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Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition)

Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition)

Titel: Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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ihre Welpen mutig gegen Bären und Pumas – aber nur selten gegen Menschen. Es gibt viele Berichte, in denen Trapper oder auch Biologen Wolfswelpen aus den Höhlen geholt haben, während die Eltern winselnd in der Nähe auf und ab liefen. Offensichtlich ist die Angst vor den Zweibeinern meist größer als die Mutterliebe. Und selbst wenn sie ihre Jungen verteidigen oder sich in eine Situation gedrängt fühlen, aus der es keinen Ausweg gibt, neigen Wölfe lediglich dazu, in Hände, Arme oder Beine zu schnappen, ohne den Menschen ernsthaft zu verletzen, um anschließend fortzulaufen. Eines ist sicher: Wollte ein ausgewachsener Wolf einen Menschen tatsächlich töten, wäre es eine Leichtigkeit für ihn.
     
    Riding Mountain National Park, Manitoba, 1990
    Im Juni beobachteten der kanadische Biologe Dr. Paul Paquet und seine Frau eine Wolfshöhle im Riding Mountain National Park. Sie übernachteten auf einer kleinen Insel in der Nähe des Strandes nur 50 Meter von der Höhle entfernt und schliefen in einem Biwaklager auf der Erde. Nachdem sie sieben Tage lang den Wolfsbau beobachtete hatten, wachten sie eines Morgens auf und stellten fest, dass er leer war. Die Wölfe kehrten nicht zurück. Die Paquets bauten in etwa 100 Meter Entfernung von der verlassenen Höhle ein kleines Nylonzelt auf, das mit einem Regendach bedeckt und mit einem Seil im Boden verankert war. Um 1.00 Uhr morgens wurden die Forscher durch Wolfsgeheul in der Nähe wach. Die Tiere kamen zum Zelt und umkreisten es, während sie knurrten und bellten. Sie zerbissen die Seile, die das Dach hielten. Paquet kroch mit seiner Taschenlampe aus dem Zelt heraus, um die Wölfe fortzujagen. Im Schein der Lampe entdeckte er die Leitwölfin und die anderen Rudelmitglieder. Sie blieben in drohender Haltung zwei bis drei Meter entfernt stehen und knurrten. Paquet kroch ins Zelt zurück, und die Wölfe blieben noch etwa zwei Stunden in der Nähe, bevor sie davon liefen.
    Am nächsten Tag fand Paquet den neuen Wolfsbau, etwa 500 Meter vom alten entfernt. Das Ehepaar richtete sich einen Beobachtungsplatz in etwa 100 Meter Entfernung ein, baute aber diesmal kein Zelt auf. Sie beobachteten die Wölfe noch mehrere Tage lang, die Wölfe verhielten sich in dieser Zeit unauffällig und drohten nicht mehr. Offensichtlich hatten sich die Tiere an die Paquets in ihrer »ursprünglichen Form« (im Biwaksack) gewöhnt. Das unbekannte Zelt war verdächtig genug, um drohendes Verhalten bei den Vierbeinern hervorzurufen. Als dann die Paquets wieder im Biwaksack schliefen, betrachteten die Wölfe sie anscheinend nicht mehr als »Gefahr«. Es waren also nicht die Menschen, die diese Reaktion hervorgerufen hatten, sondern das Zelt.
     
    Dass Wölfe nicht nur ihre Welpen, sondern auch ihre Rudelmitglieder verteidigen, war bisher kaum bekannt:
    Fortymile River, Alaska, 1994
    Im Februar fingen Biologen Wölfe ein, um sie zu Forschungszwecken zu besendern. Dabei wurde die Leitwölfin vom Hubschrauber aus betäubt. Das Tier lag bewegungsunfähig im Schnee, aber die Forscher konnten sich ihm nicht nähern, weil der Leitrüde jedes Mal aggressiv angriff, wenn der Hubschrauber landen wollte. Schließlich gelang es den Wissenschaftlern, den Leitwolf ebenfalls zu betäuben.
    Dieser Zwischenfall ist insofern einzigartig, als das aggressive Verhalten von einem Wolf ausging, der seinen bewegungsunfähigen Partner verteidigt, und zwar im Winter. Normalerweise sind Wölfe eher im Sommer bereit, ihre Höhle oder den Rendezvousplatz zu verteidigen. Der Rüde hätte die Möglichkeit gehabt, das Gebiet zu verlassen; er wurde vom Hubschrauber weder gejagt noch bedroht.
     
    Riding Mountain National Park, Manitoba, 1979
    Tim Trottier arbeitete als Wildtiertechniker an einem Wolfsprojekt im Riding Mountain National Park. Im Dezember sollte er den Kadaver eines mit einem Sendehalsband versehenen Wolfes abholen, der in einem entlegenen Gebiet gestorben war. Er fuhr mit dem Schneemobil etwa 27 Kilometer durch tiefen Schnee, bevor die Maschine in einer Schneewehe stecken blieb. Auf Schneeschuhen lief er etwa fünf Kilometer weiter, bis er den toten Wolf fand.
    Es war spät geworden und er beschloss, die Nacht dort zu verbringen, statt das Tier im Dunkeln herauszutragen. Er hatte weder Zelt noch Schlafsack dabei und machte sich ein Feuer. In der Nacht hörte er mehrmals Wolfsheulen in der Nähe und konnte auch gelegentlich die Tiere durch das Gebüsch laufen hören. Die Wölfe blieben die ganze Nacht in der

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