Wolfsblut
wodurch Wolfsblut dem Ersticken nahe gebracht wurde. Sein Atem kam und ging, je länger es dauerte, mit immer größerer Schwierigkeit.
Es hatte allen Anschein, als ob der Kampf jetzt vorüber sei. Cherokees Partei triumphierte und bot lächerlich hohe Wetten an. Wolfsbluts Partei dagegen war niedergeschlagen, man schlug zehn gegen eins, zwanzig gegen eins aus, ja selbst als Schmitt fünfzig gegen eins bot. Er trat dabei in den Kreis und wies mit dem Finger auf Wolfsblut, indem er laut und höhnisch lachte. Dies brachte die gewünschte Wirkung hervor; Wolfsblut wurde wild vor Wut. Er raffte die letzten Kräfte zusammen und sprang empor. Wie er im Kreise herumlief und den fünfzig Pfund schweren Feind mit sich schleppte, verwandelte sich seine Wut in wahnsinniges Entsetzen. Der Wille zum Leben gewann von neuem die Oberhand, und der Verstand floh vor dem Lebensdrang des Fleisches. Immer in der Runde ging es, hin und wieder zurück. Er strauchelte dabei, fiel und stand wieder auf, erhob sich dann und wann auf die Hinterbeine, indem er den Feind ebenfalls emporhob, allein vergebens mühte er sich, aus dem Rachen des Todes zu entkommen. Zuletzt fiel er erschöpft hintenüber, und schnell schob die Dogge die Zähne weiter empor, indem sie ihm den Hals enger zusammenschnürte. Jubelnder Beifall erhob sich für den Sieger; man schrie: »Hoch, Cherokee!«, und dieser antwortete durch kräftiges Wedeln mit dem Schwänze. Aber der laute Beifall ließ ihn das Ziel, das er verfolgte, nicht aus den Augen verlieren. Zwischen den mächtigen Kiefern und dem Schwanz war keine Sympathie vorhanden, mochte dieser auch wedeln, so hielten jene Wolfsblut mit eisernem Griff an der Kehle gepackt.
Plötzlich durchlief eine Bewegung die Zuschauer. Der Ton von Schlittenglocken ließ sich vernehmen, auch die Rufe eines Hundetreibers. Alle, Schmitt ausgenommen, blickten sich besorgt um, denn man fürchtete die Schutzleute. Allein nur zwei Männer mit einem mit Hunden bespannten Schlitten kamen die Bahn auf dem Fluß herauf, augenscheinlich waren sie auf einer Rekognoszierungsfahrt begriffen. Beim Anblick der erregten Menschenmenge hielten sie die Hunde an und kamen neugierig näher, um zu sehen, was der Grund der Aufregung war. Der Hundetreiber trug einen Schnurrbart, aber der andere, größere und jüngere Mann war glatt rasiert, und sein Gesicht sah durch die schnelle Bewegung in der kalten Luft ganz rosig aus.
Wolfsblut hatte mittlerweile aufgehört, sich energisch zu wehren, und machte nur dann und wann noch eine krampfhafte, doch zwecklose Anstrengung, sich frei zu machen. Die Luft begann unter dem erbarmungslosen Griff des Feindes ihm immer mehr zu mangeln, und die große Ader am Halse wäre trotz des dicken Pelzes längst schon durchbissen worden, wenn die Dogge ihn nicht so tief gepackt hätte, daß es eigentlich die Brust und nicht der Hals gewesen war, wo hinein sie gebissen hatte. So brauchte Cherokee lange Zeit um die Zähne aufwärts zu schieben, und bekam dabei immer mehr von den dicken Falten des Felles zwischen diese.
In Schmitt begann unterdessen die teuflische Roheit seiner Natur das bißchen gesunden Menschenverstand, das er besaß, zu umwölken. Er sah, wie Wolfsbluts Augen starr wurden, und er wußte, daß der Kampf verloren sei. Da konnte er seinen Ärger nicht länger bemeistern, er sprang auf Wolfsblut los und stieß ihn heftig mit den Füßen. Einige der Umstehenden zischten, andere erhoben Einspruch, aber das war auch alles. Schmitt fuhr fort, Wolfsblut mit den Füßen zu bearbeiten, als plötzlich Bewegung in die Menge kam. Der große junge Mann drängte sich durch die Leute, indem er sie ohne Umstände zur Seite schob. Als er in den Kreis trat, war Schmitt gerade dabei, zu einem neuen Fußtritt auszuholen. Das ganze Gewicht seines Körpers ruhte dabei auf einem Fuß. Da versetzte ihm der Ankömmling einen derben Schlag ins Gesicht. Schmitts Fuß verließ den Boden, sein Körper flog durch die Luft, und er fiel der Länge nach rücklings in den Schnee. Darauf wandte sich der junge Mann an die Zuschauer.
»Ihr Feiglinge!« schrie er ihnen ins Gesicht. »Bestien, die ihr seid!« Auch er war wütend, aber seine Wut war eine gesunde. Seine grauen Augen blitzten wie Stahl, als sie über die Menge glitten. Schmitt stellte sich wieder auf die Füße und kam kriechend herangeschlichen. Aber der Fremde wußte nicht, was für ein jämmerlicher Feigling Schmitt war, und er dachte, er wollte sich für den Schlag rächen. Also
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