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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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brachten ihm schon wieder einen tadelnden Blick ein, aber Maria schien auch einzusehen, daß sie ihn wohl am ehesten zum Schweigen brachte, wenn sie seine Fragen beantwortete.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie, »ich dachte, Ihr könntet es mir sagen. Ihr wart sterbenskrank - aber das wißt Ihr wohl besser als ich.«
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    Sie schwieg einen Moment, ein Ausdruck tiefer Sorge breitete sich auf ihren verhärmten Zügen aus. Sie setzte sich wieder auf ihren Schemel, zögerte unmerklich und streckte dann den Arm aus, um seine rechte Hand in die ihre zu nehmen. Die Berührung tat gut. Ihre Haut war rissig und voller Schwielen, und doch erfüllte sie Tobias mit einem Gefühl der Wärme.
    »Wie lange . . . habe ich . . . hier gelegen?« flüsterte er.
    »Zwei Tage«, antwortete Maria. »Wir haben den Arzt
    kommen lassen, damit er nach Euch sieht. Wir waren in Sorge. Es ... sah eine Weile nicht gut um Euch aus, Tobias.
    Ich war nicht sicher, ob Ihr es überlebt.«
    »Und was hat er gesagt.«
    Maria zuckte mit den Schultern. »Nicht viel«, antwortete sie. »Er hat Euch eine Medizin eingeflößt, und dann ist er in den Keller gegangen und hat in Verkolts Sachen herumge-sucht. Er hat mir dieses Pulver hiergelassen und gesagt, ich soll Euch eine Messerspitze davon in etwas Wasser auflösen.
    Ihr wart wirklich sehr krank. Auch der Graf war schon hier.«
    »Nur er?« fragte Tobias spöttisch. »Oder auch das Kräuterweib?«
    »Nein«, antwortete Maria lächelnd. »Er meinte, Ihr würdet wohl eher sterben wollen, ehe Ihr die Hilfe heidnischer Zauberei in Anspruch nehmt.« Sie lächelte bei diesen Worten, und doch ließen sie Tobias innerlich schaudern, denn sie enthielten eine Botschaft Theowulfs an ihn, die nur er verstehen konnte.
    »Ich bin hungrig«, sagte er. »Habt Ihr noch etwas von Eurer Suppe?«
    Maria nickte, stand auf und schüttelte fast in der gleichen Bewegung den Kopf. »Ich gehe und koche neue«, sagte sie.
    Sie verließ das Zimmer, und Tobias schloß wieder die Augen. Er fühlte sich schwach. Obwohl er zwei Tage und Nächte im Bett gelegen hatte, wünschte er sich doch nichts mehr, als einfach einschlafen zu können.
    Und er mußte wohl im gleichen Moment wirklich eingeschlafen sein, denn als er aufschrak, war es hell im Zimmer, 267
    und von der Straße drangen erregte Stimmen herein. Er war allein. Aber auf dem kleinen Schränkchen neben seinem Bett stand eine frische Schale mit Suppe, die nur noch lauwarm war, als er die Hand danach ausstreckte. Vorsichtig richtete er sich auf, griff mit beiden Händen nach der Schüssel und trank. Die Brühe schmeckte köstlich. Mit behutsamen, kleinen Schlucken leerte er die Schale, stellte sie zurück und genoß das warme, wohltuende Gefühl, das sich in seinem Magen ausbreitete. Er blieb noch eine Zeitlang so sitzen, mit geschlossenen Augen und aufrecht gegen die Wand gelehnt, dann schlug er vorsichtig die Bettdecke zurück und versuchte aufzustehen.
    Er war noch recht wackelig auf den Beinen, und doch fühlte er, wie die Kraft in seinen Körper zurückkehrte.
    Schwerfällig wandte er sich zur Tür. Plötzlich vernahm er Stimmen. Er konnte die Worte nicht verstehen, und doch schienen es sehr ärgerliche Männerstimmen zu sein. Sie schienen zu streiten oder erregt zu diskutieren. Tobias blieb stehen, sah einen Moment nachdenklich auf das gelbe Ölpapier des Fensters, durch das das Sonnenlicht drang, und machte dann kehrt.
    Ein wenig mußte er seine Kräfte wohl doch überschätzt haben, denn als er das Fenster erreichte, da wankte er bereits wieder vor Erschöpfung und war in kalten Schweiß gebadet.
    Zitternd hielt er sich mit einer Hand am Fensterbrett fest, rang schwer nach Atem und streckte dann den anderen Arm aus, um das Fenster zu öffnen. Er brauchte frische Luft.
    Auf der Straße standen ein paar Männer zusammen, unter ihnen war auch Bresser. Tobias konnte noch immer nicht verstehen, was sie redeten, aber ihre Gesten verrieten ihren Zorn. Es ging um dieses Haus. Und um die Menschen, die darin wohnten.
    Tobias schloß das Fenster wieder, ehe die Männer drau-
    ßen bemerken konnten, daß er sie beobachtete, und ging zum Bett zurück. Müde ließ er sich auf die Kante sinken, stützte die Ellbogen auf die Knie auf und verbarg das Gesicht in den Händen. Statt ihm gutzutun, hatte die frische Luft das Schwindelgefühl in seinem Kopf wieder geweckt. Er mußte 268
    sich wieder hinlegen. Er war schwach und krank - und zutiefst verwirrt. Der kurze Blick auf die Straße

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