Wolfgang Ambros - Die Biografie
war etwas, das immer zwischen den Zeilen stattfand. Es war übrigens die Dame, die ich mir von dem einen Plappert-Bruder entlehnt hatte. Eigentlich war ich der Beziehungen überdrüssig. Aber da habe ich nicht mit der Margit und schon gar nicht mit der Macht der Evolution gerechnet.
Der Trieb manifestiert sich im Drang, sagt die Wissenschaft. Seit zweihunderttausend Jahren ist es immer dasselbe Spiel mit den Männern und den Frauen. Damals hat sich der Wunsch zur Fortpflanzung entwickelt, jetzt war es bei der Margit so weit. Und mir schien es auch eine gute Idee zu sein, so mühelos, wie sich unsere Romanze ohne viel Tamtam ins Langfristige entwickelte. Du,ich will dich. Ja, ich will dich auch. Du, ich möchte zehn Kinder. Ja, fangen wir einmal mit einem an. Damit war die Familienplanung fixiert. Die Margit ist bei mir in Inzersdorf eingezogen, wir sind ein bisschen in der Welt herumgefahren und dann nach Griechenland. Mein erster Sohn ist der Magie von Petraki entsprungen.
Dass ich tatsächlich Vater werden sollte, habe ich ein paar Wochen später daheim erfahren.
»Und?«, fragte ich, »wie schaut’s aus?«
Die Margit nickte.
»Gut«, sagte ich, »let’s go for it.«
Als Erstes brauchten wir ein anderes Zuhause, Inzersdorf war mir zu altbekannt und zu klein für meine neuartige, große Aufgabe. Die Erinnerungen, mit denen man dort unter einem Dach lebte, erschienen mir nicht die geeignete Umgebung für eine Familie. Meine Familie. Mein Vater fand einen Platz für uns: »Da wäre ein Haus in der Pfalzau, schiach, alt, aber mit einem wunderschönen Garten, schau es dir an.« Er hatte mit allem recht, das Haus war derart schiach und alt, dass ich es nicht gekauft hätte. Die Margit dagegen war begeistert, und mir war klar, dass das für mich ab jetzt nichts anderes hieß, als hackeln bis zum Umfallen.
Im November 1981 kaufte ich das Haus und begann mit dem Umbau. Am 19. März 1982, meinem dreißigsten Geburtstag, heirateten wir. Einen Monat später, am 11. April, wurde der Matthias geboren.
Besonders eilig hatte er es nicht mit seiner Ankunft auf dieser Welt. Die Natur ließ sich Zeit für ihn, er war einige Tage überfällig. An dem Abend, an dem er sich entschloss, uns in den Schoß zu fallen, waren wir noch auf einer Party in Wiener Neustadt. Wir hatten uns gerade hingelegt, als er uns aufscheuchte.
Vollgas fahren wir nach Wien, ins Goldene Kreuz im neunten Bezirk. Im Kreißsaal unterhält sich der Arzt mit mir.
»Die Austria wird nie Meister«, sagt er.
»Diesmal ja«, sage ich. Und so war’s dann auch.
Leser: »Was man halt so bei der Geburt seines Stammhalters redet.«
Lass dich nur nicht täuschen. Wenn du deiner Frau in den Wehen die Hand hältst, bist du ratlos. Wenn du dein Kind in den Armen hältst, siehst du das Leben anders. Auf einmal werden dir so Dinge wie Verantwortung bewusst und es meldet sich der Beschützerinstinkt.
In diesem Jahr habe ich erstmals keine Platte gemacht. Nur eine Tour durch Österreich, auf der wir einen Rekord aufgestellt haben: zweiunddreißigtausend Zuschauer, zweiunddreißigtausend Münder, die Woefaaaaal! schreien. Mehr war damals wirklich nicht möglich.
Weder was die Zeit, noch was den Erfolg anging. Seit dem Dylan-Album rotierte ich vier Jahre lang schneller als meine Singles auf dem Teller. Mit dem Dylan habe ich Deutschland erobert, Wie im Schlaf eben. Sogar Schaffnerlos, diese zutiefst wienerische Betrachtung, fraßen sie mir dort aus der Hand. Es gab einen eigenen Ambros-Ski. Wir waren zum ersten Mal eine richtig geile Rockband, der Günter Dzikowski übernahm das Keyboard und wir sind innerhalb von zwölf Monaten dreimal durch Deutschland getourt. Jeweils hundert Konzerte am Stück, da fordert der Rock ’n’ Roll seinen Tribut. Ich habe nicht mehr können, die Band hat nicht mehr können. Hackeln bis zum Umfallen, wie ich es mir prophezeit hatte.
Man kann sich das vermutlich nicht vorstellen, wenn man sich sein Geld nicht auf der Bühne verdient. Eine Tournee, das sind zwanzig Stunden Arbeit am Tag. In der Früh fährst du irgendwo weg, die Band mit dem Tourbus, ich meistens mit meinem BMW. Fünfhundert Kilometer später kommst du gegen Mittag irgendwo an. Du checkst ein im Hotel, hetzt immer noch mit dem Nachhall vom vorigen Abend im Ohr sofort weiter in die Halle zum Soundcheck, und bis du wieder vors Publikum musst, siehst du nichts als Mikrofone und Kameras, die dir auf Schritt und Tritt nachrennen. Eskortiert von Veranstaltern, die unbedingt
Weitere Kostenlose Bücher