Wolfsbrut
Öffentlichkeit.« Er fügte in verändertem Tonfall hinzu: »Sagen Sie nur, was Evans zugestoßen ist.«
»Ach, kommen Sie, Bob, Sie wissen genau, daß ich mit dem Rücken zur Wand stehe.«
»Ja? Tut mir leid, das zu hören, sehr leid. Es könnte bedeuten, daß ich Sie ersetzen muß.«
Underwood wollte lauthals lachen. Der Commis sioner tappte herum wie ein verletzter Elefant. Der Druck von oben mußte teuflisch sein. Schlecht für ihn, sehr schlecht. »Ist das Ihr Ernst? Wäre eine große Erleichterung.« Er kicherte.
Der Commissioner sah ihn sehr böse an. »Wissen Sie, unser neuer Bürgermeister ist ein sehr kluger Mann.«
»Das weiß ich.«
»Und auch Vince Merillo, Ihr alter Kumpel.«
Underwood nickte.
»Nun, der Bürgermeister und sein erster Deputy aus der Warteliste haben sich ihre Gedanken zu dem Fall gemacht. Wollen Sie sie hören?«
»Klar.«
»Sie haben sich Wilsons Theorie in den Kopf gesetzt. Ich meine essentiell Wilsons Theorie. Das DiFalco-Schlamassel, das Schlamassel in der Bronx, die blutige Bank, der ausgeweidete Streifenpolizist und Evans...«
»Alles das Tun von mutierten Wölfen. Ich weiß. Ich habe mit Merillo gesprochen.«
»Und wie ist Ihre Position?«
»Die Theorie ist völlige Scheiße. Ich kenne Wilson seit meiner Kindheit, und ich bin der Meinung, daß er versucht, uns eine reinzuwürgen, uns dazu zu bringen, seinen Mist zu kaufen, damit wir hinterher wie völlige Idioten dastehen. Besonders ich. Ich glaube, Sie sind ihm herzlich egal.«
»Okay. Woran arbeiten Sie sonst noch?«
»Ich habe gerade eine Spezialeinheit aufgestellt. Sie untersteht dem Kommando von Commander Busciglio von der Mordkommission, fünfter Bezirk. Verdammt guter Kerl. Guter Polizist, ziemlich klug. Sie werden die drei Vorfälle heute im Central Park untersuchen. Wir arbeiten aufgrund der Annahme, daß diese drei Vorfälle nicht das geringste mit den Fällen in der Bronx und in Brooklyn zu tun haben. Meiner Meinung nach ist das sinnvoll. Es ist nicht ausgeschlossen, daß ein Zusammenhang besteht, aber es wäre ziemlich weit hergeholt. Reicht das aus, daß ich nicht gefeuert werde?«
»Sie wissen, daß ich Sie nicht feuern werde, Herb. Verdammt, Sie sind der Bursche, der meinen Stuhl haben will. Wenn ich Sie abschieße, wird der Bürgermeister an die berühmten sauren Trauben denken.« Er lachte. »Das kann ich nicht zulassen.« Er hatte vor Underwood gestanden, in der Mitte des Büros. Jetzt ging er zu einem Ledersessel, setzte sich und winkte dem Chief, ihm zu folgen. »Herb, Sie und ich, wir kennen uns schon ziemlich lange. Aber ich muß Ihnen trotzdem sagen, ich habe einiges über Sie gehört, das mich sehr traurig stimmt. Zum Beispiel, daß Sie versuchen, mich hinauszudrängen, um es offen zu sagen. Warum tun Sie das, Herb?«
Der Chief lächelte. Eines mußte er dem Commissioner lassen, der Mann alberte nicht herum. »Nein, Sir, ich versuche nichts dergleichen. Ich tue sogar, wie in diesem Fall, einfach alles, um Ihre Position zu stärken. Ich denke, wir werden ziemlich schnell eine gute Lösung finden. Das wird Ihnen helfen, und damit wird es auch mir helfen. Weiter reichen meine Ambitionen nicht.«
Jetzt war es am Commissioner zu lächeln. Er brachte ein grinsendes, fröhliches Lächeln zustande, hielt es ein paar Sekunden und nickte dann scheinbar zufrieden. Er breitete die Arme zu einer Geste behutsamen Einlenkens aus. »Okay«, sagte er, »bemühen Sie sich auch weiterhin um gute Arbeit. Ich bin froh, daß ich Sie im Team habe.«
Underwood ging nach weiteren Loyalitätsbekundungen, die mit einem feierlichen Händeschütteln abgeschlossen wurden. Der Commissioner sah ihm nach. Verdammt, mit dieser Technik würde der Bursche einen verdammt guten Commissioner abgeben, sollte er die Oberhand gewinnen. Gute, aufrichtige Ausstrahlung. Versteht es, sich ins richtige Licht zu rücken.
Aber mich wird er nicht bescheißen. Scheint zu denken, ich wäre eine Art Schuljunge. Er machte die Tür hinter Underwood zu und blieb eine ganze Weile stehen. Der Chief würde in Kürze derartig bloßgestellt und fertiggemacht werden, daß er keine politische Zukunft mehr hatte. Der Hurensohn wollte doch tatsächlich Bob Righter absägen. Sollte er es getrost versuchen! Das Gesicht des Commissioners wurde verkniffen. Er blätterte den Bericht auf seinem Schreibtisch durch. Er trug den Titel: »Projekt Werwolf. Streng vertraulich.« Bisher hatten ihn nur Merillo, der derzeitige Bürgermeister, und der neue
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