Wolfgang Ambros - Die Biografie
Verantwortung, sondern auch das ganze Drumherum bis hin zu den Finanzen am Hals. Nicht, dass ich gar keine Ahnung hatte, 1978 war ich nach sieben Jahren im Geschäft ein alter Hase. Damals konnte man den Leuten noch auf die Finger schauen, wer heute über ein TV-Casting in die Branche rutscht, hat gar keine Chance, die Mechanismen überhaupt mitzukriegen. Der Horst vom Europa-Sound-Studio, den ich telefonisch auf mein Erscheinen vorbereitete, war jedenfalls von gedämpfter Freude: »Dylan-Lieder, mhm, und der Christian?«
»Der kann nicht«, sagte ich, »ich mach das allein.«
»Bist du dir sicher?«, fragte Horst.
Ich sagte: »Wenn ich mir wo sicher bin, dann bei dem Projekt. Weil irgendwas muss passieren.« Toller Grund, dachte ich, kaum dass ich aufgelegt hatte, und wählte gleich noch einmal, um den Kolonovits zu fragen, ob er deppert geworden sei, mich so im Stich zu lassen.
Ich packte die Band zusammen, wir fuhren nach Offenbach. Im Kopf hatte ich alles fertig, auf dem Papier standen schon die meisten Texte, im Studio stellten wir uns an, als spielten wir die Kennmelodie für eine Telefonschleife ein. Die professionelle Einstellung war da, die professionelle Ausführung ließ zu wünschen übrig, um es freundlich auszudrücken.
Irgendwie war in dem Projekt der Hund drin. Schon das mit den Song-Rechten war so eine Sache. Die Lieder gehörten einem Tochter-Verlag der Columbia Österreich, mit denen ich gar nicht gut war, seit sie einst den Hofa verschmäht hatten. Mit dem Tonmeister hatten wir Unstimmigkeiten, weil wir ihn narrisch gemacht haben.
»Ihr seid nicht in der Time«, sagte er.
»Stell dir vor«, sagte ich.
Dass der Tonmensch recht hatte, hieß noch lange nicht, dass er recht haben durfte. Die No. 1 vom Wienerwald war aufeinander eingespielt, aber keine Studioband, uns kam es auf ein paar Sekunden mehr oder weniger nicht so an. Trotzdem habe ich sie zusammengeschissen, wie es sich für den Producer gehört: »Buama, wir spielen ja wie die Letzten.«
Um den Dylan nicht den Main runtergehen zu lassen, setzte ich mich mit Peter Koller zusammen, er war mein Bandleader und wird das wahrscheinlich auch bleiben, bis die Hölle zufriert. Wir gingen in eine hässliche Äppelwoi-Bar und tranken genau das.
»Weißt du was«, sage ich, »es schleppt sich dahin, wir sind nicht professionell, aber ich glaube, dass das Projekt so viel Interesse hervorrufen wird, dass man damit trotzdem an die Öffentlichkeit gehen kann.«
Wir trinken ein paar Achteln.
Der Peter sagt: »Das sehe ich genauso.«
Wir trinken ein paar Achteln.
Ich sage: »Und das Genörgel von dem Tontypen, dem Oberg’scheiten, höre ich mir auch nicht länger an. Der wird morgen entmachtet. Ich sage ihm, er wird aufnehmen, was wir spielen, und sich jeden Kommentars enthalten.«
Wir trinken ein paar Achteln.
Der Peter sagt: »Das sehe ich genauso.«
War ein wichtiges Gespräch.
Mein Grafikdesigner, der Richard Donhauser, hatte etwas Besonderes ersonnen: Auf dem Cover mein Schriftzug im Prägedruck, darüber stand »Bob Dylan«, rechts unten war ein in den Karton gebranntes Loch neben einer Zigarette. Obszön teuer das Ganze, aber von Branko Zivanovic abgesegnet. Macht’s nur, Burschen, macht’s fertig. Damals gab es noch keine Wörter wie Budgetkürzung, Kostenoptimierung und Rentabilitätscheck, die wie ein Fallbeil auf deine Idee krachen. Am Ende hielt ich die Platte in Händen. Wie im Schlaf, weil es so war. Wir verkauften auf Anhieb hundertachtzigtausend Stück. Das Leben hatte wieder einen Sinn.
8
Vom Sombrero unter den Tirolerhut
Ein Interview hat mir eine Ehefrau gebracht. Eine Redakteurin des Jugendmagazins Rennbahn Express, mit der ich nicht nur journalistisch Umgang hatte, wollte eine Story von mir und brachte eine Kollegin zum Termin mit. Margit Cermak hieß sie, und sie war mir nicht unbekannt. Seit ich sie bei der Präsentation meiner Eigenheiten an der Seite von Rene Reitz zum ersten Mal gesehen hatte, war sie mir immer wieder über den Weg, aber nie in die Arme gelaufen. Ich hatte mit ihr geredet, sie aber nie so angebraten, wie ich gewollt hätte, jetzt holte ich das nach. Wodurch sich mein Privatleben über Nacht veränderte, im Express-Verfahren.
Die Dinge standen günstig für eine Umgestaltung. Die Liaison mit Silvia hatte derart bizarre Züge angenommen, dass ich es für klüger hielt, in voller Fahrt abzuspringen, um nicht in den Bahnhof des kompletten Wahnsinns einzufahren. Das Verhältnis mit der Journalistin
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