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Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Whitley Strieber
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keiner ahnte etwas; sie waren alle so einfach zu jagen wie ein Baum.
    Die Wölfe sahen den Werwölfen nicht unähnlich. Und im Auto hatten sie das Wort immer wieder gesagt - Wolf... Wolf. Das bedeutete, der kleine alte Mann war eingeweiht worden, von denen eingeweiht worden, die wußten. Er starb auf der Stelle. Sie schlichen in dem Augenblick zum Auto, als die anderen losgefahren waren, um nach den beiden auf den Schlitten zu suchen. Sie waren näher und näher gekrochen, und einer von ihnen hatte die Tür aufgemacht. Der Mann hatte die Hände vors Gesicht gerissen und die Kontrolle über seine Eingeweide verloren. Mehr war nicht geschehen. Dann waren sie über ihm, zogen und zerrten, rissen voller Wut, weil sie wütend waren, daß die beiden Wichtigen entkommen waren, wütend, daß auch dieser es wagte, sie mit seinem bösen Wissen zu konfrontieren.
    In ihrem Zorn hatten sie auch das Innere des Autos zerfetzt, hatten aus schierem Haß die Sitze zerrissen und die rote Flut ihrer Frustration in sich aufsteigen spüren, als sie das Salz der beiden kosteten, die getötet werden mußten. Sie rissen das Innere des Autos in Stücke und hätten noch mehr getan, wenn sie gewußt hätten, was.
    Der Mensch hatte zwei Gesichter: nackt und schwach, bekleidet und mächtig. Ein Mensch, der allein schutzlos war, konnte bewaffnet und in einem Auto vollkommen unverwundbar sein. Die Meute hatte Schnelligkeit und Gehör und Augenlicht und vor allem Geruch, um sich selbst zu schützen. Der Mensch hatte Metall und Waffen. Sie beneideten die Menschen um ihre großen flachen Greifer, die so viel mehr konnten als ihre eigenen Pfoten. Sie sahen ungeschickt aus, aber sie waren flexibel. Mit diesen Greifern oder Händen machten die Menschen die geheimnisvollen Gegenstände, die rollten oder flogen, und die Gewehre, die schossen. Und durch sie konnte der Mensch die Städte bewohnen. Keine Meute wußte, wie diese Städte entstanden waren, aber der Mensch bewohnte sie und nutzte die Wärme für sich, die sie im Winter erzeugten, und die Trockenheit, der nicht einmal die schlimmsten Regenfälle etwas anhaben konnten. Wenn Wasser oder Schnee vom Himmel fiel, saß der Mensch behaglich in seinen Städten. Niemand konnte sagen, wie sie wuchsen und warum die Menschen sie besaßen.
    Wie dem auch sei - sie sorgten dafür, daß die Menschenherden dicht beisammen und die Jagd einfach blieb.
    Aber die Jagd konnte auch Spaß machen, wenn man beispielsweise zur Zeit der toten Blätter die Städte verließ und durch die Wälder streifte. Dann fand man Menschen mit Waffen, Menschen, die Wild und Elche jagten, Menschen, die gefährlich werden konnten, wenn man sie ließ. Es war ein gutes Spiel - man machte etwas Lärm und sorgte dafür, daß der Mensch auf einen aufmerksam wurde. Dann jagte man ihn und ließ sich selbst gerade so lange sehen, daß er mit aller Verzweiflung fliehen wollte. Und wie sehr sie es versuchten! Sie schwammen in Flüsse, kletterten auf Bäume, deckten sich mit Blättern zu. Sie versuchten alle Arten von Taktiken, machten Umwege, sprangen über Klüfte, schwangen sich auf Baumwipfeln durch den Wald. Und die ganze Zeit folgte ihnen ihr Geruch wie ein heulendes Signal. Die Meute stellte sich selbst Regeln für die Jagd auf. Wenn der Mensch bis zu einem bestimmten Punkt kam, durfte er hundert Herzschläge lang nicht weiter verfolgt werden. Kam er zu einem anderen Punkt, zweihundert. Das bedeutete, je besser er war, desto schwerer machten sie es sich selbst. Bei den besonders Guten kam es zuletzt zu einer letzten verzweifelten Jagd, bevor sie die Autos erreichten, eine Jagd, die damit endete, daß sie nutzlose Fenster hochkurbelten und mit den Schlüsseln herummachten; und dann starben sie dort und wurden aufgefressen, während noch das Blut durch ihre erschöpften Herzen pulsierte.
    Die Jagd machte nicht bei vielen solchen Spaß. Größtenteils war es dieselbe Routine wie bei diesen eifrigen, dummen Hunden. Gewiß, die Menschen kamen näher, aber es war schwer vorstellbar, daß ein Mensch, der nicht von so einem Metallpanzer umhüllt wurde, eine Bedrohung war. Es würde etwas Zeit kosten, die Hunde zu töten, aber letztendlich würde die Meute den Menschen entkommen. Erst wenn die ganze Stadt Bescheid wußte, würden die Menschen gefährlich werden. Alle wußten, daß das möglich war, daß zwei Feinde alle Menschen dieser Stadt mit ihrem schmutzigen Wissen vergiften konnten. Dann wäre die Meute in Gefahr, dann würde die Meute fliehen.

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