Wolfgang Hohlbein -
zu bewegen. Jeder Schritt schien ihr unerträgliche Pein zu bereiten.
377
»Ihr habt sie ... gefoltert?!« krächzte Tobias ungläubig.
»Die Beschuldigte wurde einer Interrogatio unterzogen, wie es in einem solchen Falle üblich ist, wenn es der Wahr-heitsfindung dient«, berichtete ihm Pretorius.
»Ihr habt sie gefoltert!« beharrte Tobias. Er fuhr herum, starrte Pretorius an und beugte sich erregt vor. Auch Telarius und Bruder Stephan spannten sich, und Tobias begriff plötzlich, daß seine Haltung ihnen allen Anlaß zu der Befürchtung bot, er könne sich einfach auf Pretorius stürzen.
»Ihr . . . Ihr habt ein Geständnis von ihr erpreßt«, sagte er mit zitternder Stimme. »Was soll das beweisen? Auch ich würde auf der Folter alles gestehen, was Ihr von mir hören wolltet.«
Natürlich wußte er, wie sinnlos diese Worte waren. Pretorius machte sich noch nicht einmal die Mühe, darauf zu antworten, sondern gebot Katrin mit einer befehlenden Geste, näherzutreten.
Sie gehorchte.
Tobias versuchte vergeblich, einen Blick ihrer Augen zu erhäschen. Sie mußte spüren, daß er sie ansah, aber sie wich ihm aus.
»Katrin Verkolt«, begann Pretorius wieder in diesem sach-lichen, unpersönlichen Ton. »Du weißt, wessen du beschuldigt wirst.«
Katrin nickte. Sie zitterte am ganzen Leib. »Ja«, flüsterte sie tonlos.
»Wir haben alle Zeugen vernommen«, fuhr Pretorius fort.
»Wir haben die Beweise deiner Tat selbst in Augenschein genommen, und wir haben ein von dir unterschriebenes Geständnis, in dem du zugibst, dich mit dem Teufel und seinen Dämonen eingelassen zu haben. Doch bevor ich das endgültige Urteil über dich spreche, will ich dir Gelegenheit geben, den Schaden, den du angerichtet hast, wieder gutzumachen.«
»Was . . . was ist das für ein Unsinn?« sagte Tobias fassungslos. »Sie hat nichts getan! Er ist es, der an allem Schuld ist!« Er deutete anklagend auf Theowulf, der aber auch diesmal keine Miene verzog.
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»Schweig, Tobias«, sagte Pretorius. Zu Katrin gewandt fuhr er fort: »Bitte wiederhole den Teil deines Geständnisses, der Pater Tobias und eure Flucht aus dem Gefängnis betrifft.
Oder bist du zu schwach dazu? Ich lasse es gern von Bruder Telarius vorlesen, und du brauchst dann nur zu nicken, wenn es der Wahrheit entspricht.«
»Ich kann . . . reden«, entgegnete Katrin leise. Für einen Moment sah sie Tobias nun doch an, aber der Blick, den er auffing, erschreckte ihn nur; es waren Augen, in denen ein unsäglicher Schmerz geschrieben stand.
»Du gibst also zu, die schwarzen Künste, die dir der Satan verliehen hat, dazu benutzt zu haben, den Geist und Willen des Pater Tobias zu verwirren?«
Katrin nickte. »Ja. Ich habe ihn gezwungen, mir zu helfen.«
»Aber das ist nicht wahr«, protestierte Tobias.
»Du gibst also zu«, fuhr Pretorius unbeeindruckt fort,
»ihn verhext zu haben, damit er dir bei der Flucht aus dem Gefängnis half?«
»Ja.« Katrin sah ihn erneut für einen Moment an. Ihre Lippen zitterten, ihr Atem ging so rasch, daß er das schnelle Heben und Senken ihrer Brust unter dem zerrissenen Kleid sehen konnte. Dann wandte sie sich wieder an Pretorius und senkte den Blick. »Es war genau so«, fuhr sie fort. »In der Nacht unserer Flucht hielt er selbst Wache vor meinem Gefängnis. Ich wartete, bis er schlief, dann schlich ich mich in seine Träume und machte ihn glauben, Zeuge einer Schwarzen Messe zu sein, in der die Bewohner dieser Stadt den Teufel anbeteten. Danach fiel es mir leicht, seinen Widerstand zu überwinden und ihn zu überreden, mir bei der Flucht zu helfen.«
»Es geschah also gegen seinen Willen«, vergewisserte sich Pretorius.
»Aber das ist doch alles nicht wahr«, protestierte Tobias.
»Katrin! Warum . . . warum sagst du das? Sag ihnen, wie es wirklich war! Sag ihnen, was hier wirklich geschieht. Es ist nicht deine Schuld!«
»Ihr seid geflohen«, fuhr Pretorius fort. »Wohin?«
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»Zum See«, antwortete Katrin. »In eine Höhle, ganz in seiner Nähe, die ich kannte. Ich wußte, daß wir dort sicher sind.«
»Eine Höhle? Was für eine Höhle? Handelte es sich um einen besonderen Ort?«
»Ja. Es war der Ort, an dem ich mich manchmal mit meinem Herrn treffe.«
»Dein Herr? Wer ist das?«
»Der Teufel«, gestand Katrin. »Es ist die Höhle, an dem ich ihm zu Willen bin und in der er mir seine Befehle erteilt.«
»Pretorius!« stöhnte Tobias. »Das könnt Ihr nicht glauben!
Ihr wißt, was von solchem Gerede zu halten
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