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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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war.
    »Ich bin wirklich froh, daß es Euch wieder gutgeht«, fuhr Theowulf fort, als Tobias keine Anstalten machte, von sich aus das Gespräch zu eröffnen, sondern ihn nur durchdringend ansah. »Eine Zeitlang waren wir alle wirklich in Sorge um Euch.« Er seufzte noch einmal. »Aber ich hatte Euch gewarnt, nicht wahr?«
    Tobias zog die Augenbrauen zusammen. Er versuchte, sich aufzurichten, rutschte aber zweimal kraftlos zurück, bis Theowulf sich schließlich kommentarlos vorbeugte und das Kissen so unter seinen Nacken schob, daß er halb aufgerichtet dalag.
    Tobias nickte dankbar, aber sein Gesichtsausdruck hellte sich um keinen Deut auf.
    »Seid Ihr gekommen, um Euch nach meiner Gesundheit zu erkundigen oder um unseren Streit fortzusetzen?« fragte er.
    Theowulfs Lächeln erlosch für einen Moment. »Ich war wirklich in Sorge um Euch«, sagte er schließlich. »Aber Ihr 273
    habt natürlich recht: Es gibt eine Menge zu besprechen. Und wir haben nicht mehr sehr viel Zeit.«
    Er lächelte und bewegte unsicher die Hände im Schoß.
    »Ich hoffe, Ihr habt ein wenig Zeit gefunden, um über meinen Vorschlag nachzudenken«, fuhr er fort.
    »Das habe ich«, sagte Tobias unbestimmt.
    Theowulf sah ihn erwartungsvoll an. Dann, als der Dominikaner schwieg, stand er auf, um unruhig im Zimmer auf und abzugehen. »Warum macht Ihr es mir und Euch so
    unnötig schwer, Tobias«, fragte er, ohne den Mönch anzusehen.
    »Wie meint Ihr das?«
    Theowulf hielt inne und drehte mit einem Ruck den Kopf.
    Für einen winzigen Moment glaubte Tobias, einen Ausdruck blanker Wut in seinen Augen zu erkennen, aber er war sich nicht sicher, zumal Theowulfs Stimme ruhig und fast heiter klang, als er antwortete: »Das wißt Ihr ebensogut wie ich, Pater Tobias. Wir sind allein. Niemand hört zu, niemand belauscht uns. Also können wir genausogut offen reden. Ich weiß, daß Ihr diese Frau kennt und nicht erst, seit Ihr hierher gekommen seid.«
    Tobias war verwirrt und alarmiert zugleich. Hatte Maria ihr Wort gebrochen und sein Geheimnis doch verraten?
    »Was ich Euch vor drei Tagen auf meinem Schloß erzählt habe, Tobias, ist die Wahrheit«, fuhr Theowulf fort. »Mir liegt nichts daran, Katrin etwas anzutun, ganz im Gegenteil.
    Ich habe sie immer gemocht, und ich mag sie auch jetzt noch.«
    »Warum wollt Ihr sie dann opfern?« fragte Tobias.
    Theowulf machte eine zornige Handbewegung. »Niemand spricht davon, irgend jemanden zu opfern«, entgegnete er.
    »Und selbst wenn - ich würde keinen Moment zögern,
    mein Leben zu opfern, um den Menschen hier zu helfen.«
    »Wem ist damit geholfen, einen Unschuldigen auf den Scheiterhaufen zu bringen?« fragte Tobias.
    »Niemandem!« Theowulfs Gesicht verdunkelte sich vor Zorn. »Habt Ihr eigentlich überhaupt nicht zugehört? Ihr wird kein Leid geschehen, wenn Ihr genau das tut, was ich 274
    Euch sage. Niemandem wird überhaupt etwas geschehen.
    Aber die Menschen hier brauchen ein Zeichen, sie müssen sehen, daß etwas geschieht, daß die Kirche und ich unser Versprechen einhalten und sie beschützen. Sie werden sehen, daß wir den Verantwortlichen gefunden haben und bestrafen, und danach werden sie alle wieder an ihre Arbeit gehen, und vielleicht wird sich dann alles wieder zum Guten wenden. Der Winter wird hart werden, aber mein Vermögen reicht aus, die Menschen hier vor dem Verhungern zu schützen. Und im nächsten Jahr wird mit Gottes Hilfe die Ernte wieder besser ausfallen.«
    »Glaubt Ihr, daß es Gottes Wunsch ist, daß wir diese Menschen hier belügen?« fragte Tobias.
    Abermals machte Theowulf eine ärgerliche Geste. »Belü-
    gen! Was für ein großes Wort! Aber selbst wenn - es ist das kleinere von zwei Übeln. Bitte verzeiht, wenn ich so offen spreche, Tobias, aber Ihr habt ja keine Ahnung, was hier vorgeht. Die Menschen haben Angst, sie suchen irgend jemanden, den sie verantwortlich machen können. Und wenn es nicht die Hexe ist . . .«
    »Dann seid Ihr es, nicht wahr?« unterbrach ihn Tobias.
    Betroffenheit machte sich auf Theowulfs Gesicht breit. Er wich seinem Blick aus, starrte einen Moment ins Leere und begann, mit den Füßen zu scharren.
    »Ja«, antwortete er dann. »Vermutlich bin ich es. Aber wenn Ihr jetzt glaubt, ich hätte Angst davor, dann täuscht Ihr Euch. Ich sagte Euch schon einmal: Mir liegt nicht viel an der Macht. Ich habe sie nicht gewollt. Ich habe diese Grafschaft und das Schloß von meinem Vater geerbt, ohne daß mich jemand gefragt hat, ob ich das will oder

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