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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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für Papierabfall zu stolpern und sich dabei nicht das Genick zu brechen. Die Wand fühlte sich kalt und pickelig an. Die über Putz gelegte Stromleitung hatte er nach dem dritten Schritt erreicht. Das bedeutete, dass er die Dreiräder und Kinderwagen ohne zu Boden zu gehen überstanden hatte. Somit blieb nur noch die blaue Tonne, deren Standort öfters am Tag wechselte. Manchmal befand sie sich als Erinnerung unter dem Briefkasten derjenigen Familie, die vergaß, den Kasten mindestens einmal am Tag von den Postwurfsendungen zu befreien. Das war der unübersehbare Hinweis von Hausmeister Gottfried an die Mietparteien, für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen. Kilian hatte in dieser Hinsicht nichts zu befürchten. Leila, die Tochter der kroatischen Familie aus dem vierten Stock, übernahm für ihn die Leerung und legte seine Post und die Werbung neben den Treppenaufgang zum Dachstuhl. Am hinterlistigsten war die Tonne jedoch hinter dem Mauervorsprung platziert, der die Briefkästen von der folgenden Holztreppe trennte. Die Mauer bedeckte sie völlig und täuschte die ahnungslosen Besucher, weil die Rollen am Boden der Tonne kaum sichtbar hervorstanden. Kilian ertastete den Schalter und betätigte ihn. Die Deckenleuchte sprang an und warf ihr Licht auf die ersten zehn Stufen, bevor die Treppe sich wand und in den ersten Stock mündete. Kilian machte einen Bogen um den Mauervorsprung. Die Tonne stand nicht am vermuteten Platz. Meister Gottfried musste sich eine neue Falle ausgedacht haben. Das Spannende an der Sache war, herauszufinden, wo sie dieses Mal auf ihn lauerte. Kilian schaute durch den schmalen Tunnel den Treppenaufgang empor. Das Licht brannte im ersten und dritten Stock. Die Stockwerke zwei und vier und der Übergang zum Dachstuhl blieben dunkel. Während auf der ersten und dritten Etage, neben der Hausmeisterwohnung, weitere urfränkische Familien beheimatet waren, gehörten die übrigen den Angehörigen der Familien Mesic, Jovanovic, Süleyman, Stiburek, Theodoridis und schließlich Kilian. Meister Gottfried hatte es seit zwei Wochen nicht fertig gebracht, dem eigentlichen Grund der Dunkelheit in den betreffenden Bereichen auf die Spur zu kommen.
    Kilian schaffte es, unbeschadet bis ins vierte Stockwerk zu gelangen. Obwohl er im Dunkeln stand, fand er zur Holztür, die hinauf zum Dachstuhl führte. Als er die Tür öffnete, kam ihm polternd die blaue Tonne entgegen, die von innen gegen die Tür gelehnt war. Kilian stolperte rückwärts zu Boden, und die Tonne erbrach ihren Inhalt über ihn. Eingedeckt mit Prospekten und Zeitungsbeilagen, schaufelte er sich frei und stürmte wütend ans Geländer. Durch den Spalt des Treppenaufgangs sah er Meister Gottfried im ersten Stock zufrieden nach oben blicken.
    »Ah, der Herr Kilian«, drang es schallend zu ihm herauf. »Ich hab Ihnen vorsorglich die Tonne hingestellt, damit Sie den Saustall mit den Zeitungen vor Ihrem Verschlag wegräumen können.«
    »Das war sehr freundlich von Ihnen, Herr Gottfried«, rief Kilian hinunter. »Vielen Dank. Fast hätt ich’s vergessen.«
    »Gern g’schehn, Herr Kilian. Und außerdem, Sie haben Treppendienst diese Woche. Ich wollt Sie nur dran erinnern. Nicht, dass wir wieder so ’nen Saustall haben wie beim letzten Mal.«
    »Apropos Saustall, Herr Gottfried. Meine Kollegen vom Ordnungsamt wollten morgen vorbeikommen und die Sicherheitsbestimmungen im Haus überprüfen. Alles nur Routine. Soweit ich mich aber erinnere, werden die von der Hausverwaltung bestellten Hausmeister für etwaige Versäumnisse haftbar gemacht. Wenn ich da an das Treppenlicht denke, sollten Sie sich beeilen. Morgen früh um sieben Uhr stehen die vor der Tür. Gute Nacht, Herr Gottfried.«
    Kilian drehte sich um, stieß die Tonne zur Seite und nahm die Stufen zum Dachstuhl. Vor der Tür angekommen, suchte er in vollkommener Dunkelheit mit dem Schlüssel nach dem Loch in der Stahltür. Schließlich hatte er die Öffnung gefunden und ging hinein. Er machte das Licht an und wollte die Tür hinter sich schließen, als er Thomas im Lichtkegel in der Ecke kauern sah. Er erschrak und griff instinktiv an sein leeres Waffenhalfter.
    »Nicht erschrecken«, sagte Thomas ängstlich und erhob sich.
    »Bist du verrückt geworden, mich so zu erschrecken?«, scholt Kilian ihn. »Ich hätte dich erschießen …«
    »Tut mir Leid, aber ich muss vorsichtig sein«, antwortete er und ging an Kilian vorbei in die Wohnung.
    »Was machst du hier?«
    »Ich kann nicht nach

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