nur finden!«
    »Halt! Vielleicht ist Ihr Wunsch jetzt in Erfüllung gegangen …«
    Es gab einen Aufenthalt, quer ab von der Schneise zerrte der Hund in eine dicht bestandene Tannendickung. Mühsam, mit den Zweigen kämpfend, mit den Lämpchen leuchtend, drangen die Männer vor. Keiner sprach ein Wort. Es war so still, daß man das laute, ungeduldige Hecheln des Hundes hörte wie die Stöße einer Dampfmaschine.
    »Die Spur ist ganz frisch!« flüsterte der Dicke in Pagels Ohr und brach rascher durch die Zweige.
    Aber die kleine Lichtung, auf die sie traten, kaum größer als ein Zimmerchen, war leer. Mit einem leisen Aufheulen stürzte der Hund auf etwas, was auf der Lichtung lag – der Hundeführer griff danach. »Ein Damenschuh!« rief er.
    »Und noch einer!« rief der dicke Kriminalist. »Hier hat er –«
    Er brach ab. »Los, meine Herren!« rief er, »wir sind direkt hinter ihm. Er kann nicht mehr schnell vorwärts, mit dem Mädchen in Strümpfen. Loben Sie Ihren Hund, Mensch, vorwärts!«
    Und sie liefen!
    Kreuz und quer ging die wilde Jagd, durch Tannen und Wacholder, der Hund jammerte lauter,

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