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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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Knochengesichter Theowulfs und seiner Begleiter verbreiteten.
    Sein Atem beruhigte sich allmählich, und nach und nach hörten auch seine Glieder auf zu zittern.
    Die Höhle war riesig. Sie war aber auch am Ufer des Sees so niedrig, daß Katrin sich nicht aufrichten konnte. Die steinerne Decke und die Felsen hinter ihnen loderten in diesem bösartigen, kalten grünen Licht, das auch das Wasser ausstrahlte.
    Und er spürte jetzt, daß die Luft, die ihm vorhin so süß und frisch vorgekommen war, in Wahrheit von erbärmlichem Verwesungs- und Fäulnisgestank erfüllt war. Sie schmeckte dick und klebrig, und jeder einzelne Atemzug verursachte einen Brechreiz, den er kaum noch unterdrücken konnte.
    Seine Haut brannte, als enthielte der See kein Wasser, sondern Säure, die sich allmählich in seinen Körper hineinfraß.
    Mühsam stemmte er sich auf die Ellbogen und blickte an Katrin vorbei zum Wasser. In dem recht kleinen unterirdischen See trieben zahllose, halb aufgelöste Körper. Es muß-
    ten weit mehr als dreißig oder vierzig sein.
    Ihre Körper waren aufgedunsen und schwammig, und die Haut von einer bläulich-grauen, widerwärtigen Farbe. Doch während die meisten schon fast zu Skeletten verfallen waren, die nur noch von den Fetzen ihrer ehemaligen Kleidung zusammengehalten wurden, schienen sich andere erst seit kurzer Zeit im Wasser zu befinden. Auch sie boten einen fürchterlichen Anblick, denn das Wasser, in dem sie schwammen, war mit Leichengift durchtränkt.
    Es waren nicht nur Männer, sondern auch die Leichen von Frauen und Kindern.
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    Katrins Hand berührte plötzlich seine Schulter. Die Berührung war wie Feuer. Tobias schrie auf, schlug ihren Arm beiseite und erbrach sich heftig. Er würgte solange, bis er nur noch Galle hervorbrachte.
    »Es tut mir leid, Tobias«, sagte Katrin. Ihre Stimme zitterte, und die Worte ließen unheimlich verzerrte Echos aus der Tiefe der Höhle zurückschallen. Aber der Schmerz in ihrer Stimme war echt. In das Wasser auf ihrem Gesicht mischten sich Tränen. »Ich . . . ich wollte nicht, daß du das siehst.«
    Tobias richtete sich zitternd auf, soweit es die niedrige Höhlendecke zuließ, und schlug mit der linken Hand das Kreuzzeichen vor dem Gesicht. Aber es war nur eine leere Geste, eine Bewegung ohne Bedeutung. Er war an einem Ort, an dem ihm auch sein Glaube nicht mehr half, weil dieser Ort die Hölle war; ein Platz, an dem einfach nichts anderes mehr Bestand hatte als teuflisches Grauen.
    »Was ist das?« flüsterte er.
    Katrin senkte den Blick. »Das Geheimnis des Sees«, antwortete sie. »Das ist der Grund, aus dem er verdarb. Der Fluch, der über Buchenfeld liegt.«
    Ihre Worte übten eine sonderbare Wirkung auf Tobias aus. Obwohl er noch immer von Entsetzen und Panik
    geschüttelt wurde, erweckten sie doch seine Neugier. Fast verblüfft über sich selbst, über den Funken Logik, der offenbar noch in ihm steckte, beugte er sich vor und sah abwechselnd Katrin und den See an. »Du meinst, es ist dieses Gift, das den See verpestet hat? Es sind die Toten, die die Felder verseucht und die Tiere getötet haben?«
    »Es gibt einen unterirdischen Fluß unter Buchenfeld«, sagte sie. »Er muß irgendwo nahe der Mühle in den Fluß münden, aber ich glaube, daß er noch viele Abzweigungen hat. Das Wasser von hier bis zur Mühle ist verpestet.«
    »Der Brunnen in der Stadt . . .«
    . . . aus dem die Menschen getrunken haben, die krank wurden oder verkrüppelte Kinder bekamen«, fügte Katrin hinzu.
    »Das ist der Fluch, der auf Buchenfeld lastet?« wieder-401
    holte Tobias ungläubig. »Es ist ... das Leichengift. Das Gift all dieser Toten.« Fassungslos starrte er Katrin an. »Aber warum . . . warum hast du es mir nicht gesagt?« fragte er.
    »Warum hast du es mir nicht erzählt - oder wenigstens Pretorius, als er dich verhört hat? Das ... ist keine Hexerei.«
    Katrin lächelte traurig und wandte den Blick vollends ab, um den kleinen See anzusehen.
    »Wie lange weißt du es schon?« fragte Tobias.
    »Noch nicht sehr lange«, murmelte Katrin. »Ein paar Tage bevor sie mich in den Kerker warfen.« Sie machte eine weit ausholende Bewegung. »Es gibt einen zweiten Eingang zu dieser Höhle. Vermutlich sogar mehr als nur einen. Ich fand ihn durch einen Zufall. Es gibt sehr viele Höhlen hier in der Gegend.«
    »Weiß Theowulf davon?« fragte Tobias.
    Katrin sah ihn sehr sonderbar an - und dann lachte sie bitter.
    »Theowulf?« Sie seufzte und schüttelte ein paar Mal den Kopf.

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