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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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neben mich. Herr Schümann, helfen Sie doch bitte Herrn Rittmeister in den Wagen. – Oskar, hol noch eine Decke, die mit dem Pelz. – Herr Schümann, Sie müssen dann sofort zu Herrn Pagel gehen und ihm dies sagen, er wird sich auch freuen … Ach, Achim …«
    Endlich fährt der Wagen an.
    Der Rittmeister macht eine entschuldigende Bewegung zu seinem Hals. »Verzeih, Eva«, sagt er leise und wieder sehr mühsam. »Ich kann noch nicht richtig reden. Ich verstehe nicht ganz, aber …«
    »Aber was brauchst du denn zu reden, Achim?« sagt sie und nimmt seine Hand. »Wenn wir beide nur zusammen sind, nicht wahr, dann ist alles leichter –?«
    Er nickt heftig.

FÜNFZEHNTES KAPITEL
Der Letzte bleibt nicht allein

1
    Es ist nun Ende November, fast Dezember geworden; mit eisigen Stürmen, mit nassen, häßlichen Schneefällen geht das Jahr seinem Ende zu. Die letzten Kartoffelbuddler sind geflohen, ein großer Schlag, zehntausend Zentner Kartoffeln und mehr stecken noch in der Erde. Nach dieser Richtung hinaus mag Wolfgang Pagel nicht fahren; eine zornige Scham überkommt ihn, wenn er das Kartoffelkraut über der Erde verfaulen sieht und daran denkt, daß auch die Knollen in der Erde verfaulen – indes Menschen in den Städten vor Hunger umkommen.
    Ich habe vieles falsch gemacht, denkt er. Aber wie zum Teufel hätte ich es wissen sollen?! Keiner hat es mir gesagt, und ich habe jeden Tag so vieles zu erledigen gehabt, daß ich nicht über den Tag hinausdenken konnte. Gleich vom Felde hätte ich die Kartoffeln zur Bahn fahren sollen, dann hätten wir jetzt das bißchen Geld, das uns immer fehlt. Nun lagern sie in den Mieten, von Frost und Dieben bedroht. – Erst im Frühjahr werden sie zu verkaufen sein, und wer wird dann hier wirtschaften?
    Die Dreschmaschine draußen singt und brummt – aber sie ist zu laut, sie ist zu auffallend. Da ist ein Mann in Frankfurt, er hat einmal eine große Summe Inflationsgeld hergegeben, es wurde dafür ein Auto gekauft – nun will der Mann seine Ware haben. Die Zeiten beginnen sich zu ändern, in Berlin sollen sie nun wirklich die Notenpresse stillgelegt haben, es heißt, die Mark wird nicht mehr tiefer fallen; als für einen amerikanischen Dollar viertausendzweihundert Milliarden Mark gegeben wurden, hörte die Mark auf zu fallen. Vielleicht bleibt sie auf diesem Stand wirklich stehen – schließlich ist auch das egal.
    Die Dreschmaschine brummt und singt – manchmal schafft sie für den Mann in Frankfurt Roggen, manchmal muß der leer ausgehen, weil ein anderer rascher ist. Der Herr Geheimrat von Teschow hat den schönen Ort Nizza an der Azurküste verlassen, er wohnt nun in der angenehmen Stadt Dresden, genauer, auf dem »Weißen Hirsch« in Loschwitz. Vielleicht will er abnehmen, oder seine Galle plagt ihn, wenn er an Neulohe denkt. Oder die alte gnädige Frau hat es mit den Nerven …
    Jedenfalls besuchen Sendboten von ihm häufig Neulohe. Es sind Gerichtsvollzieher und Obergerichtsvollzieher, auch ein fröhlicher Rechtsanwalt mit roten Schmissen und sehr dünnem blondem Haar ist für Wolfgang eine bekannte Figur geworden. Der Vater aus Dresden schnappt zu, er hat Witterung und einen guten Appetit. Dazu hat er ein vollstreckbares Urteil, oh, es ist alles in bester Ordnung! – Wieder hat er dreihundert Zentner Roggen geschnappt, einen Waggon, den der Mann in Frankfurt haben sollte …
    Pagel sitzt an seiner Schreibmaschine, es ist erst halb neun Uhr morgens, er tippt einen Brief, den der Postbote unbedingt noch mitnehmen muß.
    »Sehr geehrter Herr Soundso, zu meinem Bedauern muß ich Ihnen mitteilen, daß der Ihnen bereits avisierte Waggon Roggen (Baden 326485, 15 tons) noch vor seinem Abrollen auf der hiesigen Verladestation von dem Ihnen bekannten andern Gläubiger des Herrn von Prackwitz beschlagnahmt wurde. Ich bitte Sie noch um einige Tage Geduld, ich werde eine Ersatzlieferung so schnell wie möglich vornehmen. Mittlerweile bitte ich zu erwägen, ob Sie das für Sie bestimmte Getreide nicht direkt mit Lastzug von der Dreschmaschine abholen können. Ich habe Ihnen ja bereits mündlich ausgeführt, daß es weder an unserm guten Willen zu liefern noch an der Möglichkeit fehlt …«
    Aber was sagte die Herrschaft dazu? Was sagen die beiden Leute in der Villa dazu?
    Sie sagen gar nichts dazu!
    Der Rittmeister spricht überhaupt nicht gern ein Wort, er sitzt am liebsten still neben seiner Frau. Und Frau Eva nickt mit dem Kopf. »Machen Sie das ganz so, wie Sie es für richtig

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