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Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition)

Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition)

Titel: Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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und mit den Armen wedelte, wich der Wolf etwa fünf Meter zurück, drehte sich um und kam erneut näher. Der Mann ging in die Knie, schrie und wedelte weiter mit den Armen. Das Tier zog sich zurück, hielt noch einmal an und schaute sich nach ihm um, bevor es verschwand. Der Wolf hatte in den Schlafsack gebissen und dabei den schlafenden Mann zwischen Hüfte und Achsel erwischt. Der Biss verursachte bei dem Mann eine geringfügige Hautverletzung und zwei Blutergüsse, aber der Schlafsack war weder zerrissen noch durchbissen. Der untersuchende Beamte charakterisierte den Biss als »eher ein festes Zwicken als einen tatsächlichen Biss«.
    Um 5:30 Uhr am nächsten Morgen überfiel ein Wolf eine nahe gelegene Farm, tötete drei Schafe, verletzte drei weitere schwer und biss sieben andere. Durch den Lärm wachte der Farmer auf, kam aus dem Haus und sah, wie der Wolf etwa zehn Meter entfernt ein Huhn im Maul forttrug. Er erschoss das Tier. Später sagte der am Vortag gebissene Mann aus, er glaube, dass es sich bei dem getöteten Wolf um dasselbe Tier handele. Der 36 Kilo schwere Rüde war in guter körperlicher Verfassung, der Tollwuttest war negativ.
    Dieser Fall ist ungewöhnlich, weil es der erste offiziell gemeldete, unprovozierte Angriff eines Wolfes auf einen Mann in dieser Gegend war. Bei anderen Bisszwischenfällen zeigten die Beutegreifer im Allgemeinen eine Zeit lang futterkonditioniertes oder Gewöhnungsverhalten, bevor sie sich Menschen näherten. In diesem Fall wird angenommen, dass der Wolf nur in den Schlafsack beißen wollte und der Mann »zufällig« darin gelegen hat.
     
    Riding Mountain National Park, Manitoba, 1984
    Im Mai 1984 befand sich der Wolfsforscher Dr. Paul Paquet zur Welpenbeobachtung im Riding Mountain National Park. Die Leitwölfin war ihm gegenüber sehr tolerant und erlaubte ihm, sich der Geburtshöhle zu nähern, manchmal sogar bis auf wenige Meter. Am 31. Mai lag Paquet in einem Biwaksack und beobachtete die Höhle, als die Wölfin zu ihm lief und ein kleines Objektivtuch schnappte, das neben ihm auf dem Boden lag. Sie trug das Tuch zum Bau und zeigte auch später noch bemerkenswertes Interesse daran, es herumzutragen. Im nächsten Jahr beobachtete Paquet dieselbe Höhle derselben Wölfin und war überrascht, zu sehen, dass sie immer noch das Tuch mit sich herumtrug, das sie ein Jahr zuvor gestohlen hatte. Die Wölfin war nicht futterkonditioniert, aber die chemische Behandlung des Objektivtuches könnte vielleicht ihre Neugier daran geweckt haben.
Dieser Fall zeigt, dass Wölfe durchaus an nicht-futterbezogenen »Neuheiten« interessiert sind. An Menschen gewöhnte Wölfe im Denali-, Banff- und dem Algonquin-Park zeigen ebenfalls dieses Verhalten. Ähnliches wurde auch von offensichtlich nicht an Menschen gewöhnten Wölfen gemeldet, die in entlegenen Gebieten in den Jahren um 1800 auf Menschen trafen.
     
    Niedersachsen, Deutschland, 2012
    Im September 2012 musste sich ein Soldat gegen ein aufdringliches Wolfsrudel wehren. In der Nähe eines Truppenübungsplatzes im niedersächsischen Munster, auf dem ein kleine Wolfsfamilie lebt, waren drei Jungwölfe einem Soldaten gefolgt. Die Tiere hefteten sich dem Mann bei seinem Nachtmarsch an die Fersen. Immer wenn der Soldat stehen blieb, legten auch seine Verfolger eine Pause ein. Sobald er seinen Weg fortsetzte, liefen sie ihm wieder hinterher. Als der Mann auf einen Turm des Truppenübungsplatzes kletterte, kam einer der Jungwölfe bis an die Leiter heran und lief erst davon, als der Soldat herabkletterte und nach ihm trat. Mit etwas Abstand folgten ihm die Wölfe noch ein Stück, verloren nach einiger Zeit aber wohl das Interesse und verschwanden in der Dunkelheit.
    Der Soldat berichtete später, er habe ein »unangenehmes Gefühl« gehabt, was nicht verwunderlich ist bei jemandem, der keine Erfahrung im Umgang mit Wölfen hat. Dieses Verhalten der Jungwölfe ist absolut normal. Während Alttiere bei der Witterung eines Menschen das Weite suchen, sind Jungtiere sehr neugierig. Eine Gefahr geht aber nicht von ihnen aus. In solchen Momenten ist es ungeheuer wichtig, die Neugier der Wölfe nicht zu »belohnen«, indem man ihnen sogar noch Futter hin wirft. Mehr dazu später.
     
    Hunde
    Auch Hunde können Zwischenfälle mit Wölfen provozieren. Kleine Hunde sind für die größeren Verwandten Beute und große Hunde Nahrungskonkurrenten. In vielen Ländern sind Hunde eine wichtige Nahrungsquelle für Wölfe, wie zum Beispiel in Kroatien, wo

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