Wolfgang Ambros - Die Biografie
das Doppelalbum 19 Class A Numbers pressten wir alles, was uns gerade eingefallen ist, von Schwarzer Afghane bis Baba und foi ned. Wir waren flott unterwegs, wir haben uns lustvoll dagegen gewehrt, zum Schweigen gebracht zu werden.
Beruflich ging’s heftig bergauf, in der Freizeit rasant bergab. Wobei das Skifahren für mich fast noch der größere Stress war. Denn von der Clique aus Salzburgern und Oberösterreichern, mit denen ich mich an den Wochenenden die Pisten von Obertauern, Zell am See und Saalbach hinuntergestürzt habe, waren alle besser als ich. Das hat mich in doppelter Hinsicht gereizt, nämlich ebenso angespornt wie narrisch gemacht. Ich wollte mich nicht abhängen lassen, und irgendwann gelang mir das auch. Ein paar Jahre später bestand ich immerhin die Hilfsskilehrerprüfung.
Urlaub im entspannten Sinn war das Skifahren also keiner. Als Musiker vergisst du nicht, was du zwischen den Ohren hast, ständig summt irgendwas im Kopf herum und du überlegst, ob das auch andere hören wollen. Und wenn ja, in welcher Verpackung du es auf den Markt schmeißen willst. Der Grafiker Richard Donhauser, der mit Ute Lackner, seiner Frau und Christls Chefin, fast immer mit von dieser Skifahrer-Maniac-Partie war, erinnerte mich daran, dass mich noch eine Kleinigkeit von dem Mick Jagger, der ich sein wollte, trennte. »Ich will so ein Logo wie die Stones«, ließ ich ihn wissen.
Er nickte, ist mit einem Packerl Zigaretten dahergekommen und hat W. Ambros statt Marlboro draufgeschrieben. Damit war das auch erledigt. Auf der Rückseite von 19 Class A Numbers ist das Packerl zerknüllt. Der Branko Zivanovic war erstmals nicht so begeistert. »Da siehst man ja nichts von dir«, sagte er.
Ich klappte den Entwurf vom Doppelalbum auf und zeigte ihm ein großes Foto von mir, vom Joesi, vom Christian und vom Hugo Khittl, dem der Schwarze Afghane zu danken ist. »Das muss genügen«, sagte ich und Branko gab nach. Freiheit, dein Name war Zivanovic.
Er ließ mir sogar durchgehen, dass ich es in tief gefühlter Selbstüberschätzung geradezu untersagt habe, eine Nummer von 19 Class A Numbers als Single erscheinen zu lassen. Für eine Plattenfirma war das in einer Zeit, in der man noch weit mehr Singles als Alben verkauft hat, kein Kavaliersdelikt, sondern schwere Geldverschwendung. Für mich wär’s eine Tortur gewesen. Mit einer Single hätte ich mich wieder durch die ZDF-Hitparade schleifen lassen müssen, und das wollte ich um jeden Preis vermeiden. Das bedeutete wieder, jede Woche zwei Tage lang in Mainz anzutanzen, um mich dort mit den Roland Kaisers und Jürgen Drews in eine Reihe zu stellen. Ein musikalischer Streichelzoo, dem ich mich nicht zugehörig fühlte. Wie sie mich dann in der Maske auch noch standesgemäß zum TV-Event anziehen wollten, sagte ich zum Branko: »Das brauch ich wirklich nicht. Ich bin ein Albumkünstler.«
Und einer, der live spielen wollte, wonach auch zunehmend verlangt wurde. Allerdings war das nun langsam etwas peinlich mit einer Band, die fast so unzulänglich war wie das Equipment. Im Kleinen Café am Franziskanerplatz in Wien saß ich kurz darauf mit der Lösung meiner Probleme an einem Tisch. Ich unterhielt mich mit Helmut Novak, genannt Nockerl, einem Schlagzeuger, der gerade nirgends fix spielte und willens war, mit mir eine neue Band zu gründen. Er brachte Helmut Pichler am Bass mit, Martin Kunz von Abadie übernahmen wir an der Gitarre, und der Peter Schleicher saß am Keyboard. Die No. 1 vom Wienerwald war formiert.
Zu unserem ersten Proberaum verhalfen uns die Brüder Plappert, die ums Eck vom Kleinen Café in der Ballgasse eine Tischlerei betrieben und uns ihren Keller zur Verfügung stellten. »Wenn ihr wollt, könnt ihr da unten spielen«, sagte der eine. Auf das hinauf habe ich mich gleich einmal seiner Freundin bemächtigt. Der Keller war ein ungestörtes Plätzchen für unsere Gehversuche als Combo, bis zwei langhaarige Gestalten vom ORF-Jugendmagazin Ohne Maulkorb auftauchten und einen Beitrag über uns drehen wollten. Ich habe mich einem Duo Infernale gegenübergesehen und bin gleich einmal pampig geworden: »So was haben wir nicht notwendig.«
Und dann durfte ich zum ersten Mal erleben, von welch hartnäckiger Überzeugungskraft Rudi Dolezal und Hannes Rossacher waren. So schnell habe ich gar nicht Also-gut-in-Gottes-Namen sagen können, hatten sie ihr Graffel aufgestellt und ich saß schon vor der Kamera. Es war der Anfang einer bewegten Zeit, nicht nur in Bild und
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