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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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Tobias sah, daß er etwas in der linken Hand trug, das er jetzt rasch hinter dem Rücken versteckte, und für die Dauer eines Gedankens schien er einfach unschlüssig, ob er ins Haus zurückgehen und so tun solle, als hätte er den unerwarteten Besucher nicht gesehen. Aber ihre Blicke waren sich bereits begegnet. Die Hand des Dicken machte noch 35
    eine Bewegung hinter seinem Rücken, als stopfe er hastig etwas unter seinen Gürtel, dann zwang er ein öliges Lächeln auf sein Gesicht und kam mit kleinen, trippelnden Schritten näher. Er sagte nichts, sondern legte nur den Kopf auf die Seite und sah Tobias fragend an.
    Die Situation kam Tobias immer unwirklicher vor. Er war so verwirrt und hilflos, daß er im ersten Moment nicht einmal Worte fand. Er wußte nicht, was er erwartet hatte
    - einen solchen Empfang jedenfalls nicht. Schließlich räusperte er sich übertrieben und deutete ein Kopfnicken an -
    sehr vorsichtig, um den hämmernden Schmerz zwischen seinen Schläfen nicht zu einer neuen Attacke zu provozie-ren.
    »Einen schönen Tag wünsche ich«, begann er umständ-
    lich.
    Der Dicke nickte. Seine Linke fuhrwerkte weiter hinter seinem Rücken herum. »Pater?«
    »Mein Name ist Tobias«, antwortete Tobias. »Pater
    Tobias. Der Bürgermeister Eurer Stadt erwartet mich. Ich wurde vom Abt des Dominikanerklosters in Lübeck
    gesandt, um . . .«
    »Ihr seid gekommen, um die Hexe zu verbrennen?« Das Gesicht des Dicken hellte sich auf; auf eine Art und Weise, die Tobias darin bestärkte, ihn nicht zu mögen.
    »Ich bin der Inquisitor, nach dem ihr geschickt habt«, antwortete er kühl. »Ob und wer verbrannt wird, wird die Interrogatio erweisen.«
    Wenn dem Dicken die plötzliche Kälte in Tobias' Stimme überhaupt auffiel, dann ignorierte er sie meisterhaft. Aber von seiner phlegmatischen Art war plötzlich nichts mehr zu spüren - mit zwei, drei Schritten kam er näher, zog endlich die linke Hand aus seiner Hose und griff mit der anderen nach Tobias' Bündel. Tobias preßte den schmalen Leinen-sack fester an sich, und der Dicke führte die Bewegung nicht zu Ende. Aber ihm entging keineswegs das dünne, abfällige Lächeln, das für einen kurzen Moment über seine Lippen huschte.
    »Ich glaube, man erwartet mich«, sagte er steif. »Vielleicht 36
    seid Ihr so freundlich, mich zu Eurem Bürgermeister zu führen?«
    »Den Bürgermeister?« Der Dicke lachte, als hätte Tobias einen guten Scherz zum besten gegeben, und zerrte wieder an Tobias' Bündel. »So etwas haben wir hier nicht.«
    »Aber man sagte mir . . .«
    »Wenn Ihr irgendwelche Fragen oder Wünsche habt,
    Pater, so wendet Euch getrost an mich. Man nennt mich Bresser.«
    Tobias dachte einen Moment angestrengt nach. Aber
    Bresser gehörte eindeutig nicht zu den Namen, die man ihm genannt hatte. Und auch nicht zu denen, von denen in dem Brief die Rede gewesen war.
    »Aber kommt doch erst einmal herein, Pater«, fuhr Bresser fort. »Es redet sich schlecht auf der Straße. Und ich finde, Ihr seht . . . ein wenig mitgenommen aus, wenn die Bemerkung gestattet ist. War die Reise sehr anstrengend?«
    Tobias murmelte eine Antwort, von der er selbst nicht so genau wußte, was sie bedeutete, geschweige denn, daß der Dicke sie verstehen konnte, und gab dem Zerren der fettigen Stummelfinger endlich nach. Im Grunde war er sehr froh, der Last endlich ledig zu sein: der grobe Strick, an dem der Beutel über seiner Schulter hing, schnitt schmerzhaft in seine Haut, und obwohl das Leinensäckchen eigentlich nichts mehr enthielt als einige Schriftstücke, einen Laib Brot und die wenigen Dinge, die er zur Ausübung seines Amtes benötigte, hatte er sein Gewicht im Laufe des letzten Weg-stückes doch unangenehm zu spüren begonnen.
    Während er von der gepflasterten Hälfte der Straße her-untertrat und Bresser zur Tür folgte, fiel sein Blick noch einmal auf das andere Gebäude. Jetzt, von nahem betrachtet, kam es ihm noch viel wuchtiger und wehrhafter vor als aus der Ferne. Tobias vermochte das Gefühl nicht zu begründen.
    Es war ein Gefühl ähnlich dem, das er im Wald gehabt hatte.
    Dies war ein unguter gottloser Ort. Ein Ort, von dem er sich besser fernhielt. Leise fragte er:
    »Dieses Gemäuer da - was ist es?«
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    Der Dicke blieb stehen und blinzelte ihn aus seinen Schweinsäuglein an. »Es gehört Theowulf. Er wohnt dort, wenn er sich in der Stadt aufhält.«
    Theowulf? Das war der Name, den . . .
    »Dem Grafen«, fuhr Bresser fort, als er des fragenden Ausdruckes

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